PR TB 165 Nomaden Des Meeres
sonst?«
»Daß du gehorchen mußt. Daß du Byblos
verlassen mußt. Daß der Fremde schreckliches Unheil über
diesen Planeten bringen wird. Und daß ES mich aus seinem Griff
entlassen wird, wenn du deine Aufgabe gelöst hast.
Offensichtlich bist nur du in der Lage dazu, obwohl ich es nicht
verstehen kann.«
Er tauchte wieder. Horus kam und setzte sich auf einen Felsen
schräg über uns. Er reckte seinen stählernen Schnabel
vor und beäugte starr, wie ein echter Adler, dieses merkwürdige
Geschöpf.
»Es war unpraktisch und lästig, als ich Vogel war.
Zuviel Arbeit, zu viele Feinde. Und jeder Sturm konnte mich töten«,
sagte Proteos und kratzte mit den Krallen seiner rechten Hand vier
lange, tiefe Spuren in den Stein. Schlagartig bedeckte sich mein
Körper mit Gänsehaut, die Härchen im Nacken stellten
sich auf.
»Ich glaube nicht«, sagte ich, »daß ich
dir danken kann. Was du mir gesagt hast, war keine fröhliche
Botschaft.«
»Verständlich. Jetzt sind wir schon zwei, die von ES
geschunden werden. Ich gehe und treibe mich bis zum Frühjahr in
wärmeren Gewässern herum!«
»Tue dies. Ich glaube nicht, daß dich die Narren und
Kinder an den
Stränden vermissen werden.«
Er lachte häßlich und schrie:
»Geschöpfe wie ich und du, Atlan, bilden Legenden,
Märchen und Urängste dieses Barbarengeschlechts. Rüste
dich, die Aufgabe wird schwer, der Kampf, hart.«
Er sprang zurück in sein Element. Kurze Zeit später
entfernte sich ein springender Delphin, ein bezauberndes Bild des
Übermutes und der Spielerei, in die Richtung auf das offene Meer
hinaus. Ich schüttelte mich, der Alptraum wich nur langsam. Noch
hatte sich die Sonne nicht über die Felsen erhoben. Ich schlug
die Hände vor die Augen und wußte, daß ich gehorchen
mußte. Es gab so gut wie keine Möglichkeit, zu erfahren,
wo und wann der Fremde eingetroffen war und was er plante. Ich wußte
nur, daß ES seinen Befehl auf irgendeine Weise durchsetzen
würde. Ich hatte zu gehorchen. Ich und alle, die mit mir waren.
Beunruhigt und verwirrt schwamm ich zurück und trocknete mich
ab. Die ersten von uns waren wach und bereiteten den Imbiß.
Ich weckte Asyrta und aß schweigend. Dann schoben und
zerrten wir die ZEDER wieder in tieferes Wasser, ruderten ein Stück
hinaus und setzten das Segel. Erst als wir in der glühenden
Mittagshitze auf dem Vordeck lagen und das Öl auf unseren
Körpern glänzte, verging der Schock des frühen
Morgens. Aber ich wußte genau, daß meine Zeit in
Gubal-Byblos aufhörte, zugleich mit dem Aufhören der
Frühjahrsstürme.
Es gibt einen Trost, sagte trocken der Logiksektor. Es ist
unwahrscheinlich, daß ES dich wieder in das Verlies am
Meeresboden zurückwirft.
Nur Asyrta-Maraye deutete mein Schweigen richtig. Niemand hörte
zu, als sie auf dem heißen, salzigen Deck dicht an meinem Ohr
flüsterte:
»ES hat sich wieder gemeldet, nicht wahr? Unser Kampf gegen
etwas unaussprechlich Furchtbares soll beginnen?«
Ich nickte schweigend.
Wir kamen nach Ugarit, einer Siedlung, die eine Mischung zwischen
Byblos und Tyrus darstellte. Ugarits Bevölkerung wußte,
daß ihr Hafen das beste Sprungbrett zum nordöstlichen,
fingerartigen Vorsprung der großen Insel Alashia darstellte,
eine der wenigen Strecken, die schon heute direkt gesegelt wurden.
Die Insel sah man manchmal von hier aus, wenn die Luft klar und frei
von Wasserdampf war. Natürlich wurden wir freundlich
aufgenommen.
Wir trafen viele Kapitäne, luden diejenigen ein, die uns noch
nicht besucht hatten, schilderten unser Land und die Leute, knüpften
für die Zukunft viele Beziehungen an und schrieben auf, was an
Wünschen an uns herangetragen wurde. Immer wieder der Wunsch
nach Papyrus!
Wir ließen unsere letzten Rollen Purpurstoff in Ugarit und
erregten damit abermals unerwartetes Interesse. Widerspruchslos
wurden unsere Preise bezahlt.
Wir verproviantierten uns und segelten zurück. Einige Minoer
begleiteten uns, aber wir waren schneller, leichter, und meine Art,
mit dem veränderten Rahsegler zu segeln, war besser. Am Abend
des einundvierzigsten Tages liefen wir müde und glücklich
wieder in Byblos ein und wurden gefeiert, als wären wir
Jahrzehnte unterwegs gewesen.
Sechs Monde voller Arbeit lagen vor uns allen.
Eigentlich war dies schon der Abschied, das Ende des Gaufürsten
Ahiram-Atlan: wir, die Handvoll Freunde, standen vor dem Großen
Schiff. Cheper ahnte etwas, Asyrta wußte es, Gerth schien es zu
erraten. Das Schiff war fertig und stand nur noch
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