Quitt
dann, du Vater im Himmel, mach es rasch, laß es rasch vorüber sein.«
Das war das Morgengebet, mit dem er seinen Tag einleitete.
Die Sonne zog herauf, immer höher, und als es Mittag war, meldete sich Hunger und bald auch ein brennender Durst. Er durchsuchte die Jagdtasche nach etwas, das ihn erfrischen mochte, aber er fand nichts als etwas Brot, das ihm widerstand. Und so warf er's dem Hunde hin. Der aber winselte nur und kroch wieder zu Lehnert heran und leckte ihm die Hand.
Lehnert freute sich dieses Liebeszeichens und streichelte das schöne Tier. Und mit eins schoß es ihm durch den Kopf: »Uncas, du kannst mich retten, du bist klug. Und nun höre gut zu. Sieh, wenn du jetzt nach Hause trabst, zu Ruth, zu Miss Ruth, hörst du, dann kannst du sie hierherführen, und dann finden sie mich und dann retten sie mich. Und nun auf!«
Uncas hatte jedes Wort verstanden, aber er schüttelte nur den Behang und streckte sich still wieder nieder und sah Lehnert an. Und dieser las aus dem treuen Auge mit Schrecken heraus: Ich bleibe.
»Geh, Uncas! Lauf! Fort!«
Und als alles nichts half, nahm er das Gewehr und stieß nach ihm. Und bald danach erhob sich Uncas auch wirklich und trabte langsam und ohne sich umzusehen den unteren und verhältnismäßig wenig steilen Teil der Felspartie hinab. Lehnert sah ihm nach, und ein Hoffnungsschimmer umleuchtete seine Stirn. Aber keine Viertelstunde, so war der Hund wieder da. Er war nur bis an den Quell gegangen und hatte getrunken, und kaum wieder frisch, war er auch frisch wieder in seiner Pflicht und seinem Vorhaben. Und kurzum, da war er wieder.
»Es soll also sein«, sagte Lehnert, über den plötzlich eine volle Ergebung in sein Schicksal kam. »Es ist Gottes Wille... Komm, Uncas... Es ist mir eine schöne Lehre, die du mir gibst: Treue halten und tun, was recht ist.«
Und er verfiel alsbald in ein fieberhaftes Träumen und wurd erst wieder wach, als ein Läuten aus dem Tale heraufdrang. Es war die Glocke, die sonst zum Gottesdienst läutete. »Sie wollen mir ein Zeichen geben. Und ich will ihnen antworten, so gut ich kann.«
Und dabei nahm er das neben ihm liegende Gewehr und schoß, und der Rauch zog am Gebirge hin, und das Echo trug den Schall immer weiter und weiter und vielleicht bis hinunter zu Tal.
Er horchte nach, bis es verklang. Und nun schwieg es, und im selben Augenblicke war es ihm, als höre er von weit her einen Ruf: »Hilfe.«
Wessen Stimme war das?
Er richtete sich auf und horchte noch einmal hinüber, und einen Moment überkam ihn der Gedanke, daß es Toby sein könne.
»Nein, es war ein anderer, der rief... Gut... Ich bin fertig... Ich komme.«
Und nun fiel er mit dem Kopf auf das Lager zurück, das er sich gemacht hatte.
Fünfunddreißigstes Kapitel
Zwischen den Feldern hin huschte was. Was es war, war nicht deutlich erkennbar, das Korn stand zu hoch, und die Dämmerung war noch zu dicht. Aber jetzt kam ein gemähter Wiesengrund, der ganz zuletzt zwischen den Maisfeldern und dem Dorfe lag, und nun ließ sich's erkennen, daß es Uncas war, der in Sprüngen auf Nogat-Ehre zujagte. Nur noch das Stück Parkland und die Brücke war zu passieren. Und nun war er heran und gab einen lauten Blaff, zwei-, dreimal, und sprang dann an dem Erdgeschoß in die Höh und kratzte an den Läden, die das Fenster von Obadjas Zimmer schlossen.
Obadja stand auf und warf einen Pelzrock über, den zu tragen er sich in den langen Wintertagen von Dakota gewöhnt hatte. Dann ging er hinaus auf den Flur, den Hund einzulassen. Aber Uncas sprang ihm schon entgegen, weil L'Hermite – der sich für alle Fälle halb angekleidet aufs Bett geworfen hatte – schneller als Obadja zur Hand gewesen war. Gleich danach kamen auch Ruth und Maruschka die Treppe herab und mit ihnen Toby; Toby, der noch am selben Abend, wo Lehnert auf die Suche nach ihm ausgezogen, wohl und munter und jedenfalls völlig unverletzt heimgekommen war. Und ein wunderlicher Anblick war es, den die Halle jetzt bot. Front- und Hoftür standen auf, und von beiden Seiten her fiel ein fahles Dämmerlicht ein, während das Licht in der herabhängenden Flurlampe zu verschwelen begann. Am bemerkbarsten aber und jedenfalls am lautesten war Uncas. Er lief hin und her und sprang empor und beschäftigte sich vor allem mit Ruth, an deren Kleid er zerrte, wie um zu zeigen, daß sie folgen solle.
Jeder wußte, was geschehen, und war erschüttert. Am meisten Toby, der, wenn auch schuldlos, die Veranlassung von all dem
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