Quaelend suesse Glut
Zukunft die Enkel schenken, nach denen du dich so sehnst.“
Die Sheikha lächelte fein, dachte aber gar nicht daran, ihren Zweitältesten aus dem Kreuzverhör zu entlassen. Zwischen etlichen Tassen Kaffee und süßen Pastetchen bemühte Rafiq sich redlich, wenigstens die geschäftlichen Fragen befriedigend zu beantworten, doch er war weder mit dem Verstand noch mit dem Herzen dabei.
Wie denn auch, wenn in seinem Hinterkopf seine eigenen Fragen herumschwirrten, die sich alle um die hinreißende Schönheit mit dem rabenschwarzen Haar und den seelenvollen braunen Augen drehten, die ihm in seiner Jugend das Herz gestohlen hatte.
Was machte sie hier in Shafar, die Frau, die ihn verraten und verlassen hatte, um einen anderen zu heiraten?
„Rafiq?“ Die vorwurfsvolle Stimme seiner Mutter riss ihn aus seinen quälenden Gedanken. „Du hörst mir nicht zu. Beunruhigt dich irgendetwas?“
Hastig schüttelte er den Kopf und presste heftig die Kiefer aufeinander, um sich die widerstreitenden Emotionen in seinem Innern nicht anmerken zu lassen. Doch wie sollte er zur Ruhe kommen, ehe er nicht plausible Antworten auf seine drängenden Fragen bekam?
„Was macht sie hier?“, platzte es so unerwartet aus ihm heraus, dass seine Mutter bestürzt blinzelte, ehe sie betont langsam erneut zur silbernen Kaffeekanne griff, dem ultimativen Rettungsanker für unvorhersehbare Störungen.
Rafiq beugte sich vor und legte seine Hand auf ihre. Es war eine sanfte Geste, aber deutlich genug, um seiner Mutter klarzumachen, dass er sie mit ihrem kleinen Trick diesmal nicht davonkommen lassen würde.
„Ich habe Sera gesehen“, stellte er klar. „Sie kam aus deiner Suite. Was macht sie hier?“
Die Sheikha seufzte ergeben, entzog ihm ihre Hand und lehnte sich in die Kissen zurück. „Sera lebt bei mir, als meine Gesellschafterin.“
„Wie bitte?“
Die Frau, die sein Leben ruiniert hatte, lebte hier im Palast als ihre Gesellschafterin? Das war zu viel! Jeder Nerv, jede Faser seines Körpers rebellierte gegen die gleichmütige Erklärung seiner Mutter. Mit einem geschmeidigen Satz war Rafiq auf den Füßen und lief nervös im Zimmer auf und ab. Dabei fuhr er sich mit allen zehn Fingern durchs Haar und stieß lautlose Verwünschungen aus. Vor dem Fenster blieb er abrupt stehen, füllte die Lungen mit Luft und starrte blicklos hinunter in den Palastgarten.
In der nächsten Sekunde war seine Mutter an Rafiqs Seite und legte sanft ihre Hand auf seinen Arm. Ihre Finger fühlten sich angenehm kühl auf der brennenden Haut an. „Du bist noch immer nicht darüber hinweg?“, fragte sie leise.
„Und ob ich das bin!“, fuhr er auf. „Schon seit Ewigkeiten! Sie bedeutet mir gar nichts … noch weniger als das!“
„Natürlich, ich verstehe.“
Rafiq fuhr herum und starrte misstrauisch in das unbewegte Gesicht der Sheikha. Ihre gelassene Miene gab nichts preis. Er schaute ihr in die Augen, auf der Suche nach Verständnis, nach einem Zeichen des Mitgefühls.
„Tust du das wirklich?“, fragte er heiser. „Dann müsstest du doch wissen, dass ich nur noch Hass und Verachtung für sie übrig habe. Und trotzdem finde ich sie hier! Nicht einfach nur im Palast, sondern in deinen Räumen! Als deine Vertraute! Warum ist sie hier und reist nicht durch die Welt an der Seite ihres Gatten? Oder hat er sie verlassen, weil er inzwischen erkannt hat, was für eine berechnende Harpyie sie ist? Lange genug hat es ja gedauert!“
Seinem unbeherrschten Ausbruch folgte ein lastendes Schweigen, das mit jeder Sekunde unerträglicher wurde. „Du hast es also noch nicht gehört“, stellte seine Mutter ruhig fest. „Hussein ist vor gut achtzehn Monaten verstorben.“
Rafiqs Magen krampfte sich zusammen. Hussein war tot?
Starr vor Schock versuchte er die Nachricht zu verdauen – ungläubig und gebeutelt von widerstreitenden Emotionen. Hatte Sera deshalb so bedrückt gewirkt? Weil sie immer noch um ihren verstorbenen Ehemann trauerte?
Verdammt! Warum machte er sich deshalb überhaupt Gedanken? Sie hatte sich bereits vor Ewigkeiten jedes Recht auf seine Sympathie verspielt.
„Das erklärt aber immer noch nicht, was sie hier zu suchen hat“, sagte er hart. „Sie hat ihre Wahl vor langer Zeit getroffen. Sollte sie nicht eher bei Husseins Familie sein?“
Die Sheikha schüttelte betrübt den Kopf und seufzte leise. „Husseins Mutter kehrte ihrer Schwiegertochter noch vor der Beerdigung den Rücken.“
„Dann hat sie offenbar eine bessere
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