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Quo Vadis

Quo Vadis

Titel: Quo Vadis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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einem der Götter würdigen Glück gesprochen hatte und immer noch wie ein Lied in ihren Ohren nachklang.
    Doch im nächsten Augenblick schon entsetzte sie sich über dieses freudige Gefühl. Sie glaubte, der reinen Lehre, in der Pomponia sie erzogen hatte, ja sich selbst untreu geworden zu sein. Es war doch ein Unterschied, ob sie gezwungenermaßen oder mit innerer Zustimmung an dem Fest teilnahm. Sie kam sich sündig, unwürdig und verworfen vor. Mutlosigkeit erfaßte sie, und wäre sie allein gewesen, so würde sie auf die Knie gesunken sein und hätte sich an die Brust geschlagen mit den Worten: „Mea culpa! Mea culpa!“ Doch Acte ergriff sie bei der Hand und führte sie durch die inneren Gemächer ins große Triclinium, wo das Fest stattfinden sollte. Lygias Herz klopfte zum Zerspringen. Wie im Traum sah sie Tausende von Lampen an den Wänden und auf den Tischen leuchten; wie im Traum hörte sie die Rufe, womit die Gäste den Cäsar begrüßten; wie durch einen Nebel erblickte sie ihn selbst – Nero. Der Lärm machte sie taub, der Glanz blendete, die Wohlgerüche betäubten sie. Sie verlor den Rest ihrer Sinneskraft und war kaum mehr fähig, Acte zu erkennen, die sie an ihren Platz geleitete und sich dann selber neben ihr niederließ.
    Nach einer Weile wurde auf der anderen Seite eine leise, bekannte Stimme hörbar: „Sei gegrüßt, du Schönste aller Jungfrauen der Erde, du Lieblichste unter dem himmlischen Sternenzelt! Sei gegrüßt, göttliche Lygia!“ Lygia, die sich einigermaßen erholt hatte, blickte auf; an ihrer Seite saß Marcus Vinicius.
    Er war ohne Toga, wie es Sitte und Bequemlichkeit bei Gelagen verlangten. Seinen Körper verhüllte bloß eine scharlachrote, mit silbernen Palmen überstickte Tunika ohne Ärmel. Die nackten Arme waren nach orientalischer Mode mit zwei breiten, über den Ellbogen befestigten Goldbändern geziert und überdies von Haaren sorgfältig gereinigt. Sie schienen glatt, waren aber sehr muskulös, echte Soldatenarme, passend zu Schwert und Schild.
    Ein Kranz von Rosen bedeckte sein Haupt. Mit seinen über der Nase zusammentreffenden Brauen, mit den leuchtenden Augen und der dunklen Gesichtsfarbe war er sozusagen die Verkörperung von Jugend und Kraft. Lygias Augen erschien er so schön, daß sie, obwohl die anfängliche Betäubung verflogen, kaum zu antworten imstande war.
    „Sei gegrüßt, Marcus!“
    „Glücklich meine Augen“, sagte er, „da sie dich sehen; glücklich meine Ohren, da sie deine Stimme vernehmen, die mir teurer ist als die Klänge von Lauten und Zithern. Müßte ich entscheiden, wer hier bei diesem Gastmahl an meiner Seite ruhen sollte, du oder Venus, so würde ich dich, du Göttliche, wählen.“
    Er schaute sie an, als wollte er sich mit ihrem Anblick sättigen, seine Augen in die ihrigen versenken. Sein Blick wanderte von ihrem Gesicht auf den Hals und die bloßen Arme, bewunderte, umfaßte, verzehrte sie, doch neben dem Verlangen sprachen daraus Wonne und grenzenloses Entzücken.
    „Ich wußte, ich würde dich hier treffen“, fuhr er fort; „dennoch, als ich dich erblickte, ergriff solche Wonne meine Seele, als ob ein ganz und gar unerwartetes Glück mir begegnet wäre.“
    Lygia, die sich erholt hatte und fühlte, daß er in dem ganzen Schwarme das einzige ihr nahestehende Wesen war, begann ein Gespräch mit ihm und fragte nach allem, was sie nicht begriff und was ihr Furcht einflößte. Woher wußte er, daß sie sich in des Cäsars Palaste begegnen würden? Warum war sie hier? Weshalb nahm Nero sie von Pomponia weg? Sie fürchtete sich an diesem Orte und sehnte sich zurück zur Mutter. Sie würde sterben vor Schrecken und Angst, wenn sie die Hoffnung nicht hätte, Petronius und er würden beim Cäsar für sie eintreten.
    Marcus erklärte, er wisse von Aulus selbst, daß man sie weggeholt habe. Warum, sei ihm unbekannt. Der Cäsar gäbe niemand Rechenschaft über seine Befehle und Aufträge. Doch solle sie nichts fürchten. Er, Marcus, sei bei ihr und schütze sie. Lieber wolle er die Augen als ihren Anblick einbüßen. Sie sei seine Seele, und darum werde er sie wie seine Seele bewahren. In seinem Hause wolle er ihr, als einer Gottheit, einen Altar errichten und darauf Myrrhen und Aloe, im Frühling aber Anemonen und Apfelblüten darbringen; da sie Angst fühle in Cäsars Palast, werde sie nicht länger darin bleiben müssen.
    Obschon er ausweichend und zuweilen unwahr sprach, klang Wahrheit durch seine Rede, denn seine Gefühle waren echt.

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