PRIM: Netzpiraten (German Edition)
ohnehin völlig harmlos sind und ohne jeden Bezug auf die Arbeit des Präsidenten. Ich denke, dass Sie sich wegen der von PRIM angedrohten Veröffentlichung keine Sorgen machen müssen. Sie können die Echtheit der Mails bestreiten. Und in den USA gilt das Briefgeheimnis.“
„Denken Sie in Beagle nicht daran, dass PRIM ihr Faktorisierungsverfahren gleichzeitig auch im Ausland anbieten oder ausländische Regierungen zu erpressen versuchen könnten?“, fragte der Präsident.
„Doch, das tun wir“, antwortete Alice, „und es ist ein sehr beunruhigender Gedanke, jedenfalls wenn PRIM das Faktorisierungsproblem tatsächlich gelöst haben sollten. Sie wissen aber aus unseren Berichten und sicherlich auch von Mr. Moore, Sir, dass die CIA und das Außenministerium bisher nicht den kleinsten Hinweis auf eine derartige Aktivität von PRIM gefunden haben. Das zweite psychologische Gutachten über PRIM, das bei uns in Beagle gerade zur Genehmigung der Schlussfassung diskutiert wird, zeichnet ein Profil von PRIM als einer Gruppe von im Grunde ehrlichen Leuten mit einer Neurose. Sie scheinen zu glauben, dass sie weder Ruhm noch eine angemessene Vergütung erlangen können, wenn sie ihre Lösung veröffentlichen oder offen zum Kauf anbieten. Die Gutachter meinen, dabei könnte es eine Rolle spielen, dass in der Öffentlichkeit immer wieder darüber spekuliert wird, ob die NSA nicht längst eine Lösung gefunden hat und geheim hält. PRIM befürchten möglicherweise, auf Geheimhaltung einer bereits bekannten Lösung verpflichtet und mit einem Almosen abgefunden zu werden, wenn sie offen auftreten.“
Der Präsident nickte nachdenklich. Seine Frau kam noch einmal auf die Verschlüsselung der Mails zurück: „Miss Lormant, kann man eigentlich durch geeignete Zusatzmaßnahmen unser ja offenbar weit verbreitetes Mailverschlüsselungsprogramm so ändern, dass bei Verwendung des unveränderten Programms unsere Mails nicht zu entschlüsseln sind, selbst wenn ein Dieb dazu unsere privaten Schlüssel verwendet?“
Alice wusste sofort, worüber Pamela Stonington hier sprach. Sie durfte es sich nicht anmerken lassen. Deshalb fragte sie erst einmal nach: „Meinen Sie Änderungen des Programms oder des Verfahrens, die nur einem eingeweihten Kreis bekannt sind?“
„Ja. Wir gehen schließlich davon aus, dass PRIM unsere Mails nicht an meinem Rechner oder an dem meiner Schwester entschlüsseln.“
„Ich verstehe“, antworte Alice. „Solche Änderungen sind tatsächlich leicht umzusetzen. Sie sind nützlich, wenn keiner der Beteiligten etwas darüber nach draußen dringen lässt. Sie könnten zum Beispiel Ihre Mails vor oder auch nach der Verschlüsselung mit dem Public-Key-Verfahren mit einem anderen Verfahren verschlüsseln. Noch einfacher ist es, wenn die Beteiligten ein leicht verändertes PK-Programm verwenden. So werden zum Beispiel am Anfang des Programms ein paar Routinen mehrfach nacheinander ausgeführt. Wenn man die Zahl der Wiederholungen ändert, ich sage einmal als Beispiel um das Hundertfache, dann ist es nicht nur unmöglich, am Ergebnis die Art dieser Änderung zu erkennen, sondern es ist vor allem unmöglich, Nachrichten mit dem unveränderten Programm zu entschlüsseln.“
Alice wunderte sich nicht, dass ihre Antwort nicht weiter hinterfragt oder kommentiert wurde. Die Frage nach möglichen Verzögerungen durch die Vervielfachung der Rundenzahl lag auf der Hand. Die Kollegin Bissel hatte ganz offensichtlich für ausreichende Erklärungen gesorgt.
Moore war den Ausführungen Alices sichtbar ungeduldig gefolgt, vermutlich, weil er die die meisten Aussagen bereits aus der Arena kannte. Jetzt stellte er eine Frage, unmittelbar nachdem Alice geendet hatte: „Verfolgen Sie PRIM bei der NSA eigentlich auch mit Hilfe von Trojanern?“
Alice bemerkte aus den Augenwinkeln, wie der Präsident Moore einen kurzen Moment lang geradezu wütend ansah. Er übernahm das Gespräch, bevor Alice antworten konnte: „Charles, das führt uns jetzt zu weit. Unsere Fragen haben Sie bestens beantwortet, Miss Lormant.“
Der Präsident bedankte sich bei Alice und beendete das Gespräch mit dem Hinweis auf andere Verpflichtungen noch am gleichen Abend. Alice dankte für die Einladung und gab der Hoffnung Ausdruck, dass ihre Auskünfte nützlich waren. Sie hatte kaum geendet, als sich Pamela Stonington an ihren Mann wandte: „Miss Lormant erwartet übrigens deinen Anruf um 9 Uhr im Hotel.“
Stonington war sichtlich überrascht, und
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