PR TB 132 Projekt Pandora
Vorspeisen und
Hauptgängen, die sich dadurch auszeichnete, daß sie nicht
dick machen würde.
Sie aßen mit gutem Appetit, und schließlich, als die
Zigaretten brannten, sagte Condar:
»Was ist los, Tanis?«
Sie waren Schulfreunde und stammten aus demselben Viertel. Ihre
Verbindung war auch während der Ausbildung und des Studiums
nicht abgerissen. Sie verstanden sich ausgezeichnet. Tanis atmete
tief ein und sagte:
»Du weißt, was Melancholie ist?«
»Sie überfällt mich ab und an«, bestätigte
Veen. »Meistens ist sie durch eine halbe Flasche Whisky zu
kurieren und einen langen Schlaf.«
Tanis nickte und zeichnete mit dem Fingernagel verschlungene
Muster auf das Tuch vor ihm.
»Du mußt dir diesen Begriff hundertfach verstärkt
vorstellen. Es geht um eine junge Frau. Sie hat, durch eine Kette von
Unglücksfällen geschädigt, mit dem Leben
abgeschlossen. Ihr Entschluß ist so absolut, daß sie vor
kurzer Zeit den dritten Suicidversuch unternahm, mit den bekannten
Folgen für den Verkehr und meinen Knöchel.«
»Keinerlei hirnorganischer Befund?«
»Nein«, schränkte Tanis ein. »Die junge
Frau ist vollkommen gesund. Sie hat eine herrliche Figur, einen
hervorragenden Verstand und faszinierende graue Augen. Sie war noch
vor kurzer Zeit ein Star unter den Chefprogrammierern von NATHAN.«
»Schade!« seufzte Veen und zog die Brauen hoch. »Du
entwirfst ein bezauberndes Bild. Verheiratet, die Dame?«
»Nein. Es gab jedoch vier Männer, die sie sehr
enttäuschten. Sie stellt hohe Ansprüche.«
»Wer tut das nicht«, sagte Veen leise.
»Sie hat alles in ihrem Leben zusammengerechnet, die vielen
Plus und die vielen Minus«, erklärte Tanis.
»Ergebnis?«
»Die Summe der Minusakzente war wesentlich größer
als die der Plusteile«, erwiderte Tanis. »Und sie faßte
einen Entschluß: Sie wollte diese Welt verlassen. Zuerst
versuchte sie es mit Tabletten - eine Kollegin fand sie. Das
zweitemal schaffte sie es beinahe, indem sie sich aus der Schleuse
eines Mond-Terra-Verbindungsboots stürzen wollte. Die
Sicherheitsautomatik, die sie fast überlistet hatte, verhinderte
es. Dann bekamen wir sie, und seit dieser Zeit beschäftigt mich
dieses Mädchen.«
Veen schaute nachdenklich über den geschwungenen Abhang
hinunter auf die Gleiterpisten.
»Du hast also alles versucht, was du konntest. Persönliches
ebenso wie die Hilfe von Maschinen. Hast du an Mutanten gedacht?«
Langsam nickte der Arzt. Er rief sich die einzelnen Stationen
dieser Behandlung zurück und hob sein Weinglas.
»Ja, natürlich. Sie konnten nicht viel helfen. Alles,
was sie schafften, war eigentlich nur eine Bestätigung unserer
Diagnose. Aber seit einigen Tagen weiß ich, daß es einen
Schlüssel gibt.«
»Ich bin gespannt!« sagte Veen.
»Wir müßten es schaffen, diesem Mädchen eine
große Aufgabe zuzuweisen. Sie muß vergleichsweise
gigantisch sein. Natürlich nur bezogen auf die bisherige Welt
dieses Mädchens.«
»Ich verstehe, Tanis. Soll das eine Bitte oder ein Vorschlag
sein?«
Tanis blickte gedankenvoll einem startenden Schiff nach, das
senkrecht in den violetten Himmel stieg. Dann Sagte er:
»Warum nicht?«
Sie sahen sich wieder an. Die beiden Männer kannten sich so
lange und so gut, daß sie sich mit Stichworten und Begriffen
vollständig unterhalten konnten. Sie dachten in diesem
Augenblick in eine einzige Richtung.
Veen erwiderte entschlossen:
»Vielleicht kann ich dir helfen. Ich muß mit meinen
Vorgesetzten sprechen, unter Umständen sogar mit Galbraith
Deighton. Zuerst eine
Frage: Wie hoch sind die Chancen für eine Heilung?«
»Sollten wir Chenia Ruthven ansprechen können, sollten
wir ihr eine Mischung zwischen Selbstmordmöglichkeit und
Heilungschancen anbieten können, dann haben wir mit
sechzigprozentiger Sicherheit Erfolg.«
Tanis seufzte. Sie wollten einen einzelnen Menschen retten und
boten ihm während der Rettung die Möglichkeit, sich selbst
auf aufwendige Weise umbringen zu können. Es war nicht nur
makaber, sondern in gewisser Weise das Eingeständnis eigener
Unwissenheit.
»Gut. Verstanden!« sagte Veen. »Ganz abgesehen
davon, daß mich diese junge Frau persönlich zu
interessieren beginnt. ich verrate keine Geheimnisse, wenn ich dir
berichte, was ich weiß.
Vor kurzer Zeit erhielten wir einen Hypergrammspruch vom Planeten
ZIRKON, einer südseeähnlichen Erholungswelt des Imperiums.
Dort wurde ein Gespräch aufgeschnappt, das sich mit einem Fall
von krimineller Industriespionage beschäftigt.
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