PRIM: Netzpiraten (German Edition)
grün. Zum Schluss waren alle acht von PRIM gelieferten Faktoren grün hinterlegt. In der Arena war es sehr still. Niemand fragte Alice nach der Bedeutung der Grünfärbung. Alice änderte eine Ziffer irgendwo in der Mitte der dritten von PRIM gelieferten Primzahl von acht auf sieben. Die Zelle färbte sich rot. Es verging eine ganze Minute, bevor Samantha Krienitz die Stille beendete.
„Ganz ehrlich gesagt: Mir fehlen die Worte. Die Lage ist zweifellos ernst. Wer möchte Stellung nehmen?“
Hoover und Cooper telefonierten. Joergensen war aufgestanden und hinter Alices Sessel getreten, von wo aus er intensiv die Tabelle betrachtete. Alice hatte das Gefühl, dass alle darauf warteten, dass sie zuerst Stellung nahm.
„Angesichts unserer Vorsicht bei der Auswahl der Produktzahlen, die wir für PRIM ins Netz gestellt haben, kann ich mir keine Trickserei bei der Faktorisierung vorstellen. Wir sollten aber sicherheitshalber noch zu Protokoll geben, woher die von unserer Seite eingesetzten Primzahlen stammen. Woher sie ursprünglich stammen. Es wäre sicherlich nicht gut, wenn sie alle aus der gleichen Quelle kommen. Mr. Blunt?“
Blunt wirkte verlegen. „Ich glaube sie kommen aus der Firma. Aber ich werde nachfragen.“ Er griff zum Telefon.
„Und das Pentagon, Mr. Merveny?“, fragte Alice.
„Aus unserer Abteilung Software-Entwicklung und Crypto-Systeme. Die Zahlen wurden neu generiert und nicht aus bereits vorliegenden Zahlen ausgewählt. Die Abteilung hat auch die Produkte für uns ausgerechnet.“
Krienitz antwortete ohne Aufforderung. „Wir haben die Primzahlen und die Produkte vom MIT. Wir haben schriftlich Vertraulichkeit vereinbart. Ich muss aber nachfragen, ob die Primzahlen neu generiert worden sind. Oder ob sie bereits vorhanden waren.“
Inzwischen konnte Blunt seine Aussage korrigieren: „Unsere Zahlen haben wir uns bei der NSA besorgt. Wir haben ausdrücklich neue Primzahlen verlangt und die Stellenzahl vorgegeben. Die Produkte wurden auch von der NSA berechnet.“
„Meine Zahlen stammen natürlich auch von uns, von der NSA“, ergänzte Alice der Vollständigkeit halber.
Später berichtete Samantha Krienitz, dass auch die Primzahlen vom MIT neu waren. „Sie halten da lange Listen mit Primzahlen in unterschiedlichen Längen bis über eintausend Stellen vor für irgendwelche Forschungen. Und selbst im Internet gibt es solche Listen, wenn auch nicht so umfangreiche. Unsere Kontakte im MIT haben uns sogar darauf hingewiesen, dass Primzahlen aus bekannten Listen für kryptologische Zwecke unbrauchbar sind. Sie haben neue Zahlen für uns generiert. Uns wurde gesagt, dass das einschließlich Prüfungen nur Sekunden dauert.“
Die anschließende Diskussion war intensiv aber kurz, weil Joergensen ausgewählte Vertreter des Nationalen Sicherheitsrats, einen kleinen Kreis von elf Leuten, für den Nachmittag einberufen hatte. Und vorher wollte der Präsident über die Ergebnisse der Beagle-Sitzung informiert werden.
* * *
Der Sicherheitsrat kam im Oval Office zusammen und nicht wie gewöhnlich im Kabinettsaal im Westflügel. Joergensen berichtete in aller Kürze über die neuesten Entwicklungen im PRIM-Fall.
„Gibt es dazu Fragen?“, beendete er seine Ausführungen.
Kenneth Maltese räusperte sich und Präsident Stonington nickte ihm auffordernd zu. Maltese lehnte sich vor und blickte kurz in die Runde, bevor er zu sprechen begann.
„Vielen Dank, Joergensen. Ich glaube nicht, dass es zu den vorgetragenen Tatsachen Fragen gibt. Die Fragen betreffen vielmehr unsere Einschätzung der Fähigkeiten PRIMs, die voraussichtlichen weiteren Aktionen PRIMs und unser weiteres Vorgehen. Und bevor wir diese drei Themen diskutieren, möchte ich eine Information weitergeben, die mir vor wenigen Minuten zugegangen ist. Danach ist dem MI6 ein Programm zur Faktorisierung großer Produkte zum Kauf angeboten worden. Unsere Quelle hat berichtet, dass die Briten die Herkunft des Programms - sofern es echt ist - bei unserer NSA vermuten. Ein Kaufpreis scheint noch nicht genannt worden zu sein.“
Ernest Grey fühlte sich angesprochen. „Dann wird es interessant sein zu sehen“, sagte er, „ob MI6 oder die englische Regierung bei uns nachfragen. Daran würden wir auch sehen, wie sie die Fähigkeiten der NSA einschätzen. Aber im Ernst: Wir müssen konstatieren, dass PRIM ihre Drohungen ein Stück weiter in die Tat umgesetzt haben.“
„Es ist bezeichnend und stimmt mit dem bisherigen Vorgehen
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