Psychosomatische Homoeopathie
häufiger machen und mit der sie relativ locker umgehen können. Es sind Stehaufmännchen, die noch im Moment der Niederlage lächeln können.
Etwa ein Drittel aller Menschen spricht auf Lycopodium als Arznei an, weshalb es in homöopathischen Arzneimittellehren auch eines der großen Polychreste genannt wird.
In jüngeren Jahren zeigt Lycopodium seine Wirkung vor allem bei Menschen, die sich einer Situation nicht gewachsen fühlen, weil sie sich als zu schwach oder sogar minderwertig empfinden. Dazu gehören im klassischen Sinne kleine Männer, die immer etwas älter wirken als sie sind, eher blass und hager mit dünnen Beinen und einem kugeligen Bauch. Diese Minderwertigkeitsgefühle können aber auch in anderen Bereichen empfunden werden und gut auf Lycopodium ansprechen. So kann es jemand sein, dem eine Ausbildung für den Beruf fehlt, den er nun erfüllen soll, oder jemand mit einem jüngeren, hübscheren oder erfolgreicheren Partner. Dieses Ungleichgewicht kann Versagensängste und dadurch eine Lycopodium-Konstitution hervorrufen.
Um sich in diesen Situationen zu behaupten, bläst sich der Lycopodium-Typ bildlich gesprochen auf, um größer zu wirken. Körperlich entwickelt er starke Blähungen im Darm und spricht mit einer deutlich mit Luft gefüllten Lunge. Seelisch neigt er dazu, sich als weit wichtiger darzustellen, als er ist. Er vermeidet Hinweise auf eigene Schwächen und Defizite und übertreibt alle Verdienste. Im Gegenzug versucht er andere bei ihren Schwächen zu packen und ihre Verdienste zu schmälern, um sie weniger eindrucksvoll erscheinen zu lassen. So kann er einmal neidisch, dann wieder diktatorisch wirken. Auf geistiger Ebene baut er Luftschlösser, sieht die Zukunft immer rosiger, als sie bei nüchterner Betrachtungsweise ist.
Mercurius (Quecksilber)
Polychrestpunkte: 3
Vorwiegend für Männer
Der Patient war erst vier Jahre alt, aber auf den Gedanken wäre keiner gekommen, der ihn erlebte. Er war ungewöhnlich groß für sein Alter und wirkte eher wie sieben. Was aber noch stärker ins Auge fiel, war sein Verhalten. Während ich mich mit seinem Vater unterhielt, bearbeitete er leidenschaftlicheinenGameboy – was in dem Alter eigentlich auch sehr ungewöhnlich ist. Zwischendurch blickte er auf, und man merkte, dass er jedes Wort, das wir gesprochen hatten, analysierte. „Nein, Papa, das ist so nicht richtig“, sagte er dann, und erklärte uns mit einem Wortschatz, den man eher einem Abiturienten zugeordnet hätte, den Sachverhalt, wie er ihn sah. Und war dabei auch überzeugend.
So ein Kind ist mir seither nicht mehr begegnet – und ich vermute, das wird so bleiben. Es gibt Ausnahmenaturen. Es wird niemanden überraschen, wenn ich erzähle, dass das Kind nach dem Umzug des Vaters in die USA dort eine Privatschule für Hochbegabte besucht, in der er demnächst als 14-jähriger das Abitur ablegen wird. Es ist häufiger vorgekommen, dass seine Lehrer ihm knifflige Fragen zu den Bereichen Biologie oder Biochemie vorlegten, die ihnen selbst während des Studiums unklar geblieben sind …
In der Homöopathie ist man bei Erkrankungen von genialen Menschen gern mit Sulfur zur Hand. Schwefel ist das wichtigste chemische Element im Stoffwechsel des Menschen, und gerade das so rasche, beschleunigte Denken und Fühlen von Hochbegabten kann Störungen hervorrufen, die man mit dem hochtourigen Leerlauf einer Maschine vergleichen könnte. Häufig vorkommen wird es nicht, dass sich ein wirklich Hochbegabter Hilfe suchend an den Arzt wendet, denn meist hat er die medizinische Literatur schon vor dem ersten Arztbesuch verschlungen und dabei lösbare Probleme von unlösbaren unterschieden und weiß genau, was er will. Überspitzt könnte man sagen: Hochbegabte sind einfach zu smart, um krank zu werden. Denn letztendlich wäre ein Großteil der Krankheiten zumindest im psychosomatischen Bereich vermeidbar, sofern man nur dazu bereit wäre, auf sein Leben den illusionslosen, objektiven Blick eines Computers zu werfen und die dabei zutage getretenen Erkenntnisse in die Realität umzusetzen. Hochbegabte sind hierzu von Natur aus ungemein befähigt. Es ist für mich schwer zu entscheiden, ob ihnen dabei „Gefühligeres“ entgeht und ob es gerade im Beziehungsbereich wirklich „menschlich“ ist, sich auf Tatsachen zu beschränken. Für die Gesundheit aber scheint es Wunder zu tun. Ich muss heute noch über den Ausspruch einer Hochbegabten schmunzeln, die ich als Hausarzt geimpft habe und die, als ich
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