Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
PR2609-Im Reich der Masken

PR2609-Im Reich der Masken

Titel: PR2609-Im Reich der Masken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Montillon
Vom Netzwerk:
ihm eine Sonderrolle zu. Ihn Soldat zu nennen, kam einer Beleidigung gleich. »Darf ich dennoch offen sprechen?«
    Gardeleutnant Pridon trommelte mit den sechs Fingern der rechten Hand und den sieben der Linken auf der Ablage des Pultes vor ihm: ein perfekter Dreizehn-Klang, unterbrochen von einer kurzen Pause. Die grundlegende Harmonie seines Lebens, die seit jeher seine Nerven beruhigte, wenn alles um ihn zu kollabieren drohte.
    Seit er denken konnte, spielte die Dreizehn eine wichtige Rolle in seiner Existenz. Nur ein Narr würde es als Zufall ansehen, dass ausgerechnet das dreizehnte Kind einer Familie mit einem Finger zu wenig den Mutterschoß verließ und die Finsternis des Alls erblickte.
    Schließlich war es ungewöhnlich genug, dass eine Mutter so viele Kinder gebar. Der Gardeleutnant hielt sich in dieser Hinsicht stets auf dem Laufenden: Der aktuelle Durchschnitt lag bei fünf Nachkömmlingen, sehr talentierte Ausnahmen brachten es auf neun oder gar zehn. Pridons Geburt jedoch war einer Sensation gleichgekommen und hatte ihn von Anfang an zu etwas Besonderem prädestiniert.
    Und das verpflichtete! Gerade nach seinem Versagen, das er nach außen hin nicht eingestand und deshalb dringend in einen Sieg verwandeln musste. Als Befehlshaber der Schutztruppe verantwortete er die Sicherheit der Herzogin der Harmonie; und nicht nur sie war entführt worden, sondern gleich der gesamte Palast mit ihr!
    Keinem vor ihm auf dieser Position war je eine derartige Niederlage widerfahren, während der Verwaltungspalast durch das All zog. Und Gardeleutnant Pridon wollte nicht als der größte Versager in die Geschichte der Harmonie eingehen, nicht zum Namenspatron für spöttische Sprichwörter werden: Schau her, sieh ihn dir an: schwach wie Doral und ein Versager wie Pridon.
    Er hatte Doral gekannt – einst ein Großer, doch was hatte es ihm genutzt? Umso tiefer war er gefallen. Noch Generationen würden ihn verabscheuen. Vielleicht strich er inzwischen sogar maskenlos durch die Niederungen.
    Schon der Gedanke daran erhöhte Pridons Nervosität. Deshalb gönnte er sich ein weiteres Trommeln, einen neuen Dreizehn-Klang. Eigentlich eine unnötig verschwendete Sekunde, doch sie war es wert. Schließlich ging es darum, seine Überlegenheit zu demonstrieren und zu zeigen, dass er nicht gewillt war, dies alles in einer Katastrophe enden zu lassen.
    »Du darfst nun sprechen, Boraod!« Unter der Maske, unsichtbar für sein Gegenüber, gönnte er sich ein amüsiertes Lächeln, das die Riechöffnung zum Pulsieren brachte. »Deswegen bist du schließlich als mein Berater an Bord.« Aber dennoch lasse ich nicht zu, dass du meine Autorität untergräbst. Er als Gardeleutnant hielt die Zügel in der Zentrale fest in den Händen.
    Boraod, von Geburt an kleinwüchsig, ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Genau wie Pridon konnte er mit Machtdemonstrationen perfekt umgehen. Er wusste, was er sich als Berater an Bord des Flaggschiffs der Wachflotte erlauben durfte und was nicht. »Wir wären klug beraten, uns nicht dem Erstbesten an den Hals zu werfen und auf seine Hilfe zu vertrauen, nur weil er zufällig vor Ort ist.«
    »Zufällig?«, fragte Pridon. Mehr nicht. Das eine Wort und seine spezielle Betonung sagten mehr als eine lang ausgefeilte Rede. Er fühlte die Bewegung des Feuermusters auf der Maske. Die Hitze schlug bis auf seine Haut durch.
    Der Berater streckte seine Haltung. Wahrscheinlich hakte er sogar seine Rückenwirbel aus, um größer zu erscheinen. Tatsächlich, der Hals kippte weiter nach hinten, als es sonst möglich gewesen wäre. Es klackte laut, als sich alles wieder einrenkte.
    »Ich teile deinen unerschütterlichen Glauben an Vorherbestimmung nicht, wie du sehr wohl weißt, Pridon. Du rechnest damit, dass uns dieser Alaska Saedelaere von einer höheren Macht geschickt wurde? Ich beurteile dies anders, doch das darf mich nicht davon abhalten, die richtige Entscheidung zu fällen! Der Fremde und sein besonderes Schiff sind da, das müssen wir ausnutzen. Tun wir es nicht, beweisen wir, dass wir Narren sind! Folglich erübrigt sich jegliche Diskussion! Nur sollten wir dabei Vorsicht walten lassen und äußerst bedacht handeln, wenn wir bestehen wollen.«
    »Wie könnte ich dir in diesem Punkt widersprechen?«, fragte Pridon.
    »Dann höre meinen Plan ...«
     
    *
     
    Sechs Minuten.
    Mehr Zeit benötigte Berater Boraod nicht, um dem Gardeleutnant seinen Plan zu erläutern, ihn kurz zu diskutieren und schließlich

Weitere Kostenlose Bücher