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PR Lemuria 03 - Exodus der Generationen

PR Lemuria 03 - Exodus der Generationen

Titel: PR Lemuria 03 - Exodus der Generationen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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andere Dinge in seinem Körper wuchsen. Manche von ihnen schmerzten, und Worte fielen ihm ein, irgendwann von Memerek gesprochen. Ohne Schmerz ist nur der Tod.
    Müde hob er den Kopf, als sich in der Düsternis etwas bewegte. Er sah einen großen runden Kopf auf einem viel zu dünnen, von Stützschienen verstärkten Hals - Darhel.
    »Ich habe nichts gefunden«, sagte er enttäuscht. »Weder Wasser noch etwas zu essen.« Er setzte sich auf den Boden, lehnte den Rücken und den schweren Kopf an die Wand.
    Jorgal hörte die Worte, ohne ihnen Beachtung zu schenken. Er lauschte dem Chaoslied in der Feme, das sich veränderte: Die Dissonanzen in der überaus komplexen und doch unvollständigen Symphonie nahmen zu, wurden schriller und bereiteten eine andere Art von Schmerz, wenn er sich auf sie konzentrierte. Er gewann den Eindruck von... Krankheit, und das war seltsam. Wie konnte ein Maschinenlied krank sein?
    »Ich habe einen hellen Bereich gefunden«, sagte Darhel, nachdem er ein wenig verschnauft hatte. »Ein Schacht mit... umgekehrter Gravitation führt zu ihm. Vielleicht kann Jorgal dort eine Verbin-dung mit den Systemen dieser Station herstellen. Es ist unsere einzige Chance. Wenn das nicht gelingt, sterben wir wie die anderen. Wir sind bereits sehr geschwächt.«
    »Warten wir nicht länger. Lasst uns sofort aufbrechen.« Memerek half Jorgal auf seine beiden Gehbeine, die krummer zu sein schienen als zuvor, obgleich der Maschinenflüsterer nicht wusste, wann »zuvor« gewesen war. Er ging mühsam, denn die Beine gehorchten ihm nicht mehr richtig. Immer wieder gaben sie unter ihm nach, und er fiel nur deshalb nicht, weil Memerek, die schöne Memerek, ihn stützte..
    Als sie den Schacht erreichten, fühlte Jorgal eine Kraft, die ihn nach vorn und nach oben ziehen wollte. Darhel nahm einen Gegenstand, hob ihn und ließ ihn los. Das Objekt schwebte in den Schacht und nach oben.
    »Seht ihr? Umgekehrte Schwerkraft. Sie trägt uns zum Licht.«
    Sie hielten sich an den Händen, und Darhel mit dem schweren Kopf voller Wissen vertraute sich als Erster dem Schacht an. Als Jorgal von der Kraft-die-nach-oben-zog erfasst wurde, hatte er das sehr unangenehme Gefühl zu fallen, anstatt aufzusteigen, und Memerek erging es offenbar ebenso, denn sie quiekte leise.
    Licht erwartete sie oben, und neue Maschinenlieder, so grässlich und disharmonisch wie die anderen, die Jorgal bereits gehört hatte. Er spürte nun, dass sie zu dem Chaoslied gehörten, das in der Feme erklang, zu der Symphonie, die er schon einmal berührt hatte.
    Das Kribbeln der Ungewissheiten wurde stärker in ihm, betraf nicht mehr nur den Körper, sondern auch den Geist. Er fühlte, wie sein drittes Bein länger und empfindlicher wurde, und Dinge verhärteten sich in ihm, dort, wo zuvor alles weich gewesen war. Und auch in seiner geistigen Welt vollzog sich ein Wandel. Die Maschinenlieder schienen ganz neue Töne zu bekommen, und er hörte sie besser als je zuvor. Gleichzeitig vernahm er auch noch zwei andere Melodien, ganz leise, verborgen hinter den Gesängen der Maschinen, denen sie sich näherten. Jorgal versuchte, sich auf sie zu konzentrieren und über ihren Ursprung Klarheit zu gewinnen.
    Das Bild vor seinen Augen verschwamm, als sie das Licht am Ende des Schachtes erreichten. Die Kraft-die-nach-oben-zog schob erst Darhel in einen hell erleuchteten Gang, dann auch Jorgal und
    Memerek. Der Maschinenflüsterer konnte keine Einzelheiten mehr erkennen, was nicht an Helligkeit oder Finsternis lag. Er begriff, dass ihm eine der Ungewissheiten das Augenlicht nahm.
    »Ich kann kaum mehr sehen«, sagte er.
    Memereks Hand berührte ihn sanft an der Wange. »Ich sehe für dich.«
    Die beiden Melodien wurden etwas lauter als ein Flüstern, bestanden aber nicht aus Tönen, sondern aus... Gerüchen und Kontakten? Jorgal versuchte zu identifizieren, was er mit einem Sinn wahrnahm, der bis vor kurzer Zeit gar nicht existiert hatte.
    Und dann verstand er plötzlich.
    »Ihr lebt!«, entfuhr es ihm.
    Memerek erschien an seiner Seite, kaum mehr als ein Schemen in einer Welt von Schatten, obwohl es Licht gab in diesem Gang. »Ja, wir haben überlebt«, sagte sie. »Nur wir drei. Darhel, du und ich.«
    »Nein, nein, ich meine, ihr singtVIch höre eure Melodien!«
    Darhel kam etwas näher, und Jorgal sah nur, dass sein großer Kopf wackelte; das Gesicht war ein vager Fleck. »Bedeutet das, du kannst... unsere Gedanken lesen?«
    »Nein, aber ich sehe eure Lieder. Sie sind ganz

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