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Quellen Der Lust

Quellen Der Lust

Titel: Quellen Der Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Krahn
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und sah sie über den Rand hinweg ruhig an. „Ich mag Süßes. Sie auch?“
    „Ich glaube ja, obwohl ich Baxters Himbeerkonfitüre bevorzuge. Sie müssen davon kosten.“
    Sie sah zu, wie er die Sahne und die Konfitüre auf das Gebäck strich. Seine Hände waren von der Sonne gebräunt, sie wirkten groß und geschickt, die Finger lang und kräftig. Auf dem Zeigefinger befand sich noch der Rest eines Tintenflecks, kein Wunder bei seiner Tätigkeit. Vermutlich verbrachte er viele Stunden damit, Zahlenreihen aufzuschreiben, um für seinen Dienstherrn die Bücher zu führen.
    Ein Bild erschien vor ihrem inneren Auge – wie er mit diesen so männlichen Händen über ihr Haar strich, die Nadeln herauszog, ihren Kopf umfangen hielt, während er sich vorbeugte, um sie mit seinen festen Lippen zu berühren. Dann ließ er die Hände tiefer gleiten …
    „Stimmen Sie mir da nicht zu, Mrs. Ralston?“
    Bei diesen Worten, die er mit seiner tiefen Stimme sprach, zerplatzte die sinnliche Vorstellung wie eine Seifenblase. Himmel, was stimmte denn nicht mit ihr? Solche Gedanken hatte sie sonst nie. Er sah sie erwartungsvoll an. Offenbar hatte er sie etwas gefragt – und wollte hören, ob sie seine Meinung teilte. Leider hatte sie nicht die geringste Ahnung, um was es dabei ging.
    „Zustimmen?“, murmelte sie, und ihr kühles Verhalten stand in völligem Gegensatz zu ihrem rasch schlagenden Herzen.
    „Dass wir unseren Schwächen nachgeben sollten.“
    Fasziniert sah sie zu, wie er von dem Scone abbiss und langsam kaute. Dann fasste sie sich, öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch ihre Worte schienen sich in Luft aufzulösen, als er schluckte und sich dann Konfitüre von den Lippen leckte. Bei dieser kleinen Bewegung durchlief es sie so heiß, als hätte er über ihre Lippen geleckt und nicht über seine, und zu ihrem Entsetzen ertappte sie sich dabei, dass sie seine Bewegung nachahmte. Sein Blick fiel auf ihren Mund, und Glut flackerte in seinen Augen auf.
    „Ich – ich vermute, es kommt darauf an, um welche Schwächen es sich handelt“, murmelte sie. Liebe Güte, war das ihre Stimme? „Und ob sie innerhalb der eigenen Möglichkeiten liegen.“
    Er sah ihr wieder in die Augen. „Möglichkeiten?“
    „Wenn man eine Schwäche für Diamanten hegt, aber nicht die Mittel hat, sie zu kaufen, dann ist dies eine Schwäche, der nicht nachgegeben werden sollte.“
    „Wenn man sich nicht verschulden möchte.“
    „Oder nach Newgate gehen wegen Diebstahls.“
    „Gehören Diamanten zu Ihren Schwächen, Mrs. Ralston?“
    Sie dachte an das bezaubernde Halsband und die dazu passenden Ohrringe, die Richard ihr geschenkt hatte, Kleinigkeiten, die sie verkauft hatte, kurz nachdem er sie verstoßen hatte. „Nein. Ehrlich gesagt, ich mache mir nichts daraus. Ich finde sie kalt und leblos. Mir sind Saphire weitaus lieber, auch wenn ich das nicht als Schwäche bezeichnen würde.“
    „Was würden Sie als Ihre Schwäche bezeichnen?“
    Sie erwog die Möglichkeit, über diese Frage mit einem kurzen Lachen hinwegzugehen und dann das Thema zu wechseln, doch wenn sie das tat, würde sie ihn nicht nach seinen Schwächen fragen können. Und die würde sie zu gern kennenlernen.
    „Blumen“, erwiderte sie. „Vor allem Rosen.“
    „Irgendeine besondere Farbe?“
    „Rosa ist mir am liebsten.“
    Er lächelte ihr zu, und ihr stockte der Atem. Himmel, er war so schön, wenn er ernst war, aber wenn er lächelte … o je! „Ich bin entzückt, dass ich Ihnen nicht nur ihre Lieblingsblumen mitgebracht habe, sondern auch noch in Ihrer Lieblingsfarbe. Was noch?“
    Es dauerte einen Moment, ehe ihr wieder einfiel, worüber sie gerade gesprochen hatten. Dann räusperte sie sich. „Katzen. Bücher. Kunstgegenstände.“
    Er nickte und sah sich in dem Zimmer um. „Sie besitzen einige schöne Stücke.“ Mit einer Kopfbewegung deutete er auf das Gemälde, das über dem Kaminsims hing. „Dieses Stück vor allem ist bemerkenswert. Es ist so lebendig, dass ich beinahe zu spüren glaube, wie mir die Gischt ins Gesicht spritzt.“
    Genevieve sah zu dem Bild, das sie gemalt hatte, sah die Wogen, die gegen die Felsen schlugen, und dachte daran, wie sie als junges Mädchen zum ersten Mal mit einem Pinsel eine Leinwand berührt hatte – so voller Hoffnung, die Hände noch ohne die Arthritis, die sie Jahre später als Erwachsene treffen würde, ihr Talent zerstören und ihr das Herz brechen.
    Dann betrachtete sie die Frau, die oben auf den Klippen stand,

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