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Vorkosigan 13 Komarr

Vorkosigan 13 Komarr

Titel: Vorkosigan 13 Komarr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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Der letzte schimmernde Splitter von
    Komarrs Sonne schmolz hinter den niedrigen Hügeln am westlichen Horizont dahin. Ihm folgte am Himmelsgewölbe das reflektierte Feuer des Sonnenspiegels, das sich strahlend vom dunkelnden, purpurn getönten Blau abhob.
    Als Ekaterin zum ersten Mal von der Oberfläche des
    Planeten Komarr aus die hexagonal angeordnete Soletta erblickt hatte, war diese ihr sofort wie ein riesiger Schmuck zum Winterfest vorgekommen, der wie eine aus Sternen gebildete Schneeflocke gütig und tröstend am Himmel hing. Jetzt lehnte Ekaterin auf ihrem Balkon, der eine Aussicht auf den zentralen Park der Kuppelstadt Serifosa gewährte, und blickte ernst und prüfend durch die
    Glaswölbung über ihrem Kopf auf den asymmetrischen
    Lichtfleck. Vermeintlich funkelnd hob er sich vom allzu dunklen Himmel ab. Drei der sechs Scheiben der Sternenflocke leuchteten überhaupt nicht, die mittlere siebte war blockiert und gab nur noch mattes Licht.
    Die Erdbewohner der alten Zeit, so hatte sie gelesen, hatten Veränderungen am uhrwerkhaften Ablauf der Vorgänge an ihrem Himmel – Kometen, Novae, Sternschnuppen – als beunruhigende Omina und Vorzeichen für Katastrophen in der Natur oder Desaster im Staat angesehen; schon in dem Wort Desaster war in der Wurzel astet/astron der astrologische Ursprung dieses Begriffs 6
    enthalten gewesen. Die Kollision vor zwei Wochen
    zwischen einem innerhalb des Systems zirkulierenden, doch außer Kontrolle geratenen Erzfrachter und dem
    Sonnenspiegel, welcher Komarr mit Solarenergie versorgte, war buchstäblich ein Desaster gewesen, und zwar auf der Stelle für das halbe Dutzend komarranischer Angehöriger der Mannschaft auf der Soletta-Station, die ums Leben gekommen waren. Doch danach schien es sich in Zeitlupe abzuspielen; bis jetzt hatte es die abgeschlossenen Kuppelbiotope, welche die Bevölkerung des Planeten beherbergten, kaum in Mitleidenschaft gezogen. Drunten im Park errichtete eine Gruppe von Arbeitern hohe Träger mit zusätzlichen Beleuchtungskörpern. Ähnliche Notmaßnahmen in den Treibhäusern, wo die Nahrung für die Stadt produziert wurde, mussten nahezu abgeschlossen sein, wenn man diese Arbeiter und diese Anlagen für eine so dekorative Aufgabe übrig hatte. Nein, rief sie sich ins Gedächtnis: Unter dieser Kuppel gab es keine dekorative Vegetation. Jede trug ihren Teil zu dem biologischen Reservoir bei, das hier letztlich das Leben aufrechterhielt.
    Die Gärten in den Kuppeln würden leben, gehegt von ihren menschlichen Symbionten.
    Außerhalb der Kuppeln stellte sich eine völlig andere Frage bezüglich der empfindlichen Pflanzungen, mit denen man sich abmühte, eine ganze Welt zu biotransformieren.
    Ekaterin kannte die Berechnungen, die seit zwei Wochen Abend für Abend an ihrem Esstisch erörtert wurden, von den Prozent Sonneneinstrahlung, die am Äquator verloren gingen. Die Tage waren jetzt bewölkt wie im Winter –
    allerdings auf dem gesamten Planeten, und das immer 7
    weiter und weiter, bis wann? Wann würden die Reparaturen abgeschlossen sein? Das heißt: Wann würden sie überhaupt beginnen? Als Sabotage war die Zerstörung unerklärlich, falls es sich denn um Sabotage handelte; als Halbsabotage war sie jedoch doppelt unerklärlich. Wann wird man es noch einmal versuchen? Falls es überhaupt ein man war, eine grässliche Bosheit, und nicht bloß ein grässlicher Unfall.
    Sie seufzte und wandte sich von dem Anblick ab, dann schaltete sie die Scheinwerfer ein, die sie aufgestellt hatte, um ihren eigenen winzigen Garten auf dem Balkon zu
    versorgen. Einige der barrayaranischen Pflanzen, die sie gesetzt hatte, waren besonders empfindlich hinsichtlich ihrer Beleuchtung. Sie überprüfte das Licht mit einem Messgerät, schob zwei Kästen mit Hirschjägerranken näher an die Lichtquelle heran und stellte die Zeitschaltuhren ein.
    Dann ging sie zwischen ihren Pflanzen umher, überprüfte mit empfindsamen und erfahrenen Fingern Temperatur und Feuchtigkeit des Bodens und goss behutsam, wo es nötig war. Kurz erwog sie, ihre alte Bonsai-Skellytum nach drinnen zu stellen, um ihr kontrolliertere Bedingungen zu bieten, aber hier auf Komarr war ja in Wirklichkeit überall
    »drinnen«. Seit fast einem Jahr hatte Ekaterin keinen Wind mehr in den Haaren gespürt. Sie fühlte sich seltsam schmerzhaft mit der verpflanzten Ökologie da draußen verbunden, die langsam an Licht-und Wärmemangel
    dahinstarb und in einer toxischen Atmosphäre erstickte…
    Das ist töricht!

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