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Quo Vadis

Quo Vadis

Titel: Quo Vadis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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über ihre Gottesidee disputieren. Meinetwegen mögen sie die Schatten von Xenophanes, Parmenides, Zenon und Platon aus den kimmerischen Gefilden zitieren, wo die sich ja langweilen müssen wie ein Fink im Käfig. Ich wollte mit ihr und Plautius doch über einen anderen Gegenstand sprechen. Bei dem heiligen Leibe der ägyptischen Isis! Wäre ich mit dem Zweck unseres Besuches offen herausgerückt, so hätte ihre Tugendhaftigkeit sicherlich einen Lärm gemacht, wie wenn man mit einer Keule gegen einen ehernen Schild schlägt. Und ich getraute mir’s nicht! Ich fürchtete eine Szene. Aber deine Wahl muß ich loben; die reine ‚rosenfingrige Eos‘! Weißt du auch, woran sie mich erinnert? An den Frühling, nicht unseren italischen, wo ein Apfelbaum bloß hie und da eine Blüte treibt und die Olivenhaine so grau wie zuvor bleiben, sondern den Frühling, den ich einst in Helvetien sah, jung, frisch und grün. Bei der bleichen Mondsichel dort am Himmel! Ich begreife dich, Marcus. Doch wisse, daß du eine Diana liebst! Denn Aulus und Pomponia sind bereit, dich in Stücke zu reißen, wie die Hunde einst den Aktäon zerrissen.“
    Marcus ließ den Kopf hängen und sagte lange kein Wort, dann begann er mit vor Leidenschaft zitternder Stimme:
    „Ich begehrte sie früher, jetzt begehre ich sie noch viel mehr. Als ich ihre Hand ergriff, brannte Feuer in mir. Ich muß sie besitzen. Wäre ich Zeus, ich würde sie mit einer Wolke umgeben, wie er Jo umgab, oder ich würde als Regen auf sie niederfallen, wie er auf Danae; bis zum Wundsein wollte ich ihre Lippen küssen! In meinen Armen müßte sie vor Schmerz aufschreien. Erschlagen möchte ich Aulus und Pomponia und dann Lygia auf meinen Armen heimtragen. Ich will diese Nacht nicht schlafen; ich werde einen Sklaven peitschen lassen und seinem Wimmern zuhören.“
    „Beherrsche dich! Du hast ja Gelüste wie ein Zimmermann!“
    „Sag, was du willst. Ich muß sie besitzen. Ich habe mich um Hilfe an dich gewandt; willst du nicht Rat finden, so finde ich ihn. Aulus betrachtet Lygia als seine Tochter; warum sollte ich dann auf sie wie auf eine Sklavin schauen? Und wenn es keinen anderen Ausweg gibt, so soll sie die Schwelle meines Hauses mit der Wolle von Wölfen schmücken, mit Wolfsfett salben und an meinem Herde sitzen als mein Weib.“
    „Beruhige dich, du wahnwitziger Sproß von Konsuln. Wir führen keine Barbaren, an unsere Triumphwagen gebunden, nach Rom, um Ehefrauen aus ihren Töchtern zu machen. Hüte dich vor dem Äußersten! Versuche alle erlaubten Mittel und laß dir und mir Zeit zum Nachdenken. Chrysothemis war in meinen Augen eine Tochter Jupiters, und dennoch habe ich mit ihr keine Ehe geschlossen, sowenig wie Nero sich mit Acte vermählen ließ, obgleich die für eine Tochter des Königs Attalos galt. Beruhige dich! Bedenke, wenn Lygia Aulus um deinetwillen zu verlassen wünscht, so hat er kein Recht, sie zurückzuhalten. Wisse auch, daß Eros in ihr ebenso die Flamme angefacht hat wie in dir. Ich sah es, und du kannst es mir glauben. Gedulde dich! Alles läßt sich einrichten; aber heute habe ich schon zuviel gedacht, und das ermüdet mich. Dagegen verspreche ich, morgen mich an deine Liebe zu erinnern, und wenn Petronius Petronius bleibt, so wird er Rat finden.“
    Beide schwiegen.
    „Ich danke dir“, sagte Marcus nach einer Weile. „Möge Fortuna dir günstig sein.“
    „Gedulde dich.“
    „Wohin gibst du Befehl, uns zu tragen?“
    „Zu Chrysothemis.“
    „Du bist glücklich zu preisen, denn du besitzest die, die du liebst!“
    „Glücklich? Weißt du, was an Chrysothemis mich noch amüsiert? Daß sie mich mit meinem Freigelassenen, dem Lautenschläger Theokles, hintergeht und glaubt, ich wüßte es nicht. Einst liebte ich sie; nun belustigen mich ihre Lügen und ihre Dummheit. Begleite mich zu ihr. Sollte sie dir gegenüber kokett tun, den Finger in Wein tauchen und Buchstaben auf den Tisch schreiben, so fürchte keine Eifersucht meinerseits.“
    Und er gab den Befehl, sie beide zu Chrysothemis zu tragen.
    Als sie das Haus betraten, legte Petronius die Hand auf die Schulter seines Neffen und sagte:
    „Warte. Ich glaube, einen Plan entdeckt zu haben.“
    „Mögen alle Götter dich belohnen!“
    „Ich hab’s! So kann’s nicht fehlschlagen. Weißt du, was es ist, Marcus?“
    „Ich höre auf dich, du Günstling der Athene.“
    „Wohlan! In wenigen Tagen wird die göttliche Lygia in deinem Hause das Korn der Demeter mit dir teilen.“
    „Du bist

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