Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Racheengel

Racheengel

Titel: Racheengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stuart Neville
Vom Netzwerk:
geplatzt, als er sie der Staatsanwaltschaft präsentiert hatte, weil aus der Asservatenkammer Indizien verschwunden waren.
    Oder war es vielleicht möglich, dass DCI Dan Hewitt gewissen Leuten ins Ohr geflüstert, auf die Schulter getippt oder die Daumenschrauben angelegt hatte? Lennon vermutete, dass Hewitt ihm das Leben im Revier am Ladas Drive so schwer wie möglich machen wollte, in der Hoffnung, dass er sich woandershin versetzen ließ.
    Den Gefallen würde Lennon ihm aber nicht tun. Stattdessen würde er auch weiterhin an Abenden wie diesem, an denen er lieber zu Hause bei seiner Tochter gewesen wäre, aufs Revier kommen. Es war derselbe störrische Wesenszug, aus dem heraus er sich dem Wunsch der McKennas verweigerte, Ellen in den Schoß ihrer Familie aufzunehmen, obwohl er wusste, dass es keinen logischen Grund dafür gab.
    Er griff zum Telefon und begann mit seinen erforderlichen Anrufen.
    Als Lennon ankam, schoben die Sanitäter gerade den verletzten Hafenpolizisten in den Krankenwagen. Wegen der Bandagen undder Halskrause war nur noch sein Mund zu sehen. Ein zweiter uniformierter Hafenpolizist sah zu, wie sich die Türen schlossen. Lennon registrierte die Rangabzeichen auf seinen Epauletten.
    »Sind Sie der Vorgesetzte des Verletzten?«, fragte er.
    Der Sergeant schaute ihn erst einen Moment lang verwirrt an, bevor er antwortete. »Entschuldigung, ja. Ich bin Bobby Watts. Als es passiert ist, hatte ich gerade Bereitschaft. Ich war derjenige, der die Polizeistreife angerufen hat, nachdem Smithy mich angefunkt hatte. Meine Güte, er hat sich zwar beunruhigt angehört, aber ich dachte doch nicht, dass so was dahintersteckte.«
    »Detective Inspector Jack Lennon.« Er reichte Watts die Hand. »Ich bin vorerst der leitende Ermittlungsbeamte, bis der ACC morgen früh ein Team zusammenstellt. Was ist passiert?«
    Watts berichtete ihm über Constable Wayne Smiths nervösen Anruf, dass er lediglich von einem Betrunkenen ausgegangen sei, der vor den Streifenwagen getorkelt war, dass er sich auf dem Weg zum Unfallort noch verflucht habe in Erwartung des ganzen Papierkrams und der erheblichen Schadensersatzansprüche, die zweifellos gestellt werden würden. Ein paar Minuten vor dem Fahrzeug der nordirischen Polizei sei er angekommen und habe etwas gänzlich anderes vorgefunden.
    »So was habe ich noch nie zu Gesicht bekommen«, fuhr Watts kopfschüttelnd fort. Seine Augen wurden feucht. »Wissen Sie, wir am Hafen schieben eigentlich eine ruhige Kugel. Hier und da ein kleiner Diebstahl, ein paar Verkehrssachen, das ist schon das höchste der Gefühle. Nicht so was wie das hier, nicht mal damals in der schlimmsten Zeit der Unruhen. Seine Waffe haben sie auch mitgehen lassen.«
    »Scheiße«, sagte Lennon. Wer auch immer verrückt genug gewesen war, einen Cop krankenhausreif zu prügeln, lief jetzt mit einer Glock 17 in der Tasche durch die Stadt. Es war bitterkalt, und Lennon zog seinen Mantel fest um sich. Vom Wasser hernäherte sich Connolly, die fluoreszierende Jacke bis oben hin zugeknöpft.
    Als der Sanitäter sich zum Fahrerhaus des Krankenwagens wandte, zupfte Lennon ihn am Ärmel. »Wie geht es ihm?«, fragte er.
    »Nicht besonders«, sagte der Sanitäter. »Aber wir haben schon Schlimmeres gesehen. Abgesehen von den Platzwunden erkenne ich keine Hinweise auf schwere Kopfverletzungen, aber bevor wir ihn nicht gescannt haben, können wir nicht viel sagen. Die lebenswichtigen Organe sind alle in Ordnung. Wir bringen ihn ins Royal. Wenn Sie in ungefähr einer Stunde in der Notaufnahme anrufen, erfahren Sie mehr.«
    »Danke.« Lennon wandte sich an Connolly. »Und?«
    »Der Tote ist circa Mitte dreißig. Nach den Tattoos und den Klamotten zu urteilen, würde ich auf Osteuropa tippen. Sieht so aus, als hätte eine Stichwunde am Hals ihn erledigt.«
    »In Ordnung«, sagte Lennon, »schauen wir uns die Sache mal an.«
    Sie machten sich auf den Weg zur Leiche, da rief Watts ihnen nach: »Und was soll ich jetzt machen?«
    Lennon überlegte zuerst, ihn in sein Büro zurückzuschicken, hier draußen war er ohnehin keine große Hilfe. Aber er brachte es  nicht übers Herz. Also sagte er: »Bleiben Sie doch bitte bei Constable Smiths Wagen. Sorgen Sie dafür, dass niemand sich daran zu schaffen macht, bevor alles abgesperrt ist.«
    Watts schaute die dunkle Straße auf und ab. Obwohl keine Menschenseele zu sehen war, ganz zu schweigen von jemandem, der sich am Wagen zu schaffen machte, sagte er: »Ach ja, gute

Weitere Kostenlose Bücher