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Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste

Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste

Titel: Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Cramer
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mit wem? Ihre Mutter hatte keine Zeit, sie steckte mitten in der Arbeit und kam erst in der Nacht von der Färberinsel zurück. Außerdem ahnte Sarah, dass sie bei ihr nicht auf Verständnis stoßen würde, im Gegenteil.
    Also dann mit Naima oder Kadima? Das kam erst recht nicht in Frage. Für beide Freundinnen galten die Regeln ihrer strenggläubigen Familien. Naimas Mutter bezeichnete sich selbst zwar als freie Masirin, dennoch hätte weder Cadidja noch Naima ihr Verhalten gutgeheißen. Sogar ihr selbst kamen manchmal Bedenken, die sie jedoch jedes Mal rasch beiseiteschob. Zweifel? Wie kleingläubig, Marino empfand doch für sie das Gleiche wie sie für ihn. Am liebsten hätte sie ihr Glück laut hinausposaunt oder sogar auf dem Souq verkündet!
    Sie seufzte und versuchte, umgeben von Entwürfen und Perlenmustern, sich auf ihre Arbeit zu konzentrieren. Einen Schleier für Naimas Hochzeit wollte sie besticken, mit einem traditionellen, aber gleichzeitig eleganten Muster. Doch immer wieder schweiften ihre Gedanken ab, sanken ihre Hände nieder, und der halbfertige Schleier lag unbeachtet auf dem Tisch.
    Seit jenem denkwürdigen Tag, als sie sich Marino zum ersten Mal hingegeben hatte, hatte sie gelernt, sich der immerwährenden Beobachtung zu entziehen. Die Vormittagsstunden verbrachte sie bei Kadima, und während die Freundin Gemüse putzte oder sonst eine Arbeit verrichtete und sie ihre Stickerei zur Hand nahm, unterhielten sie sich. Doch ihre Gespräche blieben seltsam flach, da Sarah nicht über das zu sprechen wagte, was ihr wirklich auf der Seele lag. Mittags erklärte sie Kadima, sie werde von ihrer Mutter erwartet, doch zuhause täuschte sie vor, auch die Ruhestunden bei der Freundin zu verbringen. Die so gewonnenen ein, zwei Stunden verbrachte sie mit Marino, ungesehen und allein in der Oase.
    Dies war die Zeit, für die sie lebte, für diese wenigen Stunden, und nur selten rührte sich ihr Gewissen. Marino schien ähnlich zu empfinden. » Wir hätten das nicht tun dürfen«, hatte er nach ihrem ersten Beisammensein gesagt und sie um Verzeihung gebeten. Dabei war es jedoch geblieben.
    Sobald ihr Vater wieder zuhause war, würde Marino um ihre Hand anhalten, und dann hatte alles seine Ordnung. Sie sehnte diesen Augenblick herbei, denn Geheimnistuerei war ihr eigentlich zuwider. Außerdem fiel es ihr schwer, ihre Zunge zu beherrschen oder sich auf andere Themen zu konzentrieren. Aber Marino hatte sie gebeten, zu schweigen und ihre geheime Liebe im Stillen auszukosten. Ihr letzter Gedanke am Abend galt Marino, seinen Händen, seinem Mund … Und ebenso galt ihm der erste beim Erwachen. Wenn sie denn überhaupt in der Nacht ein Auge zutat und nicht, ihr Kissen fest im Arm, Stunde um Stunde an ihn dachte. An seine Lippen, die starken Beine und die Muskeln von Schultern und Rücken, an die überraschend weiche Haut an den Innenseiten seiner Oberschenkel. So fühlte sich also Liebe an, staunte sie ein ums andere Mal.
    Sarah beeilte sich. Barfüßig, die Sandalen in der Hand, sprang sie über die schmalen seguias, die erst gegen Abend wieder Wasser zu den Feldern und Beeten leiten würden, wich einem Haufen dürrer Palmwedel aus und duckte sich unter tief hängenden Zweigen. Sie trafen sich in einem abgelegenen Teil der Oase, der nicht bewirtschaftet wurde. Wenn sich die Sonne dem Zenit näherte und sich die Menschen in den Schatten zurückzogen, wenn selbst die Vögel schwiegen und ihr erwartungsvolles Herz ihr schier aus der Brust zu springen schien, dann nahte ihre gemeinsame Stunde.
    Der rissigen Erde entströmte ein Rest von Kühle. Minze duftete, und die überhitzte Luft unter den Palmen summte vom Treiben der Bienen, sonst aber hörte man zur Mittagsstunde keinen Laut. Plötzlich sprang jemand hinter einem Erdhaufen hervor. Sarah schrie auf. Dann erkannte sie Marino, der sich ihr strahlend und mit ausgebreiteten Armen in den Weg stellte. Ungestüm warf sie sich an seine Brust. » Marino!«
    » Buon giorno, amore, endlich, du bist da.« Marino presste Sarah an sich. Sein Kuss verschlug ihr den Atem, und sie klammerte sich an ihn, da ihre Knie zitterten. Er umfasste ihre Schultern, hielt sie auf Armlänge von sich und studierte ihr Gesicht. » Weißt du eigentlich, dass du mit jedem Tag schöner wirst? Wie machst du das nur?« Seine dunkle Stimme schmeichelte wie Seide.
    Sarah schoss die Röte in die Wangen. Sie zupfte an ihrem Gewand, um ihre Verwirrung zu kaschieren.
    » Aber weißt du auch, dass du

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