PR TB 191 Geisterschiff Crest IV
die CREST IV abzufangen gehofft hatte. Danach
war klar, daß mit dem Auftauchen des ehemaligen Flaggschiffs
nicht mehr gerechnet werden durfte. Kevan Duryeah rief die leitenden
Offiziere zu einer Besprechung zusammen und erklärte ihnen:
„Wenn wir uns ganz einfach an den Wortlaut unseres Auftrags
hielten, könnten wir jetzt umkehren und nach Hause fahren, ohne
daß jemand das Recht hätte, uns dafür zu kritisieren.
Ich bin jedoch sicher, daß ich in Ihrer aller Sinn handele,
wenn ich mich weigere, jetzt schon aufzugeben. Die HAMPTON T. wird
den Punkt anfliegen, an dem das Flaggschiff sich befand, als es das
letzte Peilsignal ausstrahlte. Es ist denkbar, daß selbst nach
fünfzig Jahren die Spurenanalyse noch Überreste der
Tätigkeit des Korpuskulartriebwerks der CREST findet. Wenn das
der Fall ist, dann läßt sich womöglich ermitteln, an
welcher Stelle das Flaggschiff den vorgeschriebenen Kurs verließ
und unter welchen Umständen dies geschah."
Der Beifall, der ihm daraufhin entgegentönte, war ein Beweis,
daß er im Sinne seiner Zuhörer entschieden hatte.
Remo Shah allerdings schüttelte den Kopf, als er im
Astrogationslabor von Duryeahs Entschluß erfuhr. Es war Nadim
Abouzir, die ihm die Information überbrachte. Sie hatte an der
Besprechung teilgenommen, während Remo im Labor Dienst tat.
Nadim war gekommen, um ihn abzulösen.
„Sie scheinen mit Duryeahs Entscheidung nicht einverstanden
zu sein", bemerkte die Astrogatorin, als sie Remo den Kopf
schütteln sah.
Er blickte auf, ein wenig überrascht.
„Oh, das will ich nicht sagen", meinte er. „Sie
geht nur nicht weit genug."
„Was soll er sonst noch tun?" erkundigte sich Nadim.
„Was auf der Hand liegt", antwortete Remo. „Wenn
er die CREST finden will, muß er sich mit den Rrhaal in
Verbindung setzen. Und dazu gibt es nur einen einzigen Weg: Landung
auf Homeside."
Der Ort, von dem die CREST IV das letzte Peilsignal abgesandt
hatte - rund fünfzig Lichtjahre vom bisherigen Standort der
HAMPTON T. entfernt - wurde in einer kurzen Linearetappe angeflogen.
Noch immer war die Spannung an Bord des Expeditionsschiffs groß;
aber es war jetzt eine andere Art der Spannung. Hatte man vor kurzem
noch darauf gehofft, das Flaggschiff selbst zu bergen, so ging es
jetzt nur noch darum, herauszufinden, welchem Unfall es zum Opfer
gefallen war. Denn selbst für den Unvoreingenommensten gab es
keinen Zweifel, daß die CREST den einmal eingeschlagenen Kurs
nicht aus eigenem Antrieb verlassen hatte. Niemand aber vermochte
sich auszumalen, um welche Art von Einflußnahme es sich
gehandelt haben könne. Die CREST IV war ein mächtiges
Raumschiff. Es mußte eines gigantischen Energieaufwands bedurft
haben, um sie erstens in einen Stand zu versetzen, in dem eine
Beeinflussung überhaupt möglich war, und sie zweitens von
ihrem Kurs abzubringen.
Die Terminologie „vom Kurs abbringen" wurde als
Euphemismus für das wahre Schicksal des ehemaligen Flaggschiffs
gebraucht, das nach der Meinung der Mehrheit darin bestand, daß
die CREST vernichtet worden war.
Am Zielort entfaltete die HAMPTON T. alsbald eine hektische
Aktivität. Sonden wurden ausgesandt, einige bis zu Entfernungen
von mehr als einem Dutzend Lichtjahren. Die Aufgabe der Sonden war,
die durchschnittliche Teilchendichte in diesem Raumsektor zu
ermitteln. Unter „Teilchen" hatte man sich
WasserstoffAtomkerne vorzustellen, die mehr als 95 Prozent der
interstellaren und intergalaktischen Materie ausmachen. Die
Teilchendichte mußte durch die Tätigkeit des
Korpuskulartriebwerks der CREST IV einen Zuwachs erfahren haben.
Kevan Duryeahas Hoffnung zielte darauf, daß dieser Zuwachs
kräftig genug gewesen sei, um nach fünfzig Jahren noch
eindeutig nachgewiesen werden zu können. Im günstigsten
Fall erwartete Duryeah einen deutlich höheren Wert der
Partikeldichte entlang des Pfades, den die CREST IV geflogen war.
Zehntausende von Sondenmessungen ergaben innerhalb zweier Tage,
daß die Teilchendichte des umliegenden Raumes ziemlich homogen
9,7 H-Kerne pro Kubikzentimeter betrug. Der höchste gemessene
Wert lag bei 10,3, der niedrigste betrug 7,8.
Danach begann die Kleinarbeit. Es galt jetzt, einen Ort zu finden
- falls es einen solchen überhaupt gab -, an dem die
Partikeldichte höher als 10 Kerne pro Kubikzentimeter lag, und
in dessen Umgebung nachzuforschen, ob sich eine kontinuierliche Spur
erhöhter Teilchendichte finden ließ. Der Punkt, an dem die
10,3 Kerne/cm gemessen worden waren, erwies sich in
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