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PR NEO 0050 – Rhodans Weg

PR NEO 0050 – Rhodans Weg

Titel: PR NEO 0050 – Rhodans Weg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Borsch
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1.
    Mai 2007
    Manchester, Connecticut
     
    Ein Junge stand an der Haltestelle.
    Maximo Mendez, der die Linie 91 in den Norden seit vierzehn Jahren fuhr, sah ihn von Weitem. Er verlangsamte. An der Spencer Street wartete selten jemand auf den Bus. Und schon gar nicht an einem Samstagvormittag, wenn die Leute von Manchester, Connecticut, in den Shopping Malls an den Rändern der Stadt ihr Geld ausgaben, als gäbe es kein Morgen.
    Niemand wartete an einem Samstag an der Spencer Street auf den Bus – und schon gar nicht ein schlaksiger Junge mit einem viel zu großen, prall gestopften Rucksack, der ihn jeden Augenblick in die Knie zu zwingen drohte.
    Maximo Mendez fragte sich, was der Junge an der Haltestelle wollte.
    Der Junge musste verabredet sein, sagte er sich. Mit seinem besten Freund und dessen Familie. Sie würden in einem der State Parks campen. Angeln. Abends am Lagerfeuer die gefangenen Fische braten und das Zusammensein genießen. Mendez hatte hin und wieder mit seinen Söhnen gezeltet, bis ihnen die Fliegen zu viel und die dünnen Schlafmatten zu hart geworden waren. Inzwischen waren sie erwachsen, bauten Häuser in Kalifornien und schrieben ihm gelegentlich Mails, in denen sie ihm rieten, seine Ersparnisse in Immobilien anzulegen.
    Der Junge bemerkte den Bus. Er sah Mendez aus großen graublauen Augen an. Einen Moment lang wirkte er wie eingefroren, dann riss er einen dünnen Arm hoch und winkte mit der hektischen Dringlichkeit, mit der nur Kinder winken konnten.
    Mendez trat auf die Bremse, bog in die Haltebucht ein. Ein empörtes Hupen zeigte ihm an, dass er es zu abrupt getan hatte.
    Der Bus kam zum Stehen. Mit einem leisen Zischen glitt die Vordertür auf. Warme Luft strömte in den Bus. Es war der erste Tag im Jahr, der sich nach Sommer anfühlte.
    Der Junge packte den abgewetzten Haltegriff am Einstieg, setzte ein Bein auf die Trittstufe und wuchtete sich mit ganzer Kraft hoch. Das Gewicht auf seinem Rücken drohte ihn nach hinten wegzuziehen, aber der Junge biss die Zähne zusammen, zog sich auf die zweite Stufe – und wurde jäh abgestoppt, als eine der Schnüre seines Rucksacks sich an einer Kante verfing. Er japste, machte einen Schritt zurück, löste die Schnüre hastig. Seine Finger zitterten.
    »Wohin willst du, Junge?«, fragte Mendez und lächelte. Er mochte Kinder.
    »N... nach South Hadley, Sir.«
    »Das ist eine ganz schöne Strecke. Über die Grenze, in Massachusetts.«
    »Ich weiß.« War da ein Unterton der Empörung? Der Busfahrer besah sich den Jungen genauer. Der Junge war keine zehn. Er hatte ein langes, schmales Gesicht. Helle Haut, aber jetzt gerötet vor Anstrengung. Und seine Augen ... Hatte er eben geheult?
    »Was willst du in South Hadley?«, fragte Mendez.
    »Meinen Onkel Karl besuchen.«
    »Deinen Onkel Karl ...«
    »Ja!«
    »Weiß dein Onkel, dass du kommst?«
    »Er hat eine Farm. Mit ganz vielen Autos und Kühen! Ich besuche ihn oft.«
    Eine Farm mit ganz vielen Autos und Kühen ... Der Busfahrer überlegte. Es ging ihn nichts an, wohin der Junge wollte, solange er den Fahrpreis bezahlte. Einerseits. Andererseits ... Mendez musste an seine Kindheit zurückdenken. Seine Eltern hatten ihn über alles geliebt. Aber ihre Liebe war die von Einwanderern gewesen, die ihre gesamten Hoffnungen dem einzigen Sohn aufgebürdet hatten. Eines Tages war Maximo die Last unerträglich geworden. Er hatte alle Habseligkeiten, die ihm etwas bedeuteten, eine Flasche Cola und zwei Packungen Oreo-Kekse in eine Tasche gepackt und war abgehauen ...
    »Wissen deine Eltern, dass du deinen Onkel ...«
    »Karl!«, sagte der Junge laut. »Mein Onkel heißt Karl!«
    »... dass du deinen Onkel Karl besuchen fährst?«
    »Natürlich.«
    Sein Ausbüxen war Mendez nicht gut bekommen. Die Polizei hatte ihn drei Tage später ausgehungert und erschöpft aufgegriffen. Und seine Eltern hatten den Schluss gezogen, dass sie ihren Jungen zu lax erzogen hatten ...
    »Wie heißt du?«, fragte er den Jungen.
    »Perry.«
    »Und mit Nachnamen?«
    »Rhodan.«
    »Perry Rhodan?« Mendez musste kichern.
    »Wie... wieso lachen Sie, Sir?«, fragte der Junge.
    »Weil ... Na ja, dein Name gefällt mir. Perry Rhodan. Klingt wie ein Held.«
    »Wirklich?« Der Junge strahlte plötzlich.
    »Wirklich«, bestätigte der Busfahrer und behielt für sich, weshalb er gekichert hatte. Ja, »Perry Rhodan« klang wie ein Held. Aber wie einer aus einer schlechten Serie aus den Fünfzigern oder Sechzigern. Hatte es nicht einen »Perry

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