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Rachedurst

Rachedurst

Titel: Rachedurst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Patterson
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über meine Reaktion diesem Mann gegenüber erstaunt, als ich hier saß.
    Nach nur einem Blick in seine Augen, dieselben Augen, die einst mit ihrem furchtlosen Blick den gegnerischen Schläger niedergemacht hatten, wuchs in mir ein ganz anderes Gefühl: Mitleid. Weil ich in diesen Augen nur noch Angst erkannte.
    Einsatz von Paul McCartney und den Beatles: I’m not half the man I used to be.
    »Was trinken Sie da?«, fragte ich mit Blick auf die drei Finger breit Flüssigkeit in seinem Glas, die wie Whisky aussahen.
    »Johnnie Walker«, antwortete er. »Black Label.«
    »Klingt gut.«
    Die ersten Gerüchte über Dwayne Robinsons Drogenmissbrauch waren im dritten Jahr seiner 20-Win-Seasons bei der Majors League aufgekommen. Allerdings hatte man sich damals noch keine allzu großen Sorgen um leistungs steigernde Drogen gemacht. Angeblich hatte er Koks und manchmal Heroin genommen. Wenn man sich beides gleichzeitig reinpfeift, heißt das ironischerweise »Speedball«.

    Doch sofern die hartnäckigen Gerüchte stimmten, verschlechterte sich die Leistung des zweimaligen Cy-Young-Award-Gewinners nicht. Und seine Launenhaftigkeit auf anderer Ebene wurde stets mit seiner Sozialphobie entschuldigt.
    Dann kam der berühmte »Einbruch«.
    Bei den World Series zwischen den Yankees und den Los Angeles Dodgers, die je drei Spiele gewonnen hatten, sollte Dwayne im entscheidenden siebten Spiel die Abwurfstelle im Stadion in der Bronx besetzen. Er hatte bereits zwei Spiele in dieser Serie bei nur einem Single Run gewonnen. Mit anderen Worten, gegen ihn schien keiner einen Treffer landen zu können, was ihn umschlagbar machte.
    Allerdings ließ er sich bei diesem Spiel nicht blicken.
    Er verschwand für mehr als zweiundsiebzig Stunden. Mist, und es hätte noch länger gedauert, wenn der Hausmeister seines luxuriösen Hochhauses – ein ebenso begeisterter Fan – nicht mit dem Generalschlüssel in Dwaynes Penthouse-Wohnung eingedrungen wäre. Dort fand er ihn nackt und kaum bei Bewusstsein auf dem Boden liegend. Gerüchten zufolge trat der wütende Hausmeister den Sportstar sogar ein paarmal mit den Füßen.
    Vom Krankenhausbett aus erzählte Dwayne der Polizei, zwei Männer seien in seine Wohnung eingedrungen und hätten ihn unter Drogen gesetzt, wahrscheinlich, um ihre Gewinnchancen zu erhöhen, nachdem sie für das World-Series-Spiel eine Wette abgeschlossen hatten. So weit also Dwaynes Erklärung der Tatsache, dass in seinem Blut eine fast tödliche Dosis Heroin nachgewiesen wurde.
    Natürlich wurde der Fall zu einer der größten Geschichten im Sport – nein, zu einer der größten Nachrichten überhaupt. »Nach Watergate war dies der berühmteste Einbruch
der Geschichte«, witzelte ich damals in einem Artikel für den Esquire.
    Mit dem kleinen Unterschied, dass Watergate tatsächlich passiert war.
    Es gab zwar durchaus Leute, die Dwayne Robinsons Version Glauben schenkten, doch das schale Gefühl überwog, dass er trotz seiner Beteuerungen log und sich die Überdosis selbst verpasst hatte.
    Die Tatsache, dass die beiden Gauner, die er der Polizei beschrieben hatte, nie geschnappt wurden, war seinem Ruf auch nicht gerade dienlich.
    Ein Jahr später erhielt Robinson eine lebenslange Sperre für alle Baseballspiele. Seine Frau verließ ihn mitsamt den beiden Kindern, für die sie schließlich das alleinige Sorgerecht erhielt. Wenn man darüber nachdachte – und das tat ich –, war dies der schlimmste Alptraum. Alles, wofür er gelebt hatte, war fort. Alles war verschwunden. Genau wie er selbst.
    Bis jetzt. Bis genau zu diesem Moment. Das erste Interview seit zehn Jahren.
    Ich griff nach unten in meine braune Ledertasche und zog meinen Kassettenrekorder heraus. Diesen legte ich auf den Tisch und drückte mit tatsächlich leicht zitternder Hand die Aufnahmetaste.
    »Also, wie funktioniert das?«, fragte Dwayne vorsichtig, als er sich in seinem weißen Hemd mit geknöpftem Kragen nach vorn beugte und seine riesigen Ellbogen auf dem Tisch abstützte. »Wo soll ich anfangen?«
    Das war ganz einfach.
    Was passierte in jener Nacht wirklich, Dwayne? Sind Sie nach all den Jahren endlich bereit, eine andere Geschichte zu erzählen? Die wahre Geschichte? Lüften Sie das Geheimnis für uns. Lüften Sie es für mich.

    Doch bevor ich meine erste Frage stellen konnte, hörte ich einen fürchterlichen Schrei, eines der jammervollsten, kehligsten, scheußlichsten Geräusche, die ich je gehört hatte.
    Und er stammte vom Nachbartisch.

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