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Purpurdämmern (German Edition)

Purpurdämmern (German Edition)

Titel: Purpurdämmern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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Skelette von Vögeln. Die Flüster-Akeleien verwandelten sich nicht einfach so in Raubtiere. Erst der Geschmack von Blut schien die Transformation auszulösen.
    »Wie viele von diesen Höhlen sind mit Akeleien verseucht?«, fragte er.
    Felím wand sich in seinem Griff und versuchte, den Giftmäulern auszuweichen. Ein Faden Säure traf Santinos Hand. Es brannte wie Feuer, wo sie sich in seine Haut ätzte.
    »Wie viele?« Er stieß den Grafen tiefer in den wabernden Teppich.
    Felím heulte auf.
    »Wie viele Höhlen?«
    »Vier«, brachte er hervor. »Lasst mich, verflucht, sie werden mich blenden …« Tentakel krochen dem Grafen ins Haar. Zahnreihen voll Säure glitten ihm über die Wangen und ließen eine schreckliche Brandspur zurück. »Lasst mich los«, kreischte der Graf. »Lasst mich, ich tue, was Ihr wollt!«
    Santino zog ihn zurück, aus der Reichweite der gierigen Akeleien. Er hockte sich über ihn und presste ihm die Arme mit den Knien auf den Fels.
    »Der Herzschlag dieser verfluchten Blumen weist den Devoras den Weg, nicht wahr? Ist das Euer Werk, Felím? Wie lange hegt Ihr schon diesen giftigen Garten?«
    In den schwarzen Augen glühte ein Feuer auf.
    »Wie lange?«
    »Sieben Jahre«, presste Felím hervor. »Und Ihr könnt es nicht mehr aufhalten. Es ist beinahe vollbracht.«
    Santino stieß den Atem aus. »Also seid Ihr ein Agent der Kjer?«
    »Ihr kommt zu spät«, wisperte der Graf. Auf seiner Wange klaffte die Wunde, die die Akeleien ihm zugefügt hatten. Die Haut rund um den Biss bildete Blasen und sprang auf wie im Fieber.
    »Beantwortet meine Frage!« Santino stieß ihn zurück in den Blütenteppich. In einer einzigen gleichförmigen Bewegung schnappten die Akeleien nach ihrer Beute. Ein Schauer von Säuretropfen spritzte dem Grafen über die Stirn und eines der Augenlider.
    »Nein«, brüllte Felím. »Bitte!«
    Santino zog ihn in Sicherheit. Er fischte das geschwärzte Schwert aus dem Wasser, das mit ihnen in den Krater herabgestürzt war. Probeweise wog er die Waffe in der Hand, dann drückte er die Klinge auf Felíms Kehle.
    »Wenn Ihr mir eine Geschichte erzählt«, murmelte er, »die ich glauben kann, dann übermannt mich vielleicht der Großmut und ich verfüttere Euch nicht streifenweise an die Akeleien.«
    »Ich habe mit den Kjer nichts zu schaffen. Ich tue das nur für Rhonda.«
    Wut schoss in Santino hoch wie eine Stichflamme. Kaum gelang es ihm, den Drang zu bezwingen, Felím einfach die Kehle durchzuschneiden, hier und jetzt. »Lasst Rhonda da raus.«
    »Aber es ist die Wahrheit.« Tränen liefen Felím über die Wangen. »Bitte, hört mir doch zu.«
    In Satzfetzen und abgerissenen Worten sickerte die Wahrheit aus ihm heraus. Wenn es denn wirklich die Wahrheit war, und nicht einfach ein neues, raffiniert gesponnenes Lügennetz. Santino vermochte es nicht zu sagen.
    Rhonda, seine schöne, göttergleiche Rhonda, war nach Tír na Avalâín gekommen, wo man sie zuerst für eine Spionin gehalten hatte. Doch dann hatte sie das Vertrauen der Königinmutter Maebh gewonnen und das Herz von Felím, der ihr bald mit Haut und Haaren verfallen war. Santino starrte in die Augen eines Mannes, der krank vor Liebe war und der glühte vor Hass, seit er herausgefunden hatte, dass er diese Liebe mit einem Geist teilen musste. Einem Mann, den Rhonda nicht vergessen konnte.
    »Weiß sie, dass ich hier bin?«, fragte er.
    »Ob sie es weiß?« Der Graf lachte auf, ein bitterer Ton. »Es war doch Rhondas Idee, Euch zum Imperator zu senden, als vergiftetes Geschenk.«
    Unwillkürlich tastete Santino nach seiner Schulter. Unter den Schmerzen hatte ein Pochen eingesetzt, das anzuschwellen schien, sobald er den Akeleien nahe kam. »Was habt Ihr getan?«
    »Ihr sterbt sowieso«, Felím bleckte die Zähne, »doch Ihr könntet dem Spektrum einen Gefallen tun und den Imperator der Kjer mit Euch in den Tod reißen. Reicht Eure Aufopferung so weit, Magier? Rhonda würde es sicher schätzen. Und während Ihr den Tod in den Thronsaal des Kjer-Herrschers tragt, sterben seine Legionen beim Versuch, die Hände nach Níval auszustrecken.« Die Wunde verwandelte sein Grinsen in eine Totenkopfgrimasse. »Eine perfekte Falle, mit einem perfekten Köder, und ich habe sie aufgestellt. Dafür wird Rhonda mir ihre Liebe schenken. Nicht Euch, Magier, sondern mir. Euch wird sie vergessen.«
    Santino blinzelte ein paarmal, weil seine Sicht schon wieder zu verschwimmen begann. Beim Kampf hatte sich der Stoff vor seinem Gesicht gelöst,

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