Quo Vadis
Unmasse dieser im Sonnenschein von Gold, Bronze, edlen Steinen und Perlen blitzenden Instrumente sah, hätte glauben können, Apollon und Bacchus seien auf einer Reise durch die Welt begriffen. Hierauf kamen Prachtwagen mit künstlerisch gruppierten Akrobaten, Tänzern und Tänzerinnen, die Zauberstäbe in den Händen hielten. Ihnen folgten Sklaven, die als Luxus, nicht zur Bedienung gehalten wurden; es waren Knaben und kleine Mädchen aus Griechenland und Kleinasien, die Mädchen mit offenem Haar oder in goldenen Netzen geordneten Locken, Kinder gleich Amoretten mit wunderhübschen, jedoch mit einer dicken Lage Schminke bedeckten Gesichtern, damit die Luft der Campania ihren zarten Teint nicht bräune. Wieder folgte eine prätorianische Kohorte riesiger Sigambrer, blauäugig, bärtig, ihnen voran die Imaginarii mit römischen Adlern, Tafeln mit Inschriften, römischen und germanischen Götterbildern, Büsten des Cäsars. Unter der Fellbedeckung und Rüstung der Soldaten zeigten sich sonnverbrannte, mächtige Gliedmaßen, militärischen Maschinen gleich, fähig, die schweren Waffen zu handhaben, womit diese Art Wache versehen war. Unter ihren gemessenen, kräftigen Schritten schien der Boden sich zu beugen. Wie im Bewußtsein ihrer Stär ke, die sie auch gegen den Cäsar gebrauchen konnten, sahen sie mit Verachtung auf die auf den Straßen sich drängende Menge, offenbar vergessend, daß viele von ihnen in Banden nach dieser Stadt gebracht worden waren. Ihre Zahl jedoch war unbedeutend; denn die prätorianische Garde hatte im Lager bleiben müssen, um die Hauptstadt zu bewachen und in Disziplin zu halten. Ihrem Vorbeimarsch schlossen sich Neros gefesselte Löwen und Tiger an, so daß der Cäsar, sollte er den Dionysos nachzuahmen wünschen, sie an seinen Wagen spannen lassen konnte. Geführt wurden sie von Arabern und Indern an eisernen Ketten. Diese waren so von Gewinden umflochten, daß die Bestien an Blumenbändern geleitet schienen. Die durch geschickte Bändiger gezähmten Löwen und Tiger sahen mit grünlich schimmernden, scheinbar schläfrigen Augen auf die Menschenmasse; manchmal erhoben sie ihre riesigen Köpfe und atmeten die Ausdünstung der Menge ein, während sie die Lippen mit der dünnen Zunge leckten.
Jetzt kamen Neros große und kleine Wagen und Sänften in Gold oder Purpur, mit Elfenbein und Perlen eingelegt oder im Glanze von Diamanten erstrahlend; dann folgte in römischer Rüstung eine kleine Kohorte Prätorianer, die nur aus italischen Freiwilligen bestand. Ihnen schloß sich eine größere Gruppe ausgewählter Sklavinnen und Knaben an; zuletzt kam der Cäsar selber, dessen Annäherung die Freudenrufe von Tausenden schon von ferne verkündeten.
Unter der Menge befand sich auch der Apostel Petrus, der den Cäsar einmal zu sehen wünschte. In seiner Begleitung waren die dicht verschleierte Lygia und Ursus, dessen Kraft das junge Mädchen in der wilden, unruhigen Masse am sichersten zu schützen vermochte.
Der Lygier nahm einen von den zum Tempelbau bestimmten Steinen und brachte ihn dem Apostel, damit dieser darauf stehen und den Zug besser als andere sehen könne. Als Ursus den Stein auf die Seite schob wie ein Schiff die Wogen, murrte die Menge; als er aber den Block, den vier der stärksten Männer nicht zu heben vermocht hätten, aufhob und trug, verwandelte sich das Murren in Bewunderung, und allenthalben erscholl der Ruf: „Macte!“
Der Cäsar erschien. Er saß in einem Wagen, den sechs weiße idumäische Hengste zogen, deren Geschirre mit Gold beschlagen waren. Der Wagen hatte die Form eines nach den Seiten hin offenen Zeltes, damit die Menge Nero sehen könne, und bot für mehrere Personen genügenden Raum; aber der Kaiser wünschte ausschließlich Aufmerksamkeit für seine Person, darum war er allein, nur zwei mißgestaltete Zwerge kauerten zu seinen Füßen. Er trug eine weiße Tunika und eine amethystfarbene Toga, die auf sein Gesicht einen bläulichen Schimmer warf; sein Haupt schmückte ein Lorbeerzweig. Seit seiner Reise nach Neapel hatte er körperlich bedeutend zugenommen. Jetzt, da er den Bart nicht mehr trug, zeigte sich ein Doppelkinn; dadurch schien sein Mund, der immer der Nase zu nahe gestanden, diese zu berühren. Sein massiger Hals war, wie gewöhnlich, durch ein seidenes Tuch geschützt, das er jeden Augenblick ordnete mit seiner weißen, fetten Hand, die über und über mit roten Haaren, gleich blutigen Flecken, bedeckt war. Er ließ die Haare durch die Epilatoren
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