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Quarantaene

Quarantaene

Titel: Quarantaene Kostenlos Bücher Online Lesen
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aktuelle Folge einer unendlichen Vormittagsserie aus. Lucy erhob sich, um ihn zu umarmen. Ihr Kopf reichte ihm bis zum Brustbein. In der sanften Umarmung drückte sich die Erkenntnis aus, dass sie einander im Wesentlichen nichts bedeuteten, nicht mehr als eine nächtliche Laune, der man sich ohne Rücksicht auf Verluste hingab.
    »Lass mich wissen, wie es gelaufen ist«, sagte sie. »Falls du mal wieder hier vorbeikommst.«
    Höflich versprach er es ihr, aber er wusste, dass er hier nicht wieder vorbeikommen würde.
     
    Er holte sein Gepäck im Marriott ab, wo Visions East ihm freundlicherweise, wenn auch ganz unnötig, ein Zimmer gebucht hatte, und traf im Foyer mit Elaine Coster und Sebastian Vogel zusammen.
    »Sie sind spät dran«, bemerkte Elaine.
    Er blickte auf die Uhr. »Nicht sehr.«
    »Würde es Sie umbringen, ab und zu mal pünktlich zu sein?«
    »Pünktlichkeit ist der Dieb der Zeit, Elaine.«
    »Wer sagt das?«
    »Oscar Wilde.«
    »Na toll, das nenne ich ein Vorbild.«
    Elaine war neunundvierzig und bot eine tadellose Erscheinung in ihrer Safarikleidung, dem an die Brusttasche gehefteten Imager und dem Notebook-Mikrofon, das wie eine widerspenstige Haarsträhne vom linken Bügel ihrer mit Zirkonium bedampften Sonnenbrille baumelte. Ihr Gesichtsausdruck war ernst. Elaine war eine erfahrene Wissenschaftsjournalistin, fast zwanzig Jahre älter als Chris und überaus angesehen auf einem Gebiet, auf dem man ihm selbst seit einiger Zeit mit einer gewissen Geringschätzung begegnete. Er mochte Elaine, und ihre Arbeit war erstklassig, daher sah er ihr ihre Neigung nach, mit ihm auf eine Art zu sprechen, als sei sie seine Grundschullehrerin und er das Kind, das ihr ein Furzkissen auf den Stuhl gelegt hat.
    Sebastian Vogel, das dritte Mitglied der Expeditionstruppe von Visions East, stand schweigend ein paar Schritte abseits. Sebastian war im Grunde gar kein Journalist, sondern ein emeritierter Theologieprofessor von der Wesleyan University, der eins jener Bücher verfasst hatte, die aus unerklärlichen Gründen zu Bestsellern werden – Gott & das Quantenvakuum lautete der Titel, und es war dieses Et-Zeichen anstelle des konventionellen »und«, das, so Chris’ Vermutung, der Sache den nötigen schicken Anstrich, das modisch elliptische Element, verliehen hatte. Die Zeitschrift versprach sich von ihm einen spirituellen Blick auf die Neue Astronomie, als Ergänzung zu Elaines strenger Wissenschaftlichkeit und Chris’ Zuständigkeit fürs sogenannte »Menschliche«. Mochte Sebastian auf seine Weise brillant sein, so war er doch auch ein ausgesprochen stiller Vertreter. Er trug einen Bart, der den Mund verdeckte, was Chris sinnbildlich erschien: Die Worte, die aus diesem Mund den Weg in die Welt fanden, waren ziemlich rar und im Allgemeinen schwer zu interpretieren.
    »Der Transporter«, sagte Elaine, »wartet schon seit zehn Minuten.«
    Den Transporter aus Blind Lake meinte sie, am Steuer ein junger Funktionsträger des Energieministeriums, der einen Ellbogen aus dem offenen Fenster streckte und einen Ausdruck von Rastlosigkeit im Gesicht hatte. Chris nickte, warf sein Gepäck hinten in den Wagen und sich selbst auf einen Sitz hinter Elaine und Sebastian.
    Es war erst früher Nachmittag, kurz nach eins, dennoch fühlte er sich von einer Welle der Erschöpfung überrollt. Es musste etwas mit dem Septembersonnenlicht zu tun haben – oder mit den Exzessen der vergangenen Nacht. (Das Kokain hatte er zwar bezahlt, aber es war Lacys Idee gewesen, nicht seine. Er hatte ein paar Linien mitgezogen, einfach aus Gründen der Geselligkeit – mehr als genug, um den Rausch bis zum Morgengrauen auszudehnen.) Er schloss kurz die Augen, verwehrte sich aber die Annehmlichkeit des Schlafes. Er wollte ein wenig von Constance bei Tageslicht sehen. Sie waren gestern spät eingetroffen, und er hatte von der Stadt nicht mehr mitbekommen als den Denny’s und später eine Bar, wo die Hausband alles spielte, was die Besucher sich wünschten. Und zuletzt Lacys Wohnung.
    Der Ort hatte viel Mühe darauf verwendet, sich als Touristenattraktion neu zu erfinden. So bekannt das Blind-Lake-Gelände auch geworden sein mochte, für Gelegenheitsbesucher war es nicht zugänglich. Die Neugierigen mussten sich mit diesem alten Getreidesilo plus Bahnhof, nämlich Constance, begnügen, das als Stützpunkt für die nicht in Blind Lake wohnenden zivilen Angestellten diente und dessen neues Marriott wie das noch neuere Hilton gelegentlich Schauplatz von

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