PR TB 069 Menschen Aus Der Retorte
nannten sie den
Planeten, eine Kolonie zu gründen.“
„Waren denn Frauen dabei?“ fragte Atlan, obwohl er die
Frage für überflüssig hielt.
Tomsics Antwort zeigte ihm allerdings, daß sie keineswegs
überflüssig gewesen war.
„Nein, Sir. Die sechs Überlebenden waren Männer.
Kennen Sie das Cloning-System. ?“
Atlan nickte.
„Ich verstehe, Professor. Die sogenannte
,Ableger-Vermehrung’. Berichten Sie weiter.“
„Leider gelang es Professor Barghes nicht, seine
Cloning-Anlage zu vollenden, bevor die anderen Männer starben.
Er blieb allein übrig, und er vollendete sein Werk. Dazu gelang
ihm eine neue Erfindung: die positronische Speicherung des eigenen
Information-Bewußtseinsinhalts.“
Der Arkonide kniff die Augen zusammen. Er war skeptisch.
„Sie meinen wohl den Gedächtnisinhalt, Professor.“
Martin Tomsic schüttelte den Kopf.
„Nein, Sir. Es handelt sich um eine regelrechte
Bewußtseinsschablone. Barghes übertrug sie jeweils nach
seinem Tode auf dem im Cloning-Verfahren gezüchteten
neuen identischen Körper, so daß er praktisch die
Unsterblichkeit erreichte.“
„Offensichtlich eine sehr kurze ,Unsterblichkeit’“,
bemerkte der Arkonide sarkastisch. „Sonst hätte mich
Oberst Barghes persönlich begrüßt. Finden Sie nicht
auch, Admiral Ferrea?“
„Vielleicht ist er freiwillig aus dem Leben geschieden“,
antwortete Sita. „Es muß schrecklich sein, ganz allein
auf einem einsamen Planeten zu leben - als ,Einsamer der Zeit’,
sozusagen.“
Atlan lachte trocken.
„Was sehen Sie mich dabei an, Admiral! Ich habe mir diesen
Beinamen nicht verliehen. Das waren diese kleinen, witzigen und
listenreichen terranischen Barbaren.“ Er zwinkerte, um
anzudeuten, daß seine Worte nicht ernst gemeint waren.
Martin Tomsic räusperte sich.
„Oberst Barghes ist tatsächlich freiwillig aus dem
Leben geschieden, Lordadmiral. Doch nun kommt das, was ich nicht
verstehe. Er spaltete zuvor seine Bewußtseinsschablone, nannte
den einen Teil Andersen Sidni-Stem und ließ diesen auf seinen
Wunsch hin sterben.“
„Und der andere Teil?“ fragte Sita Ferrea.
Professor Tomsic wischte sich die Stirn mit dem Handrücken.
„Ist gänzlich in der Positronik aufgegangen, Sir. Oder
besser: Die Positronik hat seine Identität angenommen.“
Lordadmiral Atlan runzelte die Stirn.
„Das ist alles sehr interessant, Professor. Aber wo kommt
die Geschichte mit der Zeitreise und dem Zeitparadoxon hinzu?“
Tomsic zuckte hilflos die Schultern.
„Diese Geschichte ist meiner Meinung nach niemals Realität
gewesen, Sir. Sie hat sich ausschließlich innerhalb der
Positronik abgespielt. ,Positronische Wirklichkeit’ ist der
Fachausdruck dafür.“
Atlan wurde blaß. Dann wandte er sich zu Kaitos Isikos um.
„Major Isikos.?“ fragte er drohend.
Isikos befeuchtete sich die Lippen mit der Zunge. Er war nervös,
aber er schien entschlossen, seinen Standpunkt zu behaupten.
„Der Schluß von Professor Tomsic ist naheliegend“,
erklärte er mit leicht schwankender Stimme. „Aber er ist
ein Trugschluß. Die Gründung der Kolonie, die Vermehrung
durch Cloning - das alles war Realität. Dann aber unterlief den
Zeitreisenden ein verhängnisvoller Fehler. Sie riefen ein
Zeitparadoxon hervor, einen Zeitstromdefekt. Dadurch wurden ihre
Existenz und die der Kolonie rückgängig gemacht. Nur die
positronisch gespeicherte Erinnerung blieb erhalten.“
Martin Tomsic blickte den USO-Spezialisten spöttisch an. „Die
von der Kombination Barghes-Positronik entwickelten Theorien über
die Zeitreise in allen Ehren -deshalb habe ich schließlich die
Anwesenheit des Lordadmirals für erforderlich gehalten - , aber
Sie sind eindeutig ein Opfer Ihrer Phantasie, Major.“
Major Isikos sprang erregt auf. Aber dann stahl sich ein
selbstsicheres Lächeln in seine Mundwinkel und er setzte sich
wieder, schlug die Beine übereinander und kreuzte die Arme vor
der Brust. Er wandte sich nach Atlan um und fragte behutsam:
„Ich nehme an, Professor Tomsic ist über alle Vorgänge
im Ghost-System informiert, Sir.?“
Atlan wölbte verwundert die Brauen.
„Selbstverständlich, Major. Sie brauchen vor ihm
keinerlei Geheimnisse zu haben.“
Kaitos Isikos deutete eine Verbeugung an, dann wandte er sich
wieder an Martin Tomsic.
„Sie wissen also über die Cappins Bescheid, Professor?“
Tomsic starrte ihn an. Langsam überzog sich seine Stirn mit
einem Netz feiner Schweißperlen. Die tiefe Furche über
seiner Nasenwurzel
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