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Quitt

Quitt

Titel: Quitt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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ein Fliegenfenster dazu, da zieht es noch mehr. Ja, was die Reichen sind und die Studierten, die sind immer so sehr für frische Luft, auch wenn es kalt ist; aber unsereins will gern warm sitzen, weil man sonst nichts Warmes hat, und das bißchen Kleinholz gibt es ja auch, das heißt, wenn man den Zettel hat, sonst ist Opitz gleich bei der Hand und schreibt einen auf, und man hat seine vierzehn Tage weg, man weiß nicht wie... Gott, wenn ich nur noch von dem Hochzeitskuchen hätte... Nun hab ich so gut wie nichts für den Herrn Pastor... Aber wenn arme Leute so was im Hause haben, dann sind sie wie die Kinder, und Lehnert ist eigentlich schuld... Ja, Lehnert, du bist schuld, du sagst doch sonst immer: ›Mutter, verdirb dich nicht, Mutter, sei nicht so naschig.‹ Aber du hast kein Wort gesagt, und da hab ich alles verputzt und verurscht, und is kein Krümel mehr da.«
    Lehnert war aufgestanden und trommelte vor Ungeduld an die Fensterscheibe, Siebenhaar aber, der sich noch der Zeiten erinnerte, wo so mancher aus dem armen Volk hier diese Sprache der Unfreien und Hörigen gesprochen hatte, lächelte nur und sagte: »Liebe Frau Menz, ich habe ja selber von dem Hochzeitskuchen gehabt und hab es geradeso gemacht wie Sie und hab ihn auch aufgegessen oder ›verputzt‹, wie Sie sagen, jedenfalls viel zuviel, was man eigentlich nicht soll. Und Lehnert hat ganz recht, wenn er gegen das Naschen ist. Aber das ist nun mal nicht anders, auch die Alten bleiben Kinder. Und wissen Sie, wer der dritte war, der
auch
zuviel gegessen hat, und noch dazu gleich oben, als der Kaffee kam? Der dritte war unser Freund Opitz...«
    Die Alte nickte und kicherte vor sich hin. Siebenhaar aber wiederholte:
    »Ja, unser Freund Opitz. Und sehn Sie, liebe Frau Menz, wenn ich hörte, daß er diese Nacht ein großes Alpdrücken gehabt und seine Frau mit seinem Tode geängstigt habe, so würd ich mich nicht wundern. Aber, wie gesagt, es haut eben jeder mal über die Schnur, Sie und ich und natürlich auch ein Förster. Und ist auch nicht so schlimm, wenn einer nur sonst brav und tüchtig ist. Und das ist Opitz und auch gar nicht so hart, wie die Leute glauben, und wenn man ihn nur zu nehmen weiß und ihm seine Ehre gibt, darauf hält er, und darauf
muß
er halten, so läßt sich ganz gut mit ihm leben, und ist auch nicht so gehässig und unversöhnlich, wie mancher meint, wovon ich mich erst gestern wieder überzeugen konnte...«
    »Hörst du, Lehnert, hörst du? Das ist es ja, was ich auch immer sage. Der Förster ist doch eine Obrigkeit, und die Obrigkeit ist von Gott. Ja, das haben Sie gepredigt, Herr Prediger, und das vergeß ich nicht wieder. Opitz ist Obrigkeit und ein guter Mann und steht eigentlich in Gottes Namen da...«
    »Ach, Mutter, rede doch nicht solchen Unsinn. Er ist bei dem Grafen in Dienst, und für
den
steht er da. So was darfst du nicht sagen, und am wenigsten, wenn der Herr Pastor da ist, das ist ja die reine Gotteslästerung. Und du sagst es auch alles bloß so hin und weißt recht gut, daß er nicht anders ist als du und ich und vielleicht noch ein bißchen schlechter.«
    Siebenhaar nahm Lehnerts Hand und lächelte:
    »Mußt dich nicht so ereifern, Lehnert. Die Mutter sagt es bloß, weil sie den ewigen Streit nicht will und sich ängstigt und Ruh und Frieden und gute Nachbarschaft haben möchte. Treff ich's? Sage selbst...«
    »Und weil ihr alles gleich ist, Herr Pastor, wenn sie nur ihren Vorteil hat.
Das
ist es. Und wenn sie drüben ein ranzig Stück Speck haben oder mit einem Rehviertel nicht mehr wissen, wo sie mit hin sollen, dann ist sie gleich bei der Hand und will sich's schenken lassen. Ich will aber nichts Geschenktes haben aus dem Haus da, und wenn es denn durchaus ein Reh oder ein Rehviertel sein soll...«
    »Dann weißt du, wo du's hernimmst... Ja, Lehnert, das ist es eben, und darüber klagt Opitz und über deinen Trotz, der das Verbotene nicht bloß tut, sondern sich's auch noch berühmt. Wie viele Male hab ich dir das schon vorhalten müssen. Erst neulich wieder. Ist es nicht so? Du schweigst... Sieh, ich bin gestern mit ihm eine halbe Stunde lang um die Brückenberger Waldwiese herumgegangen und hab ihn beschworen, nicht alles sehen und nicht alles hören zu wollen, und hab ihm Vorstellungen gemacht und ihm ins Gewissen geredet. Und ich kann dir sagen, wörtlich sagen, oder doch so gut wie wörtlich,
was
ich ihm bei der Gelegenheit alles gesagt habe. ›Sehen Sie, Opitz‹, so hab ich ihm gesagt, ›Sie reden

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