Rabenblut drängt (German Edition)
gebettet wie dich, du verwöhnter Balg! Du kannst dir nicht vorstellen, was sie dort mit mir gemacht haben!«
»Aber daran kann ich mich überhaupt nicht erinnern!«, wagte Niki einzuwenden.
»Du warst ein dummer Junge. Du hast gar nichts mitbekommen. Deine Schwester war da wesentlich schlauer. Sie hat sofort begriffen, warum ich nicht nach Hause kam.« Er warf mir einen Blick voller Abscheu zu. »Und du wagtest es auch noch, Nathalie anzurühren, du Missgeburt!« Seine Augen verengten sich. »Wie konnte sie sich nur jemals auf jemanden wie dich einlassen?«
»Jetzt mach mal halblang!« Nikolaus baute sich empört auf, aber sein Vater wischte den Einwand mit einer Handbewegung beiseite.
»Alles habe ich aufgeben müssen. Alles, wofür ich so hart gearbeitet hatte, war zerstört. Ich habe die Zeitung nicht freiwillig verkauft, ich wurde dazu gezwungen.«
»Dabei hat sich das Ganze nicht gerade als Fehlinvestition herausgestellt«, entfuhr es mir und ich deutete auf die Umgebung, in der wir uns befanden.
Nikis Vater lief hochrot an, blitzschnell stieß er mich nach hinten. Mit voller Wucht prallte ich gegen eines der gefüllten Fässer. Das Weinglas fiel mir aus der Hand und zerschellte.
»Bist du irre?« Niki versuchte, seinen Vater zurückzuhalten.
»Ich denke, es ist besser, wenn ich mich jetzt verabschiede«, erklärte ich gefasst und wandte mich ab.
Aber Wassilij setzte mir nach, packte mich am Hemdsärmel und riss mich zurück.
»Ihr werdet dafür büßen«, knurrte er. »Einer nach dem anderen!«
Er holte mit seiner Faust aus und schlug mit solcher Kraft zu, dass ich taumelte. Mit der Hand tastete ich kontrollierend nach meinem Unterkiefer.
»Einer nach dem anderen?«, schrie jetzt auch Nikolaus. »Was heißt das? Was zum Teufel hast du getan?«
Sein Vater lachte auf und ließ meinen Ärmel los. »Was ich getan habe? Ich habe versucht, sie auszumerzen. Dieses ganze Rabenpack! Aber wer kann schon ahnen, dass sie sich vermehren wie die Karnickel?«
Ich schloss die Augen. Beinahe abgekapselt, wie unter einer Glasglocke, drangen die Stimmen nur noch dumpf zu mir.
»Weißt du, wie lange es gedauert hat, sie in diesem verfluchten Wald aufzutreiben? Acht Jahre! Acht verdammte Jahre, bis ich diese kleine Spur gefunden habe!«
»Sie haben Pavel umgebracht«, sagte ich tonlos.
»Der Einzige, den die Hunde erwischen konnten!«
»Ich kann einfach nicht glauben, was du da sagst!« Nikolaus keuchte. »Es sind Menschen!«
»Es sind keine Menschen, du sentimentaler Schwachkopf! Man hätte während des Krieges die Gelegenheit nutzen sollen, sie alle zu vergasen!« Er spuckte aus vor Wut.
»Du bist verrückt!«, rief Niki. »Du bist ja vollkommen verrückt!«
»Ich bin nicht verrückt«, sagte Wassilij ruhig. »Aber ich werde dafür sorgen, dass keiner von euch übrig bleibt. Und was dieses Flittchen betrifft: Glaub mir, ich werde es zu verhindern wissen, dass sie eine weitere Missgeburt ausbrütet!«
»Was wollen Sie damit sagen?«
»Dieses Weib hat meine Tochter angegriffen«, sagte er.
»Redest du von Isabeau?« Niki packte seinen Vater am Kragen und schüttelte ihn.
»Du warst ein braver Junge. So viele Dinge, die ich von dir erfahren habe.« Er schien erschöpft. »So viele Details, die ich dir nicht einmal entlocken musste. Völlig bereitwillig hast du mir immer alles erzählt.« Er tätschelte Nikolaus’ Wange.
»Das glaube ich jetzt einfach nicht!« Nikolaus schlug angewidert die Hand seines Vaters beiseite. »Wo ist Isabeau?«, wandte er sich an mich.
»Zuhause.« Magensäure stieß mir bitter in der Kehle auf. Ich musste sofort hier raus und auf dem schnellsten Weg zurück. Keine Sekunde länger durfte ich hier vergeuden.
Nikis Vater schien meine Gedanken zu lesen.
»Du wirst nicht rechtzeitig da sein«, sagte er mit glänzenden Augen.
»Ich habe meinen Mann schon vor einer Stunde losgeschickt. Du wirst höchstens ihre Überreste aufsammeln können. Aber du verstehst dich ja drauf, Aas aufzustöbern!« Er begann zu lachen, und der Klang seiner Stimme war beinahe obszön.
Da explodierte etwas in mir.
Angriffslust
I ch bin Isabeau«, sagte ich freundlich, wenn auch angestrengt.
»Ich weiß, wer du bist.«
Sergius’ Lächeln kam mir raubtierhaft vor.
»Alexej kommt sicher bald zurück aus Prag.«
Ich wusste nicht, warum ich das sagte. Er erwiderte jedenfalls nichts darauf und musterte mich so ungeniert, dass ich unwillkürlich vor ihm zurückwich. Da war etwas in seinen
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