Quaelend suesse Glut
– Königin Layla von Haydar heiratete. An jenem Tag hatte es eine Explosion in einer seiner Niederlassungen gegeben, bei der zwar Verletzte, zum Glück aber keine Toten zu beklagen waren.
„Stimmt, damals gab es diesen Unfall in einer meiner Firmen, der meine unbedingte Anwesenheit erforderte. Außerdem, wie sich herausgestellt hat, ist Xavian ja nicht einmal unser Cousin, aber du bist mein Bruder, daran besteht nicht der geringste Zweifel“, behauptete er grinsend.
Und in der Tat war die Ähnlichkeit zwischen ihnen unübersehbar. Beide Männer waren groß, hatten durchtrainierte, muskulöse Körper und attraktive dunkle Gesichtszüge. Das hätte gereicht, um sie eindeutig der gleichen Familie zuzuordnen, doch das Überraschendste waren die unglaublich intensiven blauen Augen, die je nach Gemütslage warm und klar wie ein Sommertag wirkten oder eiskalt wie klirrender Frost.
„Da wir gerade von Brüdern reden … ist es wahr, dass unser treuloser jüngster Bruder gedenkt, die Krönungszeremonie mit seiner Anwesenheit zu ehren?“
Kareef schluckte. „Ja, ich habe ihn sogar persönlich gesprochen … gestern erst.“
„Ich kann es kaum fassen!“
„Es war nicht leicht, ihn in Monte Carlo aufzuspüren und zu überreden, aber er hat versprochen, zur Krönung zu kommen.“
Rafiq hob skeptisch die Brauen und lehnte sich im komfortablen Ledersitz zurück. „ Wir alle drei … in der Heimat vereint! Das gibt’s ja nicht.“
„Ja, es ist lange her“, pflichtete Kareef ihm bei. „Viel zu lange.“
Die Fahrt vom Flughafen zum Palast führte durch das pulsierende Shafar, der Inselhauptstadt von Qusay mit seiner reizvollen Mixtur aus traditionellen niedrigen Ziegelhäusern und gläsernen Wolkenkratzern. Doch dafür hatten die Brüder kein Auge, während sie einander erzählten, wie es ihnen seit ihrem letzten Zusammentreffen ergangen war.
So war Rafiq ziemlich erstaunt, als sie nach gar nicht langer Zeit, wie ihm schien, die schmiedeeisernen Tore passierten und die Limousine langsam über den gewundenen Weg fuhr, der zum Haupteingang des Palastes führte.
Immer wieder aufs Neue beeindruckte ihn der prachtvolle Bau, der in der Sonne wie Perlmutt schimmerte. Egal ob bei Tag oder bei Nacht bot er Besuchern, die auf dem Seeweg anreisten, über Meilen hinweg ein reizvolles Bild – einmal hell glänzend wie ein Juwel, dann wieder romantisch illuminiert und angestrahlt vom silbernen Mondlicht, wie ein Gruß aus Tausendundeiner Nacht.
Als die Limousine unter einem beschatteten Säulengang anhielt und die Wagentür von einem beflissenen uniformierten Wachmann geöffnet wurde, der zackig vor ihnen salutierte, erinnerte das Rafiq einmal mehr an den neuen Stand seines Bruders.
Heute betrat Kareef den Palast nicht mehr als ein Verwandter, der zu Besuch bei der königlichen Familie geladen war, sondern als zukünftiger König und Hausherr. Und er selbst war nicht nur der jüngere Bruder des zukünftigen Königs, sondern ein Prinz!
Was für eine Ironie des Schicksals, dachte Rafiq.
Nachdem er es aus eigener Kraft geschafft hatte, ein König im weltweiten Business zu werden – unangefochtener Herrscher in seinem eigenen Finanzimperium –, fiel ihm unerwartet und unverdient der Titel in den Schoß, der vor Jahren vielleicht sein Lebensglück hätte retten können. Und plötzlich fand er sich in unmittelbarer Nähe des Throns des Landes wieder, dem er als junger Mann todunglücklich und trotzig den Rücken gekehrt hatte.
Wie schnell sich das Leben doch ändern konnte …
Und wieder musste er sich dagegen wehren, die Bitterkeit nicht überhandnehmen zu lassen, die seine Gedanken und Gefühle all die Jahre in der Ferne beherrscht hatten. Denn, wäre sein Bruder damals bereits König gewesen …
Energisch schüttelte Rafiq den Kopf. Unsinnige Grübeleien führten zu gar nichts! Hatte er das nicht längst in den einsamen Jahren am anderen Ende der Welt gelernt? Wahrscheinlich lag es an der sengenden Hitze, die ihm ins Hirn stieg und es langsam ausdörrte.
Damals war er eben kein Prinz gewesen, und sie hatte keine andere Chance gehabt, als den anderen zu heiraten. Punkt aus … Ende der Geschichte!
In der kühlen, hohen Eingangshalle legte Kareef ihm die Hand auf die Schulter. „Tut mir leid, Bruder. Wie ich bereits erwähnte, wartet noch eine Menge unerledigter Arbeit auf mich, sodass ich dich hier und jetzt verlassen muss. Akmal wird dir inzwischen deine Suite zeigen.“
Die ihm zugewiesene Suite erwies sich als
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