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Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste

Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste

Titel: Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Cramer
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darin mit zusätzlichen Decken und Kissen ausstatten lassen. Seit Wochen das erste bequeme Lager, dachte Sarah und genoss das sanfte Wiegen des Schiffes, das inzwischen Fahrt aufgenommen hatte.
    » Ich hörte sagen, diese Stadt, in die wir reisen, sei sehr, sehr groß, sogar noch größer als Santa Cruz. Ob das wohl wahr sein kann?« Yasmîna faltete Sarahs Wäsche und legte sie auf den kleinen Stapel.
    Al hamdullillah, nun, da dieses riesige Schiff unterwegs war, fühlte Yasmîna sich besser. Obwohl sie sich natürlich nach Hause zurückwünschte, bei Tag und bei Nacht. Oft musste sie an Lâlla Mirijam denken. Die Ärmste hatte nur ein einziges Kind, und das hatte sie nun verlassen. Was sollte werden, wenn Lâlla Mirijam alt wurde? Dann gab es niemanden, der sich um sie kümmerte, keine Tochter, und auch keine Enkeltochter. La illah illalah, seufzte die Dienerin, Gottes Wille geschieht.
    Viel war es wirklich nicht, was Lâlla Sarah in ihr neues Leben mitbrachte, überlegte sie mit einem bekümmerten Blick auf die wenigen in der Kajüte ausgebreiteten Dinge, die sie vorhin frisch gewaschen hatte. Zwei Kleider, ein Untergewand, ein großes und ein kleines Umschlagtuch und etwas Wäsche, das war alles, wenn man von dem Perlenbeutel absah. Dabei waren die Truhen in Santa Cruz voll. Alles, die kostbaren Gewänder, die Decken und Teppiche, die Ballen feinster Baumwolle und bestickter Seide und noch viel mehr von der reichhaltigen und prächtigen Ausstattung der Herrin, war zurückgeblieben.
    Yasmîna sah zu Sarah hinüber und seufzte erneut. Ihre junge Herrin schien zu schlafen. » Mehr brauche ich nicht«, hatte sie vorhin gemeint, » mein Verlobter wird mich neu einkleiden und anschaffen, was immer ich benötige. Außerdem ist die Mode in Venedig sicher eine ganz andere, und als Marinos Gemahlin könnte ich meine alten Gewänder sowieso nicht tragen. Und dann«, damit hatte sie errötend ihre Hand auf den Leib gelegt, » würden mir die meisten Kleider schon bald kaum noch passen.«
    Yasmîna schnalzte leise mit der Zunge. Wenn sie daran dachte, dass ihre Lâlla ein Kind erwartete, wurde sie über und über rot. Es war nicht richtig, oh nein, ganz und gar nicht richtig, dessen war sie absolut sicher, aber solche Dinge geschahen nun einmal, und ändern konnte man daran nichts. Wenn man es wusste, konnte man inzwischen sogar erkennen, wie sich Sarahs Bauch ein wenig wölbte.
    Gut, dass sie sich damals entschlossen hatte, mit ihr zu gehen. Einen winzigen Augenblick lang hatte sie zwar gezögert und überlegt, ob sie nicht Lâlla Mirijam einweihen musste, doch dann hatte sie sich dagegen entschieden. Lâlla Sarah war ihre Herrin, und für sie hatte sie zu sorgen. Sie würde sie niemals im Stich lassen. Davon abgesehen: Keine Frau, die auf sich hielt, reiste allein oder sorgte für sich selbst, und das galt natürlich umso mehr, da sie ein Kind erwartete.
    » Venedig muss außergewöhnlich schön sein, hörte ich«, antwortete Sarah und öffnete die Augen. » Es besteht, glaube ich, aus einer Menge von Inseln, die durch Kanäle miteinander verbunden sind, jedenfalls sagte das …« Ihr Vater. Erst kürzlich hatte er davon erzählt, als er die hübschen Muranoperlen mitgebracht hatte.
    Sarah schlang die Arme um sich. Jeder Gedanken an ihre Eltern versetzte ihr einen Stich. Und je weiter sie sich von ihnen entfernte, desto stärker empfand sie das Gefühl von Schuld. Davongelaufen war sie …
    Aber was hätte sie auch tun sollen? Niemals würden ihre Eltern sie verstehen. Immerzu wussten sie alles besser, hatten die merkwürdigsten Vorstellungen und wollten ihr vorschreiben, wie sie leben sollte. Schon deshalb musste sie ihren eigenen Weg gehen. Wie sehr sie sich nach Marino sehnte! Wenn sie nur endlich bei ihm wäre und nicht mehr allein auf sich gestellt. Er gab ihr Halt, und bei ihm war sie in Sicherheit, das wusste sie.
    *
    Pacelli hatte Sarah gebeten, sich der Anwesenheit seiner Seeleute stets bewusst zu sein, also blieb sie die meiste Zeit unter Deck. Sie schlief viel, und sie träumte, ohne sich beim Erwachen an etwas Konkretes zu erinnern. Ihr Körper veränderte sich. Mit distanziertem Interesse, als handele es sich um etwas, das einer anderen geschah, beobachtete sie das Anschwellen ihres Bauches. Wenigstens musste sie sich nicht mehr ständig übergeben, stattdessen aber entwickelte ihre Nase eine ungewohnte Empfindlichkeit. Die Gerüche der ungewaschenen Matrosen oder des fauligen Bilgenwassers aus den tiefsten

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