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Racheengel

Racheengel

Titel: Racheengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stuart Neville
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Idee.«
    »Danke«, sagte Lennon, erleichtert, dass Watts ihm seine Herablassung nicht übel genommen hatte. Für einen Hafenpolizisten gab es hier nichts Sinnvolles zu tun, aber ihn wegzuschickenwäre eine noch größere Beleidigung gewesen, als ihm irgendeine blödsinnige Aufgabe zuzuweisen.
    Lennon und Connolly kehrten ans Wasser zurück. Ihre Schritte knirschten auf dem Eis.
    »Ganz schön kalt«, sagte Connolly, um das Schweigen zu brechen.
    »Stimmt«, sagte Lennon.
    »Wie geht es Ihrem kleinen Mädchen?«
    »Gut.«
    »Schön. Freut sie sich schon auf den Weihnachtsmann?«
    »Ja.«
    Die zäh dahintröpfelnde Unterhaltung half ihnen bis ans Ufer und zu der in Plastik gewickelten Leiche. An den Stellen, wo das Bündel über die Steine gezerrt worden war, war die Folie gerissen, und eine weitere Stelle hatte man aufgerissen, um das Gesicht und den Oberkörper freizulegen.
    »Haben Sie das gemacht?«
    »Ja«, bestätigte Connolly. »Nur um sicherzustellen, dass es keine Lebenszeichen mehr gab.«
    »In Ordnung. Aber sehen Sie zu, dass der Tatort nicht noch mehr verändert wird. Der Arzt müsste bald da sein. Außer ihm rührt keiner den Mann an, verstanden?«
    »Alles klar«, sagte Connolly.
    »Lampe«, verlangte Lennon und streckte eine Hand aus.
    Connolly zog eine Taschenlampe aus dem Gürtel und reichte sie ihm. Lennon richtete den Lichtstrahl auf den Boden, um sich einen Weg zu bahnen, ohne auf irgendwelche Beweise zu treten. Ein paar Schritte weiter erfasste der Kegel ein Stück Elektrokabel und irgendeinen Bausch, der aussah wie der Fetzen von einem Laken.
    »Was ist damit?«
    »Sind nicht angerührt worden«, erklärte Connolly. »Könnteeinfach Müll sein, davon liegt hier eine Menge herum. Glaube ich aber nicht.«
    »Ich auch nicht.«
    Lennon hockte sich neben die Leiche. Das Gesicht war rundlich und grobschlächtig, das Haar kurzgeschoren, der Mund stand offen. Auf den Lippen bildete sich schon Frost. Durch einen tiefen Schnitt unter dem Kinn hatte sich ein Fleck gebildet, der aussah wie ein dunkelrotes Lätzchen.
    »Sieht nicht aus wie von einem Messer«, sagte Lennon.
    »Nein?«
    »Nicht glatt genug.« Lennon hielt die Lampe ganz nahe heran, und der Strahl erfasste die Ränder der Wunde. »Sehen Sie, es ist eher eingerissen als durchgeschnitten. Die stammt von etwas Schartigerem.«
    Insgeheim hoffte Lennon, dass der Fall nicht Thompsons MIT zugeteilt werden würde. Der Chef oder sein Stellvertreter würde bei der Leichenschau zugegen sein müssen. Und wie er Thompson kannte, würde der Lennon die Aufgabe übertragen, dabeizustehen, während sie den armen Kerl da aufschnitten.
    »Da drüben sind Reifenspuren«, sagte Connolly.
    Lennon ließ den Lichtkegel über Erde und Geröll streichen. Wegen des gefrorenen Untergrunds waren sie nur schwach, aber trotzdem zu erkennen. Hier hatte heute Nacht ein Wagen gestanden.
    Er suchte das Stück zwischen den Spuren und der Leiche nach Fußspuren ab, doch alles, was er entdecken konnte, waren ganz schwache Abdrücke, nichts Verwertbares.
    »Beeindrucken Sie mich doch mal mit einer logischen Schlussfolgerung«, sagte Lennon.
    Connolly scharrte mit den Füßen. »Na ja, ich könnte mir vorstellen, irgendwelche Typen sind hier hergekommen, um die Leiche loszuwerden. Der Hafenpolizist hat sie gestört. Bevor sieden Toten ins Wasser werfen konnten, ist er zusammengeschlagen worden, und die anderen sind abgehauen.«
    »Ich glaube, das ist eine ziemlich plausible Vermutung«, sagte Lennon.
    »Da wäre noch was«, sagte Connolly.
    Lennon stand auf. »Und was?«
    »Ich glaube, ich kenne sein Gesicht«, sagte Connolly.

7
    Arturas Strazdas klappte auf dem Schreibtisch der Hotelsuite seinen Laptop auf und schaltete ihn ein. Er setzte sich auf das luxuriöse, lederbezogene Sofa, das eine Seite des Zimmers einnahm. Ein paar Augenblicke später war er im hoteleigenen WLAN-Netz und rief die Webseite von European People Management auf, einer Arbeitsagentur, die gemeinschaftlich ihm, seinem Bruder und seiner Mutter gehörte. Ein halbes Dutzend solcher Agenturen operierte auf den Britischen Inseln und in der restlichen EU, und alle gehörten in irgendeiner Form seinen engsten Familienangehörigen.
    Aber nur er allein kannte die inneren Mechanismen.
    Mit einem Benutzernamen und Passwort, die er alle sieben Tage änderte, loggte er sich in den verschlüsselten Admin-Bereich der Webseite ein und folgte den Links, bis er eine Liste von Migranten gefunden hatte, die als in Nordirland

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