Projekt Sakkara
scheint mir fast eine Fügung des Schicksals, dass Sie hier und jetzt an dieser Stelle stehen, wo ich eine Entscheidung über meine Nachfolge treffen muss.«
»Eine Fügung des Schicksals, Mister Guardner, war es wohl weniger«, sagte Melissa lächelnd. Der Alte sah sie irritiert an, blickte dann zum Weißbärtigen hinüber und dann wieder zurück zu ihr. »Ich bekam im September Post«, erklärte sie. »Ein Päckchen ohne Absender. Darin befand sich ein Buch mit dem Titel Langfristige globale Entwicklungskausalität , ein Werk von einem Professor Peter Lavell, und ebenfalls enthalten war ein Prospekt, der eine Konferenz in Hamburg ankündigte, auf der Professor Lavell als Redner auftreten würde. Nachdem ich beides studiert hatte, wurde mir klar, dass mich irgendjemand auf seine speziellen Fachgebiete aufmerksam machen wollte. Also reiste ich nach Deutschland.« Sie wandte sich an Patrick und Peter, die ihr ungläubig zuhörten. »Es stimmt, ich traf Sie, Peter, nicht halb so blauäugig, wie ich vorgab. Es tut mir leid, dass ich Sie getäuscht habe. Aber schon nach unseren ersten Gesprächen in Hamburg und in Kairo wurde mir klar, dass wir auf einer gemeinsamen Suche waren. Und mit Patrick verband mich schnell eine ganz besondere Nähe, die mich tiefer berührte als die bloßen Diskussionen über die Geschichte Ägyptens und der Weisheit der Welt.« Sie strich Patrick über eine Wange. Dann drehte sie sich zu Al Haris um. »Sie waren es, der mir das Paket schickte, richtig? Sie haben mich auf die Spur dieser beiden ganz besonderen Menschen gesetzt!«
Al Haris nickte, als sich die Augen aller auf ihn richteten.
»Ja«, sagte er dann, »das ist wahr. Ich war es, der Ihnen diese Post schickte. Tatsächlich waren Sie mir schon vor einigen Jahren aufgefallen, aber Ihre Beschäftigung schien in der letzten Zeit orientierungslos geworden zu sein. Ich hoffte, dass Sie Ihre Kraft und Ihre Rechtschaffenheit auf den richtigen Weg zurückführen würden. Und außerdem«, damit wandte er sich an Peter und Patrick, »hatte ich bereits befürchtet, dass Sie beide diese Suche zwar ebenso fabelhaft bewältigen würden wie jene in Südfrankreich, dass Sie jedoch kein Interesse haben würden, sie hier zu beenden.«
»Was soll das heißen?«, fragte Patrick.
»Es bedeutet, dass ich wohl um Ihren Scharfsinn und um Ihren Instinkt weiß – und dass diese Sie sicher schon bald auf eine neuerliche Reise in die Vergangenheit führen werden.«
Patrick schüttelte den Kopf. »Sie haben uns die ganze Zeit etwas vorgelogen!«, rief er aus. »Sie, Mister Guardner, Sie haben uns auf eine Suche geschickt, die Sie schon längst beendet hatten! Und Sie, Al Haris, van Germain oder wie auch immer Sie heißen: Sie haben uns in Frankreich hingehalten, und jetzt haben Sie Melissa als Marionette benutzt. Und Ihrem alten Freund Guardner hatten Sie nicht einmal davon erzählt! Was sind Sie eigentlich für erbärmliche Gestalten?!«
»Es war falsch«, sagte Oliver Guardner und nickte, »und es tut mir leid.«
»Und ich versichere Ihnen«, fügte der Weißbärtige mit fester Stimme hinzu, »dass ich mich in Zukunft zurückhalten werde. Ich pflege üblicherweise nicht, in Geschicke korrigierend einzugreifen, ich öffne nur Türen und ebne Wege. Seien Sie sich jedoch bewusst, dass Sie beide bereits dabei sind, einen Weg zu beschreiten, einen Weg der Erkenntnis, von dem es nur schwerlich ein Zurück gibt. Es ist eine große Ehre, und es liegt noch mehr vor Ihnen, als Sie sich jetzt vorstellen können.«
»Und damit«, fuhr der alte Guardner fort, »wollen wir diese Diskussion beschließen. Es ist an der Zeit, die Bestimmung des Tages und unserer Zusammenkunft nun zu erfüllen. Und nach dem, was ich gerade gehört habe, bin ich mir in meiner Entscheidung nur umso sicherer.« Er sah Melissa an und legte eine Hand auf ihre Schulter. »Miss Joyce, ich bin fünfundsechzig Jahre lang der Hüter dieser Halle der Aufzeichnungen gewesen. Ich übernahm diese Aufgabe von einer Frau, die sie vor mir innehatte, und nun möchte ich Sie fragen, ob Sie an meine Stelle treten möchten. Möchten Sie zur neuen Hüterin werden?«
Es dauerte einen Augenblick, bis Melissa antworten konnte. »Ich weiß es nicht«, war schließlich alles, was sie hervorbrachte. »Ich weiß nicht, ob ich es kann«, fügte sie dann hinzu, »aber ich möchte es gerne versuchen.«
Ein strahlendes Lächeln zog über Oliver Guardners Gesicht. »Das hatte ich gehofft!« Dann wandte er sich an die
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