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PR2609-Im Reich der Masken

PR2609-Im Reich der Masken

Titel: PR2609-Im Reich der Masken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Montillon
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hat seine Zeit«, wiederholt das Wächterwesen seine Worte. Der Blick der roten Augen verschleiert sich.
    Es zeigt keine Anstalten, mich aufzuhalten, als ich an ihm vorbeigehe.
    Kurz drehe ich mich um. Es starrt mir nach.
    Mir wird klar, dass sehr schlimm ist, was ich tue. Es steht im Widerspruch zu allem, wofür Androiden geschaffen wurden. Etwas regt sich in mir – das Wissen, gleichzeitig einen Fehler zu begehen und doch das Richtige zu tun.
    Mir bleibt keine Wahl. Ich muss die Frau Samburi enttäuschen, um sie nicht zu enttäuschen.
    Nach einigen Schritten wende ich mich noch einmal um, um eine Frage zu stellen, doch der Wächter ist verschwunden. Ich gehe weiter, in der Gewissheit, dass ich etwas finden werde.
    Doch was wird es mir bringen? Schuld? Verdammnis? Erlösung?
     
    *
     
    Aber ehe ich rekapitulieren konnte, was ich damals tatsächlich fand, forderte die Gegenwart meine völlige Aufmerksamkeit.
    Leider.

1.
    Alaska Saedelaere
    Männer mit Masken
     
    Alaska Saedelaere spiegelte sich auf dem für zweidimensionale Bilder ausgerichteten Display, vor und über dem die Holoaufnahme seines Gesprächspartners schwebte. So sah er den anderen ebenso wie sich selbst.
    Eine dreidimensionale Wiedergabe und ein verwaschenes Abbild: zwei Maskenträger.
    Eine der Masken war wunderschön und filigran. Sie umschloss sanft geschwungen den Kopf ihres Trägers, ließ Augenschlitze genau da, wo auch ein Terraner sie benötigen würde. Ein Muster wie aus kristallinem Feuer zog sich in schwerelos wirkendem Tanz darüber – und bewegte es sich nicht sogar tatsächlich?
    Die zweite Maske war einfach und simpel, schwarz, aus Plastik, eine glatte, glänzende Fläche, an einer Stelle schlecht geflickt. Im Vergleich wirkte sie wie Abfall, als habe sie jemand von einem Müllhaufen geklaubt, weil er sich nichts Besseres leisten konnte.
    Diese zweite, schäbige Maske war jene von Alaska Saedelaere. Er hatte nie Wert auf Schönheit gelegt. Zumindest nicht auf die eigene. Die Maske bedeckte und verdeckte das Cappinfragment in seinem Gesicht, und nur dies zählte. Denn sie musste einen Zweck erfüllen. Er trug sie nicht, um schön zu sein oder um etwas nach außen zu demonstrieren.
    Und nun diese seltsame Begegnung!
    Nicht nur sein Gesprächspartner aus dem fremden Schiff verhüllte sein Antlitz auf diese Weise; im Hintergrund des Hologramms erkannte Saedelaere einige weitere Besatzungsmitglieder. Sie alle waren maskiert.
    »Ich bin Gardeleutnant Pridon aus dem Reich der Harmonie«, stellte sich der andere vor. Gardeleutnant. Was immer dieser Rang genau bezeichnete, es handelte sich um einen militärischen Titel und erklärte die streng wirkende Uniform, die die humanoide Gestalt des anderen umschloss. »Kannst du mich verstehen?«
    »Das kann ich«, sagte Saedelaere.
    Das Reich der Harmonie! Er war also tatsächlich der richtigen Spur gefolgt! Schon seit er die Maskierten zuerst erblickt hatte, vermutete er es. Die Sprache des anderen kannte er, denn sie war im System des singenden Schwarzen Lochs gesprochen worden, von den Projektionen des Geisteswesens Tafalla.
    Gardeleutnant Pridon hob zwei kräftige Arme, die bis zu den Handgelenken in der blaugrünen Uniform steckten. Die Hände selbst hatten sechs Finger und grau marmorierte Haut, auf der am Handrücken einige Adern rasch pulsierten.
    Sechs?
    Nein, sieben. Oder? Ehe Saedelaere genauer hinsehen konnte, verschwanden sie aus dem Bereich der Wiedergabe.
    »Dennoch glaube ich dir nicht, Fremder«, sagte der Gardeleutnant, »dass du zum Reich der Harmonie gehörst – trotz deiner Kenntnisse und deiner Maske .« Das letzte Wort sprach er geringschätzig und abwertend aus.
    »Das ist korrekt«, gab Saedelaere unumwunden zu. »Ein solches Schauspiel wäre mir niemals in den Sinn gekommen. Ich wollte dich nicht täuschen. Ich verberge mein Gesicht aus völlig anderen Gründen. Doch das Reich der Harmonie ist mir wichtig. Ich suche es.«
    »So?«
    Da erst fiel Saedelaere auf, was er bislang versäumt hatte. Er nannte seinen Namen. Danach entschloss er sich zu einer vorsichtigen Geste der Freundlichkeit, um ein Signal zu setzen. »Es sieht aus, als könnte dein Schiff Hilfe gebrauchen.«
    Der Gardeleutnant zögerte kurz. Diese Zeit nutzte Alaska, um ihn genau zu mustern, insbesondere seine Maske.
    Kein Zweifel, die kristallinen, an Feuerflammen erinnernden Strukturen darauf bewegten sich tatsächlich kaum merklich. Ein verwirrender Effekt, der dem Schädel des Fremden eine eigenartige

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