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PR Lemuria 03 - Exodus der Generationen

PR Lemuria 03 - Exodus der Generationen

Titel: PR Lemuria 03 - Exodus der Generationen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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nach. Er verschwindet nie ganz, nein, das darf man sich nicht erhoffen, aber er lässt nach. Und dann geht das Leben weiter.«
    »Für wie lange?«, murmelte Deshan. »Ich bin achtundsiebzig. Wie viele Jahre bleiben mir noch? Und wie soll ich in meinem Alter ein neues Leben anfangen?« Er deutete zum See. »Ich würde gern bei ihr sein, wo auch immer sie jetzt ist.«
    »Ich brauche dich«, sagte Levian Paronn. »Als meinen Chronisten. Und du kannst ein neues Leben anfangen. Ich habe dir etwas mitgebracht.« Er griff in die Jackentasche, und als seine Hand wieder zum Vorschein kam, hielt sie ein eiförmiges Objekt an einer Kette. »Dies.«
    »Was ist das?«
    »Ein Zellaktivator. Begleite mich auf dem Weg in die Zukunft, Deshan. Werde unsterblich wie ich.«
    Warum jetzt? Warum so spät?
    Weil ich den Aktivator nicht früher fertigstellen konnte.
    Deshan Apian hörte noch immer Paronns Stimme, während er auf der kleinen Terrasse seines schlichten, bescheidenen Zimmers im Zentrum für mnemonische Beschaulichkeit saß und in die Nacht blickte. Der Mond war untergegangen und der See zu einem Spiegel für das Glitzern der Sterne geworden. Ein leichter Wind brachte angenehme Kühle.
    Auf dem kleinen Tisch vor Deshan lag der Zellaktivator, den er von Paronn erhalten hatte. Macht über Leben und Tod - lautete so nicht die Definition eines Gottes? Paronns Unsterblichkeit lag also nicht in ihm selbst begründet, war nicht das Ergebnis eines übernatürlichen Wesens, sondern das Resultat eines... Geräts? Eines Dings, eines Objekts.
    Wenn du ihn einmal getragen hast, darfst du ihn nicht mehr ablegen, denn sonst würdest du innerhalb kurzer Zeit an beschleunigter Alterung sterben.
    Deshan hob den Blick zu den Sternen, als könnten sie ihm Antwort geben auf die Fragen, die ihn seit Stunden beschäftigten. Er war alt, und noch wichtiger: Er fühlte sich alt. Vielleicht blieben ihm noch einige Jahre, und dann...
    Möglicherweise brachte ihn der Tod zu Mira, die ein Teil von ihm gewesen war. Wenn tatsächlich eine solche Möglichkeit bestand, sollte er sich dann gegen das Leben entscheiden, das nun vor ihm lag, in Form eines eiförmigen Gegenstands an einer Kette?
    Etwas bewegte sich zwischen den Sternen und weckte Deshans Aufmerksamkeit. Ein fahler Fleck dehnte sich aus, wie eine matt leuchtende Wolke, und während er sie beobachtete, begann sie zu pulsieren, wurde mal größer, mal kleiner. Etwa eine Minute dauerte dieser Vorgang, dann verblasste das Leuchten immer mehr und verschwand schließlich ganz.
    Deshan wusste Bescheid: Der Antrieb des ersten Exodus-Schiffes war gerade getestet worden.
    Wie von ganz allein tastete die rechte Hand des Chronisten nach dem Aktivator, und die Finger berührten ihn vorsichtig, strichen behutsam über ihn hinweg. Er fühlte ein vages Prickeln, aber vielleicht bildete er sich das auch nur ein - die Fantasie war eine starke Kraft. Ein Schlüssel für die Zukunft; damit konnte er die Tür der kommenden Jahrhunderte aufschließen und mit eigenen Augen sehen, was aus dem Projekt Exodus wurde. Ein gefährlicher Gedanke, voller Faszination.
    Deshan stützte sich auf seinen Gehstock, als er aufstand und durch die offene Tür ins Schlafzimmer trat. Er streckte sich auf dem Bett aus, nur um den Rücken ein wenig zu entlasten, doch erstaunlicherweise schlief er innerhalb weniger Sekunden ein - er hatte gar nicht gemerkt, wie müde er gewesen war.
    Und er träumte.
    In seinem Traum befand er sich in einem kleinen Ruderboot mitten auf dem See, und Mira saß vor ihm im kleinen Bug, die Augen groß, das Lächeln sanft.
    »Bist du es wirklich?«, fragte Deshan.
    Sie streckte die Hand aus, und er berührte sie, berührte sie tatsächlich, fühlte ihre Finger, die im Alter rau gewordene Haut.
    »Ich komme zu dir«, sagte Deshan. »Lass mich zu dir kommen.«
    »Nein«, erwiderte Mira. »Für dich ist es noch nicht so weit. Ich warte hier auf dich, Deshan, und selbst wenn ich Jahrhunderte oder Jahrtausende auf dich warte - an diesem Ort ohne Zeit spielen sie keine Rolle. Du bist jetzt bei mir, auch wenn du erst in tausend Jahren oder noch viel später kommst.«
    Deshan sah sie an und sehnte sich danach, sie in die Arme zu schließen. Aber obwohl sich ihre Hände berührt hatten: Er wusste, dass ihn etwas von ihr trennte, selbst hier in der Sphäre des Traums: die dünne Linie zwischen Leben und Tod.
    »Ich habe etwas für dich«, sagte Mira und holte einen eiförmigen Gegenstand an einer Kette hervor. »Trag das

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