Absturz ins Liebesglück (German Edition)
Die Grußkarte
J erry stand am Briefkasten und blickte über den glänzenden See, in dem sich der strahlend blaue Himmel spiegelte. Fassungslos schüttelte er den Kopf und wusste nicht genau, was seine Exfrau Kathrin mit dieser Grußkarte erreichen wollte.
„Schöne Grüße aus dem sonnigen Mexiko ins kalte Kanada. Pedro und mir geht es sehr gut und wir haben gerade ein größeres Haus gekauft. Grüße auch Jamie von mir“, las er vor.
Seine saphirblauen Augen unter seinen schwarzen Brauen glänzten. Wollte sie ihn neidisch machen oder Salz in die Wunde streuen? Das gelang ihr aber keinesfalls, er war über sie weg.
Damals hätte er sich denken können, dass eine Frau, die achte Jahre älter ist als er und schon auf der ganzen Welt herumgekommen war, immer wieder von Fernweh gepackt wird. Es war bei Kathrin wie ein Gendefekt und als sie das Fernweh erneut packte, war alles andere für sie unwichtig und nebensächlich.
Nach nur fünf Jahren Ehe hatte sie sich scheiden lassen und ihn verlassen, um in Mexiko ihr neues Glück zu suchen und ein neues Leben anzufangen. Jerry hatte sich längst damit abgefunden, nicht zuletzt, weil sie ihm das schönste Geschenk seines Lebens zurückgelassen hatte, da es sie doch nur als störend empfunden hätte, falls sie wieder einmal das Fernweh packen würde. Nun hatte sie ja auch Pedro kennengelernt, der wahrscheinlich nur das nächste Opfer sein würde.
Wenn Jerry durch die Wolken schwebte, das surrende Geräusch seiner Propellermaschine hörte und den Duft von Öl und Benzin in der Nase hatte, dann fühlte er sich frei und alle negativen Gedanken fielen von ihm ab.
Er liebte seinen Beruf als selbstständiger Pilot über alles und konnte von den Aufträgen gut leben. Ob Geschäftsleute schnell zu ihren Terminen mussten, Rettungseinsätze erforderlich waren oder auch nur Rundflüge gebucht wurden, er flog alles und für jeden. So konnte er sich das Häuschen an diesem schönen Ort am See, sechsundzwanzig Kilometer außerhalb der Kleinstadt Hinton in der kanadischen Provinz Alberta, leisten.
Nachdenklich über Kathrins Worte, ging er ins Haus, setzte sich an den Küchentisch, trank seinen frisch gebrühten Kaffee, aß dazu seinen MarmeladenToast, horchte auf die Stille und betrachtete die Grußkarte.
Es war so ruhig und das Haus war so leer ohne Jamie. Er freute sich schon darauf, wenn sie am Abend wieder nach Hause kommt und Leben in die Bude bringt. Jamie war sein ein und alles. Ihre strahlend blauen Augen, ihr goldenes Haar. Jamie war etwas Besonders und der Mittelpunkt in Jerrys Leben.
Als er seinen Kaffee ausgetrunken hatte, warf er die Grußkarte in den Mülleimer, ging nach draußen zu seinem Flugzeug.
Er öffnete die Motorhaube, prüfte den Ölstand, füllte Öl, dann Diesel nach. Heute war der
Terminkalender ziemlich voll. Er musste einen Geschäftsmann in Albertas 288 Kilometer entfernte Provinzhauptstadt Edmonton fliegen, anschließend einen Patienten von Edmonton nach in die 300 Kilometer entfernte Stadt Calgary fliegen. Bei dem Patienten handelte es sich nur um einen Mann, der an einer Allergie litt, welche sich an einem
Hautausschlag bemerkbar machte. Im Krankenhaus von Albertas größter Stadt Calgary versprach man sich bessere Hilfe für den Patienten.
Jerry rechnete bei knapp 1200 Flugkilometer inklusive Wartezeiten mit einem 14- bis 16-stündigen Arbeitstag, bis er wieder Zuhause ankommen wird.
Für den morgigen Tag hatte er noch keine Termine. Den Tag wollte er nutzen, um seine Maschine endlich wieder gründlich zu prüfen und zu reinigen.
Ein aufregender Tag
M onica schob unauffällig ihre rechte Hand in den linken Ärmel ihrer bunten Bluse, kniff dabei konzentriert die Lippen zusammen. Der Blick ihrer grünen Augen wanderte verstohlen durchs Wohnzimmer. Mit einer Drehbewegung ihres Kopfes schleuderte sie ihre roten, langen Haarsträhnen aus dem Gesicht, während sie die Kunststoffrose blitzschnell aus dem Ärmel zog und überrascht in die Menge schaute.
Wie schon geahnt, blickte sie in die gelangweilten Gesichter der Kinder, die auf dem Teppichboden saßen und das Treiben genau beobachtet hatten.
„Du hast sie aus dem Ärmel gezogen“, rief ein blonder Junge mit Brille aus der Menge.
„Schön für dich, du Schlaumeier. Du kannst ja nach vorne kommen und für mich weiter machen, wenn du alles besser kannst und besser weißt“, reagierte Monica genervt.
„Das ist langweilig. Mach etwas anderes“, forderte eines der Mädchen.
„Wollt ihr
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