Quaelend suesse Glut
Geschäfte konnten besser nicht laufen. Ob er sich vielleicht auch eine Auszeit gönnen sollte?
Noch während er überlegte, löste Rafiq bereits die Designerkrawatte und erwärmte sich immer mehr für den Gedanken, selbst ein paar Stunden auf dem Wasser zu verbringen. Er konnte Elaine beauftragen, diese umwerfende Society-Prinzessin anzurufen, die er in der letzten Woche auf einem der unvermeidlichen Charity-Events getroffen hatte. Er erinnerte sich zwar weder an den Anlass der Wohltätigkeitsgala noch an den Namen der hinreißenden Schönheit, aber die attraktive Blondine in dem heißen roten Kleid hatte ihm so unmissverständlich ihre Bereitwilligkeit demonstriert, dass sie seine spontane Einladung bestimmt nicht ablehnte.
Seine Assistentin würde sie ganz sicher aufspüren, immerhin gehörte das zu ihrem Job.
Und während er sich amüsierte, könnte mit Glück ein kleiner Börsencrash eintreten und seinen Arbeitsalltag wieder ein wenig interessanter und aufregender gestalten. Zumindest hoffte Rafiq das.
In dem Moment, als er den Hörer aufnehmen wollte, um Elaine Bescheid zu geben, läutete das Telefon. Rafiq hob die dunklen Brauen. Elaine hatte mit der Zeit zwar so etwas wie einen sechsten Sinn für seine intimsten Bedürfnisse entwickelt, doch wenn sie tatsächlich bereits die heiße Blondine an der Strippe hatte, beabsichtigte er, ihren diesjährigen Bonus noch um eine Luxusreise zu den Bermudas aufzustocken.
Rafiq nahm das Gespräch entgegen und lauschte stumm. Es war nicht das erwünschte Date, und damit gab es für Elaine in diesem Jahr auch keinen All-Inclusive-Urlaub auf den Bermudas. Doch dafür würde sich in Kürze offenbar sein Leben höllisch interessant gestalten …
1. KAPITEL
Heiße Wüstensonne brannte erbarmungslos auf die Rollbahn von Qusays Flughafen hinunter. Die trockene Hitze verschlug Rafiq fast den Atem, als er seinen Gulfstream Jet verließ. Er verharrte einen Moment, bis sich seine Augen an das gleißende Licht gewöhnt hatten.
Über den Geruch von Flugbenzin hinweg versuchte er einen Hauch der mit Blütenduft erfüllten Luft zu erhaschen, die ihn an seine Kindheit in dem Wüstenreich erinnerte.
„Rafiq!“
Er lächelte seinem älteren Bruder entgegen, der behände aus einer schweren Luxuslimousine stieg und in dem traditionellen weißen Gewand beneidenswert frisch und dynamisch wirkte. Rafiqs Blick wanderte weiter zu einem eleganten Bentley, der mit Fahnen bestückt war, auf denen die königlichen Insignien Qusays prangten und die lustig im warmen Wüstenwind flatterten. Flankiert wurde der Konvoi von einer uniformierten Motorradstaffel.
Jetzt erst wurde Rafiq wirklich bewusst, was die Nachricht von König Xavians Rücktritt, der abgedankt hatte, nachdem er erfuhr, dass er in Wirklichkeit Prinz Zafir von Calista war, bedeutete: Rafiqs eigener Bruder, Kareef, würde in Kürze zum König von Qusay gekrönt werden.
Und dieser Umstand machte ihn selbst zu einem Prinzen des Königreich Qusays …
Zu spät!, meldete sich eine Stimme in seinem Hinterkopf. Rafiq verspürte einen Anflug von Bitterkeit.
Wäre es damals schon so gewesen, vielleicht hätte sie …
Rasch schüttelte er den ebenso verführerischen wie frustrierenden Gedanken ab. Erstens war es Geschichte, zweitens hätte er keine Frau haben wollen, die ihn allein des Titels wegen nahm.
Hier und heute gab es etwas viel Besseres zu feiern. Und das wollte er tun, selbst wenn er den bitteren Geschmack im Mund wahrscheinlich nie ganz loswürde. Leichtfüßig eilte er die Treppe hinunter, schloss seinen Bruder in die Arme und klopfte Kareef herzhaft auf den Rücken.
„Tut gut, dich zu sehen, Bruder. Oder muss ich dich jetzt mit Sire ansprechen?“
Kareef wedelte die launige Frage mit einer flüchtigen Handbewegung zur Seite und drängte seinen Bruder, in die klimatisierte Limousine einzusteigen. Der Chauffeur hielt ihnen die Tür auf, verbeugte sich tief, bevor er sie mit sanftem Druck schloss und wieder hinter dem Steuer Platz nahm.
„Ich bin froh, dass du überhaupt kommen konntest, angesichts der späten Einladung“, seufzte Kareef, als sich der Konvoi langsam in Bewegung setzte.
„Du hast doch wohl nicht angenommen, ich würde mir deine Krönung entgehen lassen?“
„Na ja, immerhin hast du auch nur wenig von Xavians Hochzeit mitbekommen. Wie lange warst du dort? Zwei, drei Stunden“, erinnerte ihn sein Bruder und spielte damit auf Rafiqs überstürzte Abreise an, als ihr Cousin Xavian – alias Prinz Zafir
Weitere Kostenlose Bücher