Rachedurst
Wyatt. »So kann ich meine Familie konservieren. Wir sind hier sehr wichtig. Und ich habe die beiden so geliebt â auch wenn sie sich nicht ausstehen konnten.«
»Deine Mutter hast du auch schon präpariert«, stellte Nate fest.
Wyatt nickte und sah gespannt auf. »Haben Sie bemerkt, wie ich sie lächeln lasse? Nur wenige wussten, dass sie lächeln konnte. Jetzt wissen es alle.«
Joe schob sich an Nate vorbei Richtung Treppe zurück.
»Bitte bleib bei ihm. Ich geh meine Töchter holen.«
***
Er rannte über den Ranchhof und die StraÃe entlang. Seine Beine fühlten sich an, als könnten sie ihm jederzeit den Dienst versagen. Die Szene im Keller hatte seine Seele versengt und Wyatts Trauer ihm das Herz zerrissen.
J. W. Keeley musste hier drauÃen noch irgendwo sein. Joe hielt die Pistole mit beiden Händen und richtete sie auf die dunklen Bäume nahe den Ranchbauten, die er nach verdächtigen Bewegungen absuchte. Wie weit kam man mit so einer Wunde? Rotwild und Wapitis schleppten sich manchmal kilometerweit, wenn achtlose Jäger ihnen ein Bein abschossen. Aber ein Mann?
Dann kam ihm ein furchtbarer Gedanke: Vielleicht hatte Keeley die Mädchen gefunden.
***
Das Trommeln des Regens aufs Blechdach des Schuppens hatte Sheridan nahezu taub werden lassen â so taub, dass sie sich nicht sicher war, ob sie drauÃen tatsächlich einen Schrei hörte. Wie schon zuvor, als sie geglaubt hatte, Schüsse und sogar das heillose Brüllen eines Mannes vernommen zu haben. Beide Male hatte sie geargwöhnt, dass ihre Sinne ihr einen Streich spielten. Doch nun hörte sie den Schrei erneut.
»Kommt da wer?«, fragte Lucy aus der Ecke von Wyatts Schuppen, in die sie sich verkrochen hatte.
»Ja.« Sheridan nahm allen Mut zusammen, trat ans Fenster und teilte die Vorhänge. Die vielen Regentropfen, die nach wie vor über die Scheibe rannen, erschwerten die Sicht. Eine Gestalt tauchte im Grau auf: Ein Mann kam auf den Schuppen zugerannt, kauerte sich nieder und sah sich um, als rechnete er damit, dass jemand sich auf ihn stürzte. Sie erkannte die Gestalt.
Sheridan trat vom Fenster weg und drehte sich strahlend zu Lucy um. Plötzlich war die Welt wieder in Ordnung.
»Dad ist da«, sagte sie.
***
In Wyatts Schuppen brannte Licht. Joe rief erneut nach seinen Mädchen.
»Dad!«, drang es daraufhin als Antwort aus dem Schuppen. Das war Sheridan. Dazu kam ein Kreischen von Lucy.
Die Tür war abgeschlossen. Er rüttelte daran, doch sie gab nicht nach.
»Moment«, sagte Doris Scarlett von drinnen.
Ein Riegel fiel, und die Tür öffnete sich nach innen. Hinter Doris Scarlett waren Sheridan, Lucy und Julie zu sehen. Lucy kam angeschossen und schlang Joe ungestüm die Arme um die Taille.
»Mann, sind wir froh, dass du da bist«, sagte Sheridan.
Joe schloss die Tür und zog seine Töchter an sich.
»Du bist ganz schön nass, Dad«, meinte Lucy.
Joe setzte die beiden zusammen mit Julie auf ein Sofa. »Erzählt mir, was passiert ist.«
Sheridan berichtete, wie Bill Monroe den Bus gekapert und gewendet hatte und wie sie beim Versuch, den Fluss zu queren, stecken geblieben waren. Monroe hatte sie gezwungen auszusteigen und ans Ufer zu waten, und dann waren sie zu viert durch den Schlamm zur Ranch gegangen. Als sie den Hof erreichten, kam Wyatt aus dem Keller und schrie Bill Monroe an, er solle verschwinden. Als er nicht reagierte, griff Wyatt an und schlug ihm auf den Kopf. Monroe lief daraufhin fluchend zum Haus, wo Arlen auf der vorderen Veranda stand. Monroe ging rein, und Arlen schloss die Tür hinter sich. Wyatt schickte Doris und die Mädchen daraufhin in seinen Schuppen und befahl ihnen, die Tür zu verriegeln und niemanden auÃer ihm einzulassen.
Mehr wussten sie nicht, und Joe war erleichtert. Sie hatten nicht mitbekommen, was im Haus passiert war.
»Habt ihr Keeley seitdem gesehen? Ich meine Bill Monroe«, setzte er hinzu, um keine Verwirrung zu stiften.
»Keeley?«, fragte Sheridan zurück. »Wie bei April? Der gleiche Nachname?«
»Leider ja.«
Die Töchter wechselten einen Blick. »Ich hab ja gesagt, das Gesicht kommt mir bekannt vor. Er hat Aprils Augen«, sagte Sheridan zu Lucy.
Joe schüttelte den Kopf und sah Julie an, die still und allein am Ende des Sofas saÃ. Sie ahnte nicht, Vater und Onkel verloren zu haben. Zum Glück lebte ihre Mutter
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