Rachedurst
beschrieben hat, dachte er. Sie war tatsächlich da, war die ganze Zeit da gewesen â genau wie er vermutet hatte.
»Und warum steht sie da so im Regen?«
»Sie sieht sich an, wie das alles endet.«
Nate verzog angewidert den Mund.
»Opal!« Joe hob die Hand. »Opal!«
Sie reagierte nicht. Als die beiden an ihr vorbeikamen, blickte sie ihnen nicht nach, sondern starrte mit versteinerter Miene auf den Fluss.
»Sie hat dich nicht gehört«, meinte Nate.
»Wie denn das? Sie muss mich gehört haben.«
»Sie ist alt und vermutlich taub. Und auf jeden Fall verrückt«, setzte Nate ehrfürchtig hinzu.
»Sie war also die ganze Zeit hier«, sagte Joe wie benommen.
***
Als sie anlegten, stand das Wasser schon dreiÃig Zentimeter unter dem Dollbord. Weitere zehn Minuten, und sie wären gesunken.
Joe und Nate sprangen an Land und lieÃen das Boot im Schlamm zurück.
»Sollen wir mit Opal reden? Rausfinden, was sie weiÃ?« Nate blickte von Joe zu den Ranchgebäuden und zurück. Er überlieà es Joe, eine Entscheidung zu treffen â das war neu.
»Später. Ich will damit keine Zeit verschwenden. Wir können zu ihr gehen, wenn wir die Gebäude überprüft haben. Sheridan und Lucy müssen hier sein.«
Nates Blick schien zu fragen: Wie kannst du dir da so sicher sein?
Joe reagierte nicht darauf. Er spürte einfach, dass sie in der Nähe waren.
Der Regen hatte eine frisch aufgeschüttete Böschung in den Fluss sacken lassen, und irgendetwas ragte aus dem durchweichten Erdreich hervor, lang, waagrecht und metallisch. Nate strich die Erde weg: Es handelte sich um die StoÃstange eines Wagens. Jemand hatte ihn mit einer Planierraupe vergraben.
»Cadillac«, sagte Nate und rieb den Dreck vom Logo.
»Das ist Opals Wagen. Sie hat ihn unter Erdreich begraben, damit alle denken, sie ist weggefahren.«
»Warum sollte sie das getan haben?«
Joe dachte kurz nach. »Um zuzusehen, wer gewinnt.«
***
Als sie sich Arlens Haus näherten, waren Joes Eingeweide in Aufruhr, und er versuchte vergeblich zu schlucken. Er warf einen Blick auf die Waffe in seiner Hand und bemerkte, wie sehr er zitterte.
»Ich übernehme den Vordereingang«, sagte Nate. »Du kommst von hinten.«
»Wenn du Keeley siehst: sofort schieÃen.«
»Kein Problem.«
Als sie sich trennten, griff Nate nach Joes Arm.
»Schaffst du das auch.«
»Sicher«, sagte Joe.
»Cool bleiben.«
***
Joe behielt eine Reihe blühender Fliederbüsche zwischen sich und der Seitenwand des Hauses, als er zum Hintereingang trabte. Wie bei Hank lag das Haus im Dunkeln, und auch sonst war kein Lebenszeichen zu erkennen. In der Ferne blökte ein Kalb in einem Pferch. Es nieselte leicht, und die Fallrohre des Hauses gluckerten.
Er stieg über einen niedrigen Zaun in den Hinterhof. Dort gab es eine Veranda mit einer Fliegengittertür. Sie war nicht abgeschlossen. Er öffnete sie so leise wie möglich und trat in eine feuchtkalte Umkleide. Schwere Jacken hingen an den Wänden, und auf dem Boden standen sauber aufgereiht zwölf Paar Stiefel. Die Umkleide führte in die riesige Küche, wo Sheridan Arlen und Bill Monroe zusammen gesehen hatte. Joe ging um den frei stehenden Mitteltresen herum und stand neben dem Durchgang ins Wohnzimmer.
Ãtzende Gerüche lagen in der Luft: Chemikalien, die Joe nicht identifizieren konnte; Ablagerungen, wie jahrelanges Kochen sie an Wänden hinterlässt; ein durchdringender Metallgeruch, der ihn an Hanks Esszimmer erinnerte â Blut.
Die Waffe im Anschlag, wirbelte er durch den Zugang zum Wohnzimmer und sah sich der Vermächtniswand gegenüber. Alle Bilder waren zerschlagen, einige zu Boden gefallen.
Die Möbel waren umgestürzt. Ein Porzellanschrank lag auf der Seite, und Kaffeetassen und Teller waren über den Boden verteilt. An der Vermächtniswand zeichnete sich eine Blutfontäne ab, die bis zur Decke reichte. Auf dem Teppich stand eine Blutlache. Die Szenerie zeugte von abscheulicher Gewalt.
»Oha.« Nate trat von vorn ein und sah sich um.
Joe rief: » Sheridan! Lucy! «
Sein Schrei hallte durchs Haus.
Nate rümpfte die Nase. »Den Geruch kenne ich.«
»Nämlich?«
»Das ist Alaun â damit gerbt man Häute.«
***
Sie hörten ein Geräusch, das direkt unter ihnen durch den FuÃboden drang. Ein
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