Prinzessin in Pink
Asperger-Syndrom leidet, dann ja wohl Rommel.
O Gott, ich höre, wie sich der Drache regt...
Vielleicht sollte ich ganz schnell mein Abschlussballkleid an mich reißen, zur Tür stürzen und zu Tina flüchten, um mich in der relativ ruhigen Wohnung der Hakim Babas auf den großen Abend vorzubereiten...
Na klar. Das ist es! Genau das mach ich! Wieso bin ich nicht
früher drauf gekommen? Es tut mir zwar ehrlich unendlich Leid, Mom und Mr G mit Grandmère allein lassen zu müssen, aber mir bleibt keine Wahl. SCHLIESSLICH GEHT ES UM DEN ABSCHLUSSBALL!!!!!!!!!
Wenn es jemals eine Situation gab, in der so ein Schritt gerechtfertigt war, dann diese.
Samstag, 10. Mai, 14 Uhr, bei Tina
Ich hab’s getan. Ich bin aus der »Casa Horrifico« geflohen.
Tina und ich sitzen sicher und ungestört in ihrem Zimmer und klären mithilfe einer hitzeaktiven Schlammmaske unsere Gesichtsporen, nachdem wir uns bei »Miz Nail« gleich unten um die Ecke die Nägel haben machen lassen (ich nur die Nagelhäutchen, weil ich ja keine nennenswerten Nägel besitze). Gleich kommt die Friseurin von Mrs Hakim Baba und macht uns die Haare.
Das ist ganz genau das, was man vor einem Abschlussball tun sollte: sich verschönern. Und nicht der eigenen Mutter und Großmutter zuhören müssen, die sich gegenseitig beschuldigen, die letzte Flasche Gatorade getrunken zu haben (Grandmère hat nämlich entdeckt, dass ihr Gatorade mit einem Schuss Wodka sehr gut schmeckt).
Natürlich hab ich Schuldgefühle, weil Mom jetzt keine Gelegenheit hat, diesen wichtigen Tag in meiner Entwicklung zur Frau mitzuerleben. Aber sie hat andere Sorgen. Sie muss ein Kind in sich reifen lassen. Und beruhigende Atemübungen machen, damit sie Grandmère nicht erwürgt.
Übrigens klingen die Berichte über die Streikverhandlungen nicht sehr viel versprechend. Als wir das letzte Mal New York One eingeschaltet haben, zeigten sie gerade den Bürgermeister, der alle New Yorker dazu aufrief, sich mit Grundnahrungsmitteln wie Brot und Milch einzudecken, weil die chinesischen und italienischen Lieferdienste inzwischen auch streiken.
Ich möchte mal wissen, was Mr G, Mom und Grandmère heute essen sollen, wenn »Number One Noodle Son« nicht mehr liefert. Hoffentlich sind die Fertiggerichte im Jefferson Market noch nicht ausverkauft.
Nicht dass mich das wirklich belasten würde. Nicht heute. Meine einzige Sorge ist, ob ich auch schön genug bin für den Abschlussball.
Weil ich nämlich heute wie jedes andere Mädchen bin, das auf den Abschlussball geht. Ich bin eine
ABSCHLUSS
BALL
PRINZESSIN
!!!!
Samstag, 10. Mai, 20 Uhr, in der Limo unterwegs zum Abschlussball
Wahnsinn, bin ich aufgeregt! Ich halte es kaum aus. Tina und ich sehen SUPERTOLL aus. Echt. Auch wenn Eigenlob stinkt. Wenn die Jungs uns sehen (wir treffen sie erst auf dem Ball, weil sie ja noch ihre Instrumente aufbauen müssen), fallen sie garantiert um.
Wobei es schon blöd ist, dass Tina und ich nicht bloß zwei entzückende, perlenbestickte Abendtäschchen dabeihaben, sondern auch noch unsere zwei Bodyguards. In keiner der Spezial-Abschlussballausgaben der Mädchenzeitschriften, die wir zur Vorbereitung gekauft hatten, wurde darüber ein Wort verloren. Dabei hätten wir dringend ein paar Tipps à la »Was ziehe ich meinem Bodyguard zum Abschlussball an« gebraucht.
Lars und Wahim haben sich voll angestellt, weil sie einen Smoking anziehen mussten.
Aber dann hab ich erwähnt, dass Mademoiselle Klein auch da sein wird und ich zufälligerweise genau weiß, dass sie sich ein Kleid mit einem Schlitz in der Seite bestellt hat. Danach haben sie sich noch nicht einmal beschwert, als Tina und ich ihnen farblich passende Blumen ins Knopfloch steckten. Sie sehen echt niedlich aus... ein bisschen wie Siegfried und Roy. Nur ohne die Tiger und die Solariumsbräune.
Ich hab ihnen übrigens nicht gesagt, dass Mr Wheeton auch da sein wird... und zwar als Mademoiselle Kleins offizieller Begleiter. Irgendwie hatte ich den Verdacht, dass ihnen das die Laune wieder verderben würde.
Gottogott, bin ich nervös. Ich schwitze sogar vor lauter Aufregung. Langsam glaube ich, fünfzehn ist das beste Alter überhaupt. Ich hab zum ersten Mal »Sieben Minuten im Paradies« gespielt, und jetzt gehe ich auch noch zu meinem ersten Abschlussball …
Ich bin wirklich das glücklichste Mädchen der Welt.
O Gott, schluck - wir sind DA!!!!!!!!!!!!!
Samstag, 10. Mai, 21 Uhr, auf der Aussichtsterrasse des Empire State Buildings
Ich hätte
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