PR Odyssee 06 - Die Lebensboten
kosmische Evolution weitergehen könnte.
Und noch eine universale Katastrophe ist denkbar: wenn sich verborgene Mini-Dimensionen des Raumes >aufrollen< (falls es sie gibt, wie jedenfalls die String-Theorie behauptet). Vielleicht ist sogar die Dunkle Energie eine Erscheinungsform bislang unbekannter, sehr kleiner Dimensionen - und wenn diese sich plötzlich aufblähen, wie Steven B. Giddings von der University of California in Santa Barbara überlegt, hätte das ziemlich unangenehme Folgen: »Materie, wie wir sie kennen, würde aufhören zu existieren, und die Eigenschaften aller Naturkräfte würden sich verändern. In einem höherdimensionalen Vakuum wäre alles radikal anders, es würde nicht viel von unserer vierdimensionalen Existenz übrig bleiben.«
Nicht einmal ausgeschlossen ist, dass ein Phasenübergang oder eine Dimensionsentfaltung durch ein physikalisches Grundlagen-Experiment ausgelöst wird. Auf der Erde ist dies noch lange nicht möglich - in der Kosmischen Strahlung gibt es viel energiereichere Partikel, als die besten Teilchenbeschleuniger zu erzeugen vermögen. Aber vielleicht sind außerirdische Zivilisationen so weit und vernichten sich und ihr ganzes Universum eines Tages unabsichtlich...
Die Zukunft des Lebens
Was auch immer sich hinter der Dunklen Energie verbirgt: Nicht nur für das Universum, sondern auch das Leben in ihm wird sie Schicksal spielen.
In einem Universum, das ewig und beschleunigt expandiert, geht dem Leben im Lauf der Zeit sämtliche Energie aus, auch wenn diese Zeit für unsere Maßstäbe noch sehr lange dauert. Wenn vorher die Materie zerfällt, geht dem Leben auch der Stoff aus - Gregory Benford hat dies in seiner Story Matter's End (1994) auch literarisch verarbeitet. Ob hingegen ein Endknall den Exitus bedeutet, ist umstritten. Frank Tipler von der Tulane University in New Orleans propagiert eine >Physik der Unsterblichkeit (so auch der Titel seines Buchs dazu) und glaubt, eine fortgeschrittene Superzivilisation könnte sich ein kollabierendes Universum Untertan machen und quasi göttlich werden. Andere Physiker spekulieren über allerhand Auswege, einem sterbenden Universum zu entrinnen - etwa mit Hilfe von Wurmlöchern, wie sie der Astronom Carl Sagan in seinem Science-Fiction-Roman Contact (1985) beschrieben hat. Sogar über die Erzeugung von Universen im Labor - in Gregory Benfords Cosm (1998) der Stoff eines brillanten SF-Romans -, die als Ersatzwelten dienen könnten oder zumindest die Bedingungen für neues Leben schaffen würden, haben renommierte Kosmologen in anerkannten Fachzeitschriften bereits spekuliert.
Über all diese Aspekte soll demnächst anderswo ausführlicher berichtet werden (im Heyne-SF-Jahrbuch 2004). Eines dürfte vor dem Hintergrund der raumzeitlichen Unermess-lichkeit jedenfalls evident sein. PERRY RHODAN-Autor Clark Darlton alias Walter Ernsting hat es einmal so formuliert: »Ich bin der Überzeugung, dass die Erde viel zu klein ist, um sich auf ihr oder um sie zu streiten.« Und der amerikanische Dichter Robinson Jeffers schrieb schon vor mehr als einem halben Jahrhundert: »Wie wohl es tut, sein Denken mit geologischen Zeiträumen zu versetzen oder mit astronomischen zu entspannen. Nichts ist so angetan wie die Astronomie, den Menschen auf sein Maß zurückzuschrauben, seine dummen
Träume, sein gockelrotes Selbstgefühl: lass ihn Sternschnellen zählen.«
Rüdiger Vaas ist Wissenschaftsjournalist und Astronomie-Redakteur bei der Monatszeitschrift >Bild der Wissenschaft<. Seit 1988 schreibt er regelmäßig für PERRY RHODAN-Report und -Journal. Außerdem hat er Science-Fiction-Erzählungen und mehrere Bücher über Naturwissenschaft und Philosophie veröffentlicht.
Weiterführende Literatur
Adams, F. C./Laughlin, G.: A Dying Universe. Reviews of Modern Physics 69 (1997), 337-372.
Adams, F. C./Laughlin, G.: Die Fünf Zeitalter des Universums.
Stuttgart 2000.
Davies, R: Die letzten drei Minuten. München 1998.
Dyson, F. J.: Time Without End. Reviews of Modern Physics 51 (1979), 447-460.
Dyson, F. J.: Infinite in All Directions. London u. a. 1990.
Goldsmith, D.: The Runaway Universe. Cambridge 2000.
Islam, J. N.: The Ultimate Fate of the Universe. Cambridge 1983.
Kirshner, R. P: Throwing Light on Dark Energy. Science 300 (2003), 1914-1918.
Krauss, L. M./Starkman, G. D.: Life, The Universe, and Nothing. As-trophysical Journal 531 (2000), 22-30.
Leslie J.: The End of the World. New York 1998.
Livio, M.: Das beschleunigte
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