Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
PR NEO 0050 – Rhodans Weg

PR NEO 0050 – Rhodans Weg

Titel: PR NEO 0050 – Rhodans Weg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Borsch
Vom Netzwerk:
Erde. Einer Kultur, die sich seit Jahrtausenden der Medizin verschrieben hatte. Mercant war weder Arzt, geschweige denn Wissenschaftler, und es stand ihm nicht zu, die Qualifikation Fulkars zu beurteilen. Fest stand aber: Selbst wenn Fulkar einer der miserabelsten Ara-Ärzte der Milchstraße sein sollte – wofür es kein Anzeichen gab –, er wäre jedem irdischen Arzt noch immer um Jahrhunderte voraus gewesen.
    Haggard wirkte dagegen fehl am Platz. Der Australier sah so gut aus, als hätte man ihn für die Hauptrolle einer schmalzigen Arztserie gecastet. Doch der Schein tat ihm unrecht: Haggard war Nobelpreisträger für Medizin und einer der führenden Virologen der Erde – und nebenbei ein begeisterter Rugby-Fan, der es sich nicht nehmen ließ, jede freie Minute auf dem Spielfeld zu verbringen. Haggard war erst vor Kurzem aus Edinburgh zurückgekehrt, von einem Match Menschen gegen Naats, das der halbe Planet verfolgt hatte.
    Auf einem Tisch zwischen den beiden Männern lag, ungefähr in Bauchhöhe, ein Mensch. Er war nackt, verkrümmt und ganz offensichtlich tot.
    »Was ... wer ist das?«, fragte Mercant.
    »Joaquin Romeny«, übernahm Manoli es zu antworten. »Ein Angestellter aus Santiago de Chile.«
    »Was ist mit ihm passiert?«
    Mercant trat näher an die unsichtbare Barriere. Der Tote mutete ihm bleich und gerötet zugleich an, schlaff, in einer unmöglichen Position erstarrt. Seine Haut wirkte wie faltiges, ausgetrocknetes Pergament. Sein Mund war weit geöffnet, ja aufgerissen und entblößte ein mit dunklen Plomben durchsetztes Gebiss.
    Welchen Tod Joaquin Romeny auch immer gestorben sein mochte, es war ein grausamer gewesen.
    »Das versuchen wir eben herauszufinden.« Manoli flüsterte beinahe. Als Arzt war er den Tod gewohnt, doch das Schicksal Romenys schien ihn nicht unberührt zu lassen. »Aber ich kann Ihnen zeigen, wie er gestorben ist.«
    »Ja, bitte.« Mercant wandte sich um.
    Manoli packte eines der leuchtenden Holos und warf es aus dem Reigen. In der Mitte des Raums blieb es stehen und entfaltete sich. Als es ungefähr Mannshöhe erreicht hatte, formte es ein Bild.
    Es zeigte Joaquin Romeny in besseren Zeiten: einen etwas fülligen Mann Ende dreißig, der in einem Park mit einer Handvoll Kindern Fangen spielte.
    »Eine Privataufnahme«, kommentierte Manoli. »Beim siebten Geburtstag seiner ältesten Tochter vor einigen Monaten. Das hier nur zum Vergleich.« Die Kamera zoomte an Romeny heran, das Bild fror ein. Das Holo ruckte zur Seite, als Manoli ein neues in die Mitte des Raumes warf. »Dies hier ist Joaquin Romeny vor vierzehn Stunden.«
    Mercant brauchte einen Moment, um den Mann, den das neue Holo zeigte, als denselben zu erkennen, der den Geburtstag seiner Tochter feierte. Romeny trug einen Anzug, doch er war viel zu groß, hing wie ein Sack an dem Mann, der nur noch aus Haut, Knochen und Sehnen zu bestehen schien. Seine Augen waren groß, schienen beinahe aus den Höhlen treten zu wollen – und in ihnen flackerte etwas, das Mercant zutiefst berührte, aber er dennoch nicht zu benennen vermochte. Angst? Wut? Wahnsinn? Oder alle Emotionen zusammen?
    Romeny stolperte über einen Platz, der mit Palmen bestanden war, hielt sich nur mit Mühe auf den Beinen.
    »Die Plaza de Armas in Santiago de Chile«, sagte Manoli. »Romeny war auf dem Weg von der Arbeit, als seine bislang verborgen gebliebene Paragabe außer Kontrolle geriet.«
    »Wie hat sich die Gabe geäußert?«, fragte Mercant.
    »Skurril. Er brachte im gesamten Bürogebäude, in dem er arbeitete, den Kaffee zum Gefrieren. Aber innerhalb kürzester Zeit brach sie sich Bahn in den mittlerweile vertrauten Paraentladungen. Die Explosionen zerstörten die Kathedrale der Stadt und ein halbes Dutzend weitere Gebäude. Bevor Romeny noch weitere Zerstörungen anrichten konnte, geschah das ...«
    Der Mann im Holo bäumte sich auf, als hätte er die Worte Manolis gehört. Er stieß einen Schrei aus, klappte zusammen und fiel zu Boden, wo er bebend liegen blieb. Aus seinem weit geöffneten Mund drang ein verzweifeltes Gurgeln.
    »Joaquin Romeny starb auf dem Weg ins Krankenhaus«, sagte Manoli.
    »Er ... er ist durchgedreht wie Tako Kakuta?« Mercant versuchte, sachlich zu klingen. Der Tod des japanischen Mutanten lastete auf seinem Gewissen – und hätte Iga nicht eingegriffen, wäre es jetzt sein eigener Leichnam, den die Mediziner untersuchten. Iga trat neben ihn, fand seine Hand und drückte sie.
    »Ja und nein«, antwortete Manoli.

Weitere Kostenlose Bücher