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PR2602-Die Todringer von Orontes

PR2602-Die Todringer von Orontes

Titel: PR2602-Die Todringer von Orontes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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Verachtung. Er wurde benachteiligt, strenger beurteilt, bei jeder sich bietenden Gelegenheit niedergemacht. Er konnte die Narben der Züchtigung an Hinter- und Mittelkörper kaum mehr verbergen, und der Nahrungsentzug machte sich ebenfalls bemerkbar. Das klare Denken fiel ihm schwer.
    Erst am Vortag hatte er eine schmerzhafte Niederlage gegen Komensory erlitten. Gegen jenen Trainingspartner, über dessen Schwächen er sich lustig gemacht hatte.
    Er verlor seine Gruppe fast aus den Augen und hatte Schwierigkeiten, sich im allgemeinen Gedrängel einen Platz zu erkämpfen. Untrainierte Jugendliche, viele Jahre jünger als er, schubsten ihn rücksichtslos beiseite.
    »Bist du endlich da!«, fuhr ihn Perpelois an und verpasste ihm einen Hieb mit dem Hinterteil, der einige der empfindlichen Barteln knicken ließ. Nur mit Mühe unterdrückte Awkurow den Schmerzschrei. Einen Schrei, der weitere Bestrafungen nach sich gezogen hätte.
    Es wurde ruhig in der Höhle. Eine ehrfurchtgebietende Gestalt kam mithilfe des Exoskeletts hoch aufgerichtet in den Raum gekrochen. Sie dünstete Aggressivität aus; es handelte sich unverkennbar um Batritza, Liebhaber der Klanmutter und seit geraumer Zeit derjenige, der die Worte der Herrscherin verkündete.
    »Es gibt Gerüchte, die von Eindringlingen erzählen«, begann Batritza grußlos, »und diese Gerüchte entsprechen weitgehend der Wahrheit.«
    Die Anwesenden wälzten sich nervös hin und her. Auch Awkurow konnte sich dem Drang nicht entziehen, den rhythmischen Bewegungen zu folgen. Bald schon bildeten sie eine einheitliche Masse an Körpern, die mal nach links und dann wieder nach rechts wogte.
    Batritza wartete geduldig, bis sich die Unruhe gelegt hatte, bevor er mit seiner Ansprache fortfuhr: »Die Klanmütter haben den Fremden einen Großteil der verfügbaren Maschinen entgegengeschickt. Doch die Eindringlinge sind stärker als befürchtet. Sie haben den Angriff der Roboter zurückgeschlagen.«
    Wiederum schabte Körper an Körper, wiederum verbanden sich die Anwesenden zu einer Wogenrolle des Entsetzens.
    »Es bleibt uns nichts anderes, als uns ihnen persönlich in den Weg zu stellen. Wir müssen diese Wesen vertreiben. So schnell wie möglich. Die Regeln sind unmissverständlich, und ihr alle wisst, welches Schicksal uns droht, sollten wir versagen.«
    Ja, sie wussten es. Awkurow hatte die Belehrungen über sich ergehen lassen, seit er dem Madennest entglitten war und man ihn in die Obhut des Lehrvaters überführt hatte.
    Batritza sprach weiter. Er beschwor den Kampfeswillen des Klans, des Siedlungsviertels, des Volkes. Er pumpte seinen mächtigen Leib auf, immer wieder, ließ ihn rot vor Kraft und schwarz vor Zorn werden. Er war von bewundernswerter Präsenz, und Awkurow ahnte, wie der Mann so rasch das Herzband der Klanmutter hatte erringen können. Er verfügte über eine ganz besondere Gabe: Er konnte schön sprechen. Er überzeugte seine Landsleute durch Bewegungen, Gehabe und Worte – und er vermochte sie zu lenken.
    Die Versammelten wehrten sich keinesfalls gegen die unverhüllte Beeinflussung. In den Klans hatte es immer wieder Todringer wie ihn gegeben, und sie hatten sich stets als außerordentlich fähige Politiker erwiesen.
    »Es werden soeben Listen erstellt, auf denen zweihundert Namen stehen sollen. Unser Klan wird aufgefordert, etwa zehn unserer Hochbegabten für einen weiteren Angriff gegen die Eindringlinge abzustellen.«
    Sollten sie sich freuen oder das Schicksal jener Unglücklichen bedauern, die in den Kampf zogen, einem äußerst ungewissen Schicksal entgegen? Perpelois drückte mit einem unruhigen Körperwiegen Beklommenheit aus. Der Lehrvater stellte seine Gefühle ungewöhnlich offen zur Schau.
    »Die Listen werden in Kürze öffentlich gemacht. Ich erwarte, dass jeder, der aufgerufen wird, in den Kampf zu ziehen, dem Aufruf ohne ein Widerwort folgt.« Batritza hob seinen Körper so weit in die Höhe, wie es ihm sein Exoskelett erlaubte. Er strahlte Hoffnung, Zuversicht und Mut aus. »Wir werden diesen Gegner besiegen – weil wir müssen. Andernfalls ist das Schicksal unseres Volkes besiegelt.«
    Große Worte. Wahre Worte. Awkurows Lamellen zogen sich schmerzhaft eng zusammen, sein Magen rebellierte.
    »Vorwärts!«, schrie Perpelois und verschaffte sich mithilfe einer rücksichtslosen Körperdrehung Platz. »In geordnetem Gerolle zurück in die Wohnhalle! Dass mir nur ja keiner ausschert, ihr Nichtsnutze!«
    Auch der Lehrvater benahm sich anders als

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