Quo Vadis
sein besonderes Gefolge von Sklaven hatte.
Am frühesten Morgen dieses Tages kamen Hirten von der Campania, mit sonnverbranntem Gesicht, mit Ziegenfellen an den Füßen, und trieben fünfhundert Eselinnen durch die Tore, damit Poppäa am Tage nach ihrer Ankunft in Antium in deren Milch ihr Bad nehmen konnte. Das Volk blickte mit Entzücken und Hohn auf die langen Ohren, die in Wolken von Staub sich hin und her bewegten, und hörte mit Vergnügen auf das Knallen der Peitschen und das wilde Geschrei der Hirten. Nachdem die Eselinnen vorüber waren, stürzten zahllose Knaben hervor, reinigten die Straße sorgfältig und bedeckten sie mit Blumen und Piniennadeln. Das Volk flüsterte sich mit einem gewissen Stolze zu, die ganze Straße nach Antium würde so mit Blumen bestreut, die teils aus den umliegenden Gärten genommen, teils von Händlern an der Porta Mugionis um hohen Preis geliefert worden seien. Nach den ersten Morgenstunden nahm das Gedränge beständig zu. Viele hatten ihre ganze Familie mitgebracht, breiteten Mundvorräte auf die für den neuen Cerestempel bestimmten Steine und aßen ihr Prandium unter freiem Himmel. Da und dort fanden sich ganze Gruppen zusammen, geleitet von weitgereisten Männern. Sie sprachen von der gegenwärtigen Lustfahrt des Cäsars, von seinen künftigen Reisen, vom Reisen überhaupt. Matrosen und alte Soldaten erzählten wahre Wunderdinge, die sie in fernen Feldzügen über Länder gehört hatten, die nie eines Römers Fuß betreten. Die Leute, die nie über die Via Appia hinausgekommen waren, lauschten mit Erstaunen den märchenhaften Erzählungen von Indien, Arabien und den Britannien umgürtenden Inseln, von jenem kleinen, von bösen Geistern bewohnten Eilande, auf dem Briareus den schlafenden Saturn eingekerkert hatte; sie hörten von den in Eis erstarrten Meeren nördlicher Regionen, von dem Zischen und Brüllen des Ozeans, wenn die Sonne darin niedertauchte. Fabeln dieser Art fanden bereitwilligen Glauben beim Volk, Fabeln, die ja selbst Männer wie Tacitus und Plinius als Wahrheit hinnahmen. Es wurde auch von dem Schiff gesprochen, zu dessen Besichtigung der Cäsar ging, ein Schiff, das Weizenvorrat für zwei Jahre gebracht hatte, dabei nicht zu erwähnen die vierhundert Reisenden, eine ähnliche Anzahl Soldaten und eine Menge wilder Tiere für die Sommerspiele. Dies alles nahm das Volk für den Kaiser ein, der nicht bloß für dessen Ernährung, sondern auch für dessen Vergnügungen besorgt war. Deshalb war man bereit, ihn begeistert zu begrüßen.
Indessen kam eine Abteilung numidischer Reiter, die der Wache der Prätorianer angehörten. Sie trugen gelbe Uniformen, rote Gürtel und große Ohrringe, die auf ihre schwarzen Gesichter einen goldenen Schimmer warfen. Die Spitzen ihrer Bambusspeere glitzerten wie Feuerflammen im Sonnenlichte. Nachdem sie vorüber waren, entstand eine prozessionsartige Bewegung. Die Menge drängte vorwärts, um sie noch länger zu sehen; Prätorianer zu Fuß jedoch bildeten zu beiden Seiten des Tores Spalier und verhinderten dadurch, daß die Massen sich der Straße näherten. Nun kamen Wagen mit purpurnen, roten und violetten Zelten, mit Byssuszelten, aus Fäden, weiß wie Schnee, gewoben; mit orientalischen Teppichen und Tischen aus Zitrusholz; mit Mosaikarbeiten und Küchengeräten; Käfige mit Vögeln aus dem Osten, Norden und Westen, deren Zungen oder Gehirn auf des Kaisers Tafel zu wandern hatten, und Gefäße mit Wein und Körbe mit Früchten. Gegenstände, die in den Wagen zerbrochen oder zerstoßen worden wären, wurden von Sklaven getragen. Man sah deshalb Hunderte solcher Sklaven zu Fuß mit Gefäßen und Statuen aus korinthischer Bronze. Hierauf folgten Gruppen mit etruskischen, andere mit griechischen Vasen, Gruppen mit goldenen und silbernen Geschirren, mit Gefäßen aus alexandrinischem Glase. Sie wurden durch kleine Abteilungen der prätorianischen Infanterie und Kavallerie geschützt. Jede Sklavengruppe hatte ihren Aufseher, der eine Peitsche trug mit Leder- oder Eisenstücken an den Enden. Dieser Zug von Männern, die mit großer Aufmerksamkeit und wichtiger Miene die verschiedensten Dinge trugen, machte den Eindruck einer feierlichen religiösen Prozession. Die Ähnlichkeit wurde noch größer, als die Musikinstrumente des Kaisers und seines Hofes vorbeigetragen wurden. Es waren Harfen, griechische Flöten, Flöten der Hebräer und Ägypter, Lyren, Phormingen, Zithern, lange gewundene Büffelhörner und Zimbeln. Wer die
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