PR TB 179 Unsterblichkeit X 20
„ganz
langsam. Mit ein wenig Logik werde ich die Nuß schonknak-ken!"
Eingedenk früherer Erfahrungen hatte Bully ein Bandgerät
mitlaufen lassen. Das Stichwort Alter Freundhatte die Aufnahme
ausgelöst. Von ähnlichen Zusammenkünften her wußte
Bully, daß ES sich zuweilen so klar und übersichtlich
auszudrücken pflegte wie ein quadratmetergroßes
Kreuzworträtsel. Die klassische Pythia des delphischen Orakels
hatte eine geradezu mathematisch-exakte Ausdrucksweise, verglichen
mit dem Fiktivwesen, wenn ES bei Laune war.
Bully wußte, daß das Rätsel lösbar war. So
hinterhältig war ES nicht, daß es Aufgaben stellte, die
einfach nicht lösbar waren, selbst wenn man sich noch so sehr
den Kopf zerbrach. Allerdings waren die Aufgaben von ES nicht selten
ein klein wenig lebensgefährlich.
Bully hörte sich das Band in aller Ruhe fünfmal an. In
den Pausen dachte er nach und bereitete sich eine Mahlzeit mit vielen
Proteinen - Eiweiß war angeblich gut für das Gehirn, also
schlang Bully schicksalsergeben ein Pfund Magerquark in sich hinein,
hoffend, daß mit
dem merkwürdigen Geschmack im Mund sich auch die Lösung
des Problems einstellen würde.
Nichts dergleichen geschah. Die Space-Jet steckte noch immer fest,
und ES hatte freundlicherweise für eine Uhr gesorgt, die Bully
die bereits verstrichene Zeit mit unüberhörbarem Ticken
anzeigte, und dieses Ticken zerrte fast noch mehr an Bullys Nerven
als die Frage, was ES für einen Spaß bereithalten würde
für den Fall, daß Bully das Rätsel nicht lösen
konnte.
Beim sechsten Abhören des Bandes kam Bully dann endlich ein
Gedanke.
Er verließ die Zentrale der Space-Jet und machte sich an die
Arbeit, das Raumschiff genauestens zu durchsuchen.
Unterhalb der Zentrale lagen die Räume für die
Besatzungsmitglieder und etwaige Passagiere. Bully rechnete insgeheim
damit, in einer dieser Kabinen auf einen ungebetenen Gast zu stoßen,
dessen Humor ebenso nervenzerfetzend sein konnte wie der des
Fiktivwesens. Aber zu seiner Überraschung stieß Bully
nicht auf einen Mausbiber, der ihm breit grinsend vorgelogen hätte,
er habe sich verirrt.
Bully brauchte eine halbe Stunde, bis er die Räume gründlich
inspiziert hatte. Er fand nicht die geringsten Anzeichen für
einen blinden Passagier, und das verblüffte Bully nicht wenig.
Er hatte fest damit gerechnet, auf Gucky zu stoßen, aber von
dem vorwitzigen Mausbiber fehltejede Spur.
„Merkwürdig", murmelte Bully kopfschüttelnd,
als er seinen Rundgang beendet hatte.
In der Zwischenzeit war das Ticken der unsichtbaren Uhr etwas
lauter geworden und verkündete Bully auf diese Weise, daß
die Minuten unaufhaltsam verstrichen.
„Dann hinunter in die Maschinenräume", seufzte
Bully und machte sich an den Abstieg.
Die Space-Jet war funkelnagelneu, und das hieß, daß
auf nahezu allen beweglichen Metallteilen eine fingerdicke Schicht
Schmierstoff zu finden war, die auf sämtlichen Kleidungsstücken
häßliche rote Flecke hinterließ, wenn der Stoff mit
dem Fett in Berührung kam. Solche Kontakte ließen sich zu
Bullys Leidwesen nicht völlig vermeiden. Die Raumschiffswerften
auf dem Mond arbeiteten weitestgehend automatisch, und der Automat,
der für das Verteilen der rötlichen Schmiere zuständig
gewesen war, hatte keinen Geiz gekannt. Mit sprachlosem Staunen mußte
Bully feststellen, daß irgendein positronischer Einfaltspinsel
offenbar gefolgert hatte, daß die Griffe von Türen, die
sich in ihren Angeln bewegen ließen, unter die Rubrik
bewegliche Metallteile fielen - folgerichtig starrten diese Griffe
von Schmierfett.
Bully ließ keinen Winkel der Maschinenräume aus, ihm
blieb nichts anderes übrig. Da er bei dieser Beschäftigung
arg ins Schwitzen geriet, mußte er sich ab und zu den Schweiß
von der Stirn wischen, die so langsam eine schützende Haut aus
lösungsmittelfestem Schmierstoff bekam.
Bully sah aus wie eine schlechte Karikatur seiner selbst, als er
den zweiten Teil seines Rundganges beendet hatte.
Er hatte einiges gefunden; Zigarettenkippen, leere
Schnapsflaschen, zerlesene Illustrierte, mit roten Fingerabdrücken
übersäte Damenwäsche - aber keine Spur von einem
Lebewesen, das die hochwichtige Besprechung zwischen Bully und ES
hätte belauschen können.
„Warte, Freundchen, wenn ich dich zu fassen bekomme ...",
machte sich Bully Luft. Für ein paar Augenblicke war es ihm
egal, daß ES nicht nur diese Worte hören und darauf
reagieren konnte, sondern auchjederzeit in der Lage war,
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