Psychologische Homöopathie
Alumina.
Ängstlichkeit
Bei der geistigen und emotionalen Labilität von Alumina ist es nicht überraschend, daß sie konstitutionell sehr leicht ängstlich reagiert. Alumina ist ein außergewöhnlich furchtsamer Typ und sehr anfällig für Panikattacken und Phobien. Gewöhnlich fürchtet sie, wahnsinnig zu werden, und im Zusammenhang damit hat sie Angst, ihren selbstmörderischen oder mörderischen Impulsen nachzugeben. Aber auch jede andere Art von Furcht kann auftreten. Dazu gehört im allgemeinen die Furcht vor Menschen, besonders vor Gruppen von Menschen, wie sie bei vielen Leuten auftritt, die sehr ängstlich sind. Bei Alumina führt die Furcht oft zu Schlaflosigkeit. Sie liegt nachts wach und macht sich zwanghaft Sorgen darüber, wie sie den nächsten Tag bewältigen soll, oder sie sorgt sich über irgendeine Qual, die sie in naher Zukunft erwartet. Bei den zerstreuten Gedankengängen von Alumina können selbst kleine Aufgaben wie das Schreiben eines Dankes Ängste auslösen, und jede Veränderung ihrer Umgebung oder ihrer alltäglichen Routine kann Alumina in Panik versetzen. So ist es beispielsweise unwahrscheinlich, daß sie sich auf das Abenteuer eines Urlaubs einläßt, sofern sie nicht einen starken und zuverlässigen Partner hat, und selbst dann sind Urlaubsreisen für sie wahrscheinlich kaum zu bewältigen, weil sie mit zuviel Streß verbunden sind.
Eine meiner Alumina-Patientinnen hatte eine ungeheure Furcht, Fehler zu machen, und wurde deshalb zur Perfektionistin. Nur selten versuchte sie, irgend etwas zu tun, das über ihre notwendigen täglichen Aufgaben hinausging.
Wie andere Typen, die für geistige Störungen anfällig sind (Argentum nitricum, Mercurius, Acidum phosphoricum), neigt Alumina dazu, eine große Eile zu entwickeln, wenn sie ängstlich ist (Kent: »auffallende Hast«). Gewöhnlich handelt es sich dabei um eine ziellose Hetze, in der man nur sehr wenig zustande bringt, weil der Geist so zerstreut ist. Je mehr Alumina in Eile ist, desto weniger kann sie bewältigen, und so beginnt ein Teufelskreis. Er kann darin gipfeln, daß die Patientin mit einem Nervenzusammenbruch in die Psychiatrie eingewiesen wird. Aluminas Eile wird oft begleitet von dem Gefühl, wegzuwollen, entkommen zu wollen, obwohl die Patientin nicht die geringste Idee hat, wo sie hinwill.
Körperliche Erscheinung
Ich habe nur wenige Alumina-Patientinnen gesehen, deshalb gebe ich die Beschreibung ihrer körperlichen Erscheinung nur unter Vorbehalt. Die meisten waren sehr dünn, mit knochigen Gesichtszügen und gerunzelten Augenbrauen. Ihr Haar war manchmal hell und manchmal dunkel, aber sie trugen es fast immer sehr lang. (Insofern erinnert das äußere Bild oft an Sepia, wodurch die Möglichkeit einer Verwechslung der beiden Typen noch größer wird. Anders als bei Sepia ist die Haut jedoch gewöhnlich blaß.)
Anacardium
Grundzug: zwei Seelen in der Brust
Dies ist ein seltener Konstitutionstyp, und meine Beobachtungen müssen unter Vorbehalt betrachtet werden, weil sie sich nur auf wenige Patienten gründen. Die wesentlichen Charakterzüge der Anacardium-Persönlichkeit sind jedoch ziemlich dramatisch und schwer zu verfehlen, vorausgesetzt der Patient fühlt sich seinem Homöopathen gegenüber unbefangen genug, um offen darüber zu sprechen. Die alten Arzneimittellehren betonen die gespaltene Natur der Willenskraft von Anacardium (Kent: »steht in beständigem Widerspruch mit sich selbst«, »scheint zwischen einem guten und einem bösen Willen hin und her geworfen zu werden«). Nach meiner Erfahrung besteht diese Spaltung zwischen einer normalen, empfindsamen Persönlichkeit und einer in scharfem Gegensatz dazu stehenden perversen oder »dämonischen« Unterpersönlichkeit, die versucht, von dem betreffenden Individuum Besitz zu ergreifen und es zu obszönen Handlungen zu zwingen (Kent: »Sein böser Wille verleitet ihn zu Gewalttätigkeiten und Ungerechtigkeiten, aber sein guter Wille hält ihn zurück und hemmt ihn«). Das Repertorium führt viele Charakteristika der »bösen« Seite von Anacardium auf (Arglist, Paranoia, Grausamkeit, Neigung zum Fluchen, Gefühllosigkeit, Raserei). Die Anacardium-Patienten, die ich gesehen habe, hatten jedoch genügend Selbstkontrolle, den Versuchungen ihrer dämonischen Seite zu widerstehen, obwohl sie zeitweilig in heftige Kämpfe ihrer beiden Willenskräfte verstrickt waren (was auf verblüffende Weise an klassische Beschreibungen von Besessenheit erinnert).
Der
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