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Psychologische Homöopathie

Psychologische Homöopathie

Titel: Psychologische Homöopathie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip M. Bailey
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miteinander aus. Der Sohn respektierte die Stärke des Vaters und die Tatsache, daß dieser sich aus der Gosse bis zum Millionär hochgearbeitet hatte, doch für sich selbst verzichtete er auf die eher herzlosen Taktiken seines Vaters. Der Vater war infolge seiner harten Kindheit zum skrupellosen Geschäftsmann geworden, wogegen dem Sohn durch seinen Vater ganz andere Möglichkeiten offenstanden. Er hatte es nicht nötig gehabt, zu kämpfen oder seine Position durch Betrug und Erpressung zu erlangen, und deshalb war er ein angenehmer und vernünftiger Chef. Er war immer noch der Sohn seines Vaters und hätte einen Angestellten, der seine Aufgabe nicht erfüllte, ohne Zögern gefeuert, aber er griff die Leute nie von hinten an.
    Der Nux-Kaiser, der sich von ganz unten hochgearbeitet hat, ist der schlimmste Despot. (Daß Kent Nux nicht unter der Rubrik »diktatorisch« aufführt, ist sehr befremdlich. Es müßte dort in Fettdruck stehen.) Er muß immer seinen Willen durchsetzen, und den Ausdruck »Kompromiß« übersetzt er als »Schwäche«. Diese Variante von Nux ist tatsächlich mehr ein Kaiser als ein König. Er ist ständig darauf aus, sein Reich zu erweitern, und wendet sowohl Tricks als auch Gewalt an, um sein Ziel zu erreichen. Der erwähnte Nux-Vater baute sein Firmenimperium ganz allein auf, nachdem er als einfacher Angestellter in einem Reisebüro begonnen hatte. Während seines kometenhaften Aufstiegs zu Macht trampelte er ziemlich viele Leute nieder, die ihm im Weg waren. Seine Tochter erzählte mir, ihr Vater habe dafür gesorgt, daß er gegen jeden, den er beeinflussen wollte, etwas »in der Hand« hatte. Mit anderen Worten, er erpreßte die Leute. Das tat er zu Hause genauso skrupellos wie im Geschäftsleben. Wenn seine Tochter sich weigerte zu tun, was er wollte, drohte er damit, ihr Pferd zu verkaufen, oder schlimmer noch, er verglich sie auf unvorteilhafte Weise mit der Tochter seiner Mätresse. Im Geschäftsleben wußte er alles über jeden. Selbst weniger skrupellose Nux-Menschen haben meist gute Verbindungen, die sie benutzen, um Einfluß zu gewinnen und Kritik zu vermeiden, aber der Nux-Tyrann verwendet seine Informationen auch, um Gegner und Untergebene zu erpressen. Solche Leutesind niemals ohne Hintergedanken großzügig, wobei es ihnen in der Regel darum geht, mehr Macht zu gewinnen, mehr Vergnügen zu haben oder sich vor Verfolgung zu schützen.
    Ich erinnere mich daran, wie ich das erste Mal den skrupellosen Nux-Vater des vernünftigeren Nux-Sohnes traf. Ich hatte alles über seine Skrupellosigkeit erfahren, war aber auch gewarnt worden, er sei so charmant, daß ich ihn mögen würde. Ich war überzeugt davon, daß ich seinen Charakter durchschauen würde, aber wir waren mit dem Abendessen noch längst nicht fertig, da war ich seinem Charme schon erlegen. Sein Verstand war scharf, sein Wissen umfassend und differenziert, sein Verhalten großzügig. Ich bezweifelte nicht, daß er skrupellos war, aber ich genoß den Abend.
    So viele Tyrannen wirken nach außen sanft und charmant. Sie bleiben teilweise an der Macht, weil andere Angst vor ihnen haben, teilweise aber auch, weil es ihnen gelingt, die Massen zu täuschen und den Eindruck zu erwecken, es gehe ihnen um die Interessen des Volkes. (Der große Psychoanalytiker C. G. Jung war von dem italienischen Diktator Mussolini nach der ersten Begegnung sehr beeindruckt. Er schrieb über dessen Schwung und rein körperliche Anziehungskraft, die ganz im Gegensatz zu dem düsteren Eindruck stand, den er von Adolf Hitler hatte, dessen Treffen mit Mussolini er aus der Ferne beobachtete. Ich vermute, dieser Gegensatz spiegelt die Unterschiede zwischen geistig gesunden Nux-Diktatoren wie Mussolini und geisteskranken Stramonium- oder Veratrum-Diktatoren wie Hitler.)
    Wie andere Nux-Typen ist der Kaiser ein pragmatischer Mensch. Wenn er ein Geschäftsmann ist, weiß er genau, wann er kaufen und verkaufen muß. Er weiß, welches Luxusauto er sich zulegen muß und welcher Arzt eine Abtreibung ohne lästige Fragen vornimmt. Er hat sein Leben vollständig unter Kontrolle und wird nur kleine Teile seiner Verantwortung delegieren, und auch diese nur an Personen seines Vertrauens (die sehr oft mit ihm verwandt sind – Nux neigt zu einer Sippenmentalität; er kümmert sich um seine Familie und vertraut seinen Angehörigen). Dabei kommen einem viele Beispiele von Nux-Kaisern in den Sinn. Typischerweise gehören dazu Mafiabosse, die nach außen respektabel wirken

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