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Pulverturm

Pulverturm

Titel: Pulverturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Maria Soedher
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immer um betrunkene Gäste, die die Damen nicht so behandelten, wie Zinken-Josi es wollte. Ich sage dir eines. Dieser Pawlicek ist nicht der Pawlicek, der er vorgibt zu sein.«
    »Es waren aber schon viele Jahre, die er gesessen hat für seine Schwester. Und dann … dieses Ende …«
    Walther Lurzer klatschte mit den Händen. »Ich denke nur, dass es für deine Ermittlungen nicht unerheblich sein könnte. Wie ist denn da der Stand.«
    »Er war am Tatort zur Tatzeit. Das gibt er zu. Er will aber einen anderen Mann gesehen haben, der Kinker umgebracht haben soll.«
    »Ach, herrje. Der große Unbekannte. Das schaut aber doch ziemlich schlecht für ihn aus. Habt ihr denn objektive Spuren, Finger, Fasern, DNS?«
    »Ich warte stündlich auf die Ergebnisse, die sollen heute kommen. Vorher brauchen wir gar nicht weiterzumachen mit Vernehmungen und so.«
    »Dann beneide ich dich nicht.«
    Schielin lachte böse. »Die Beerdigung ist heute auch noch. Obwohl ich mit den Leuten, also den Hinterbliebenen und dem Toten, nichts zu schaffen habe, graut es mir davor. Und wäre ich nicht der Meinung, dass es die Ermittlungen irgendwie weiterbringen würde, ginge ich auch nicht hin.«

    Die Widersprüche der Ermittlungen schlugen sich auf Schielins Stimmung nieder. Als er an einem Spiegel vorbeikam und sein Gesicht sah, erschrak Conrad Schielin, und es war für ihn nachvollziehbar, aus welchen Gründen seine beiden Töchter jegliches Gespräch oder gar Diskussionen vermieden. Seine Gesichtszüge ähnelten fast schon denen von Helmtraud Kinker. Er war missmutig und nahm sich vor, die Ratlosigkeit, die ihn erfasst hatte, nicht gar so präsent in seinem Heim wirken zu lassen.
    Walther Lurzer war mit seinen Enkeln schon wieder zurück in Bregenz, als ihn Lydia benachrichtigte, dass sich die wenigen an Ottmar Kinker gefundenen Spuren nicht mit Josef Pawlicek verbinden ließen. Weder diese Nasenhärchen stimmten mit der DNS des Österreichers überein, noch ließen sich die Fasern seiner Kleidung zuordnen. Schielin war der Appetit nun gründlich vergangen, und den anderen wollte er ihn nicht vermiesen. Das Mittagessen fiel für ihn aus. Er zog die dunkle Hose an, ein weißes Hemd, saß in seinem Arbeitszimmer und hörte die gute alte Horowitz at Home. Nicht zu fröhlich, nicht zu traurig. Beseeltes Klavierspiel, das ausreichend Raum ließ.
    Er hatte Lydia und Wenzel gebeten, die Informationen noch zurückzuhalten und nicht an die Anwältin weiterzugeben. Er wollte noch die Beerdigung abwarten, bevor sie sich zusammensetzten und besprachen, wie sie weiter verfahren sollten. Kimmel war mit dem Vorgehen einverstanden. Er rief Gommert und Funk zu Hause an, die beide mit ersten ernsthaften Gartenarbeiten beschäftigt waren.
    *
    Mächtige grauweiße Wolken zogen träge von Westen kommend den Bergen zu. Noch wurde ihr Lauf nicht gebremst, aber es war fühlbar, dass das frühlingshafte Wetter eine Unterbrechung erfahren würde. Schielin parkte auf dem Schotterparkplatz am Eingang des Lindauer Friedhofs. Viele Trauergäste hatte er sowieso nicht erwartet, aber dass der Parkplatz so leer sein würde, überraschte ihn doch.
    Er war etwas zu früh und nutzte die Zeit für einen Gang durch die Gräberreihen. Durch den lockeren Baumbestand der parkähnlichen Anlage genoss er den Blick hinaus auf die Obstgärten und zum Schönbühl, dessen Hang gerade in grellem Sonnenlicht lag, während der Friedhof selbst im Schatten einer der Wolken verharrte. Es war still. Vom Schönbühl und der Ludwig-Kick-Straße her waren nur ab und an Motorengeräusche zu vernehmen.
    Er verfolgte, wie einige Gestalten den Friedhof betraten und den Weg zur Kapelle nahmen. Das Grab Ottmar Kinkers lag im nördlichen Teil des Friedhofs. Als die Glocke zwei Uhr schlug, ging er zur steinernen Plattform der Kapelle und sah durch die geöffneten Türen nach drinnen. Spärlich. Es war spärlich. Ottmar Kinkers Sarg stand auf dem Rollwagen. Er zählte neun Personen und zwei jämmerliche Blumensträuße. In der Kapelle herrschte eisiges Schweigen. Keine Musik. Er hätte sich Yulia Kavan und Nadja hier gewünscht. Doch wie Lydia ihm am Telefon mitgeteilt hatte, war sie dazu nicht in der Lage. Was er hier sah, war erbärmlich, und es machte ihn wütend.
    Er ging und suchte einen etwas erhöhten Standpunkt in angemessener Entfernung zu Ottmar Kinkers Grab. Der Sarg wurde von Angestellten des Beerdigungsinstituts zum Grab gefahren. Erst jetzt erkannte Schielin, dass überhaupt kein Pfarrer

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