Psychologische Homöopathie
erfolgreichen Versuch mit Sepia, ihr Alumina 10M gab. Danach weinte sie überhaupt nicht mehr während der Konsultation und sagte, ihre Stimmungslage sei sehr viel stabiler geworden.
Alumina ist vorzugsweise ein Mittel für Frauen, besonders für solche, bei denen sich die Stimmungsschwankungen vor der Menstruation verstärken. Sowohl die Verzweiflung als auch die Aggression kann während dieser Zeit stärker werden, und damit geht die Furcht der Patientin einher, sich selbst zu verletzen. Alumina hat einen sehr charakteristischen Impuls, sich beim Anblick eines Messers oder eines anderen scharfen Gegenstandes selbst zu töten. Eine Patientin mußte ständig dem Impuls widerstehen, sich selbst mit einer Rasierklinge zu töten (Kent: »Wenn sie scharfe Instrumente oder Blut sieht, schaudert sie davor. Ein Werkzeug, das zum Morden oder Töten gebraucht werden könnte, weckt in ihr entsprechende Impulse; sie hat den Wunsch, sich das Leben zu nehmen«). Wie Kent feststellt, ist Alumina auch dann für solche Impulse anfällig, wenn sie keine Depressionen hat.
Dieselben Stimmungen, die vor der Menstruation von der Alumina-Patientin Besitz ergreifen, können in Form einer Wochenbettdepression nach der Geburt eines Kindes auch länger dauern. In dieser Phase kann der Impuls, das Kind zu töten, stärker sein als die Tendenz zum Selbstmord, und das wird bei der armen Alumina-Mutter sowohl Entsetzen als auch massive Schuldgefühle hervorrufen.
Alumina wird in Kents Repertorium weder unter der Rubrik »Bedürfnis nach Gesellschaft« noch unter der Rubrik »Abneigung gegen Gesellschaft« erwähnt, und ich habe bei meinen Patientinnen weder das eine noch das andere als beständiges Merkmal gefunden. Während der depressiven Phasenwünschen einige Patientinnen Gesellschaft, während andere sie meiden. Eine depressive Alumina-Frau berichtete über ein heftiges Gefühl von starkem Abscheu gegenüber sich selbst und ein Gefühl, daß sie niemanden sehen und mit niemandem sprechen wollte. Dieses Gefühl besserte sich nach der Mittelgabe.
Gewalt
An Alumina sollte der Homöopath immer denken, wenn er über einen Fall stolpert, in dem sich geistige Verwirrung mit gewalttätigen Gedanken und Impulsen paart. Alumina spürt manchmal das Bedürfnis, sich selbst Gewalt anzutun, manchmal anderen. Sie bekommt gelegentlich heftige Wutanfälle, obwohl sie meist ihre Wut nicht gegen andere Personen richtet, sondern eher die Türen zuschlägt, mit irgendwelchen Gegenständen um sich wirft oder laut flucht. Dabei ist Alumina gewöhnlich eine ruhige, freundliche Person, die ihre eigene gewalttätige Seite haßt (Kent: »stilles, ruhiges Wesen«). Häufig muß der Homöopath erst ihr Vertrauen gewinnen, ehe sie zugibt, daß sie solche gewalttätigen Impulse fühlt. Sie wird oft über Gefühle von Ärger und Wut klagen, aber nicht die mörderischen Impulse offenbaren, bevor man sie nicht ausdrücklich danach fragt. (Dasselbe gilt für die sexuellen und gewalttätigen Impulse von Hyoscyamus und Platina.) Wenn ihr klar wird, daß der Homöopath über solche Dinge nicht schockiert ist, wird sie gewöhnlich erleichtert sein, daß sie nun über ihre merkwürdigen Einfälle sprechen kann. Eine Alumina-Patientin sagte, wenn sie ärgerlich oder wütend sei, habe sie das Gefühl, es komme Gift aus ihr heraus. Eine andere spürte zeitweise, daß sie fähig war zu töten, und stellte sich vor, wie sie ihrem Kind oder ihrem Mann den Kopf abschlug. Diese gewalttätigen Gedanken von Alumina, seien sie nun gegen sie oder andere gerichtet, haben fast immer etwas mit Schneiden zu tun. Die Patientinnen sind in der Regel empfindsam und haben genügend Selbstkontrolle, um ihren Impulsen zu widerstehen. Gleichwohl verursachen diese plötzlichen Eingebungen erheblichen Streß, und es gibt wahrscheinlich ein Gewaltpotential, das auch aktiviert werden könnte.
Man kann Alumina leicht mit Sepia verwechseln, die auch anfällig ist für gewalttätige Gedanken gegenüber geliebten Angehörigen und das Gefühl haben kann, daß sie den Verstand verliert. Die geistige und emotionale Pathologie von Alumina ist jedoch ernster als bei Sepia. Sepia steht selten am Rande des Wahnsinns, ist nicht annähernd so selbstmordgefährdet und hat keine Zwangsvorstellungen über Schneiden und Stechen. Außerdem hat Sepianicht das Gefühl der Unwirklichkeit wie Alumina, und die ausgeglichene Sepia-Persönlichkeit ist im allgemeinen weit besser integriert und gesünder als
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