Quaelend suesse Glut
meinem ersten missglückten Einsatz, wie er es nannte, fand ich es stranguliert auf meinem Kopfkissen …“ Sera unterbrach sich und fuhr sich mit der Hand über die Augen. „Am nächsten Tag schenkte er mir ein neues, das auch nicht lange überlebte. Danach habe ich sie immer heimlich weggegeben, ehe er einen Grund fand, auch sie zu töten. Und danach begann Hussein, meine Familie zu bedrohen …“
„Verdammt, Sera …!“
„Verstehst du jetzt?“, fragte sie rau. „Heute ist mir zufällig der Botschafter von Karakhistar über den Weg gelaufen. Ihn habe ich in die Schranken weisen müssen, als er mich damals mit seinen schmierigen Fingern betatschte. Seine Verachtung, sein Hass und die Rachegelüste in seinem Blick waren nicht misszuverstehen.“
Sera seufzte, griff nach Rafiqs Hand und presste sie gegen ihre Wange. „Als König wirst du gezwungen sein, immer wieder Menschen wie ihn zu empfangen und mit ihnen umzugehen. Verstehst du jetzt, warum ich nie deine Königin werden kann?“
Ja, jetzt verstand er. Sera hatte recht. Den Thron von Qusay zu besteigen und sie zu seiner Frau zu machen war unmöglich.
Aber das hinderte Rafiq nicht daran, auch noch den ganzen Abend und die ganze Nacht über einen Ausweg für sie beide nachzusinnen. Doch als der Morgen graute, hielt er es nicht länger im Bett aus und beschloss, seine Unruhe mit einem harten Sportprogramm im palasteigenen Pool zu bekämpfen.
Sera hatte in ihrem eigenen Zimmer schlafen wollen, und dafür brachte er vollstes Verständnis auf, wenn er sie in seinem Bett und in seinen Armen auch schmerzlich vermisst hatte.
Während Rafiq Bahn um Bahn mit kräftigen Schwimmzügen hinter sich brachte, dachte er weiter über das schier unlösbare Problem nach. Qusay brauchte einen König, der bereit war, seine Pflichten mit Leib und Seele zu erfüllen … und Sera brauchte einen Mann, der sie beschützte und liebte, wie sie es verdiente.
War er in der Lage, diese beiden Aufgaben gleichzeitig zu erfüllen? Die Antwort lautete eindeutig: Nein ! Aber was bedeutete das für Qusays Zukunft und für sein und Seras Leben?
Und plötzlich erinnerte er sich an Abizahs Worte. Was hatte die weise alte Frau aus Marrash noch gesagt?
„Es gibt nur eines, woran Sie immer denken müssen, Prinz Rafiq … sollten Sie jemals vor einer Entscheidung zwischen Liebe und Pflicht stehen, dann lassen Sie allein Ihr Herz entscheiden, sonst verspielen Sie das Glück Ihres Lebens …“
So schnell er nur konnte verließ Rafiq den Pool, zog sich an und rannte förmlich durch den Palast. Er musste Sera finden, und zwar sofort! Während er durch den sonnigen Innenhof zur Suite seiner Mutter eilte, scheuchte er eine Schar Tauben auf, ohne es überhaupt wahrzunehmen.
„Sera!“, rief er laut und hämmerte an die Tür der Suite. „Sera, mach auf! Ich muss mit dir reden!“
Es dauerte ihm viel zu lange, bis endlich aufgeschlossen wurde und im Türspalt das vom Weinen geröteten Gesicht seiner Liebsten auftauchte. „Was ist los?“, wollte sie schlaftrunken wissen.
„Nichts ist los!“ Übermütig nahm er sie in seine Arme und wirbelte sie herum. „Alles ist in bester Ordnung.“
„Wovon redest du? Ist Tahir endlich aufgetaucht?“, fragte sie aus einer plötzlichen Eingebung heraus und spürte, wie sich ein kleiner Hoffnungsschimmer in ihr regte.
Sekundenlang bewölkte sich Rafiqs Gesicht. „Akmal hat tatsächlich eine neue Nachricht erhalten“, sagte er ruhig. „Man hat einen verlassenen Helikopter in der Wüste gefunden. Es könnte sein, dass er Tahir gehört, aber das muss erst noch geklärt werden. Ihm ist nichts geschehen, sonst wüsste ich es“, erklärte er voller Überzeugung, denn das war es, was er auch in seinem Herzen verspürte.
„Doch darum geht es jetzt nicht, sondern allein um dich und mich. Wir beide werden heiraten.“
Sofort machte sie sich aus seinen Armen frei und stieß ihn förmlich zurück. „Nein, ich darf nicht zulassen, dass du deine Zukunft um meinetwillen zerstörst!“
„Aber allein du bist meine Zukunft, weißt du das denn noch immer nicht? Ich habe dich bereits einmal verloren, und ein zweites Mal würde ich das nicht überleben. Wie du siehst, habe ich gar keine Wahl. Außerdem hat mir eine sehr weise alte Frau gesagt, wenn ich jemals vor einer Entscheidung zwischen Liebe und Pflicht stehen sollte, müsse ich mich für mein Herz entscheiden, weil ich sonst das Glück meines Lebens verspielen würde … und das Glück meines Lebens bist
Weitere Kostenlose Bücher