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Radegunde von Thueringen

Radegunde von Thueringen

Titel: Radegunde von Thueringen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Knodel
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legen.
    Radegunde verfolgte die einzelnen Fälle mit Spannung und war immer wieder erstaunt, wie rasch und sicher ihr Onkel seine Urteile fällte. Die Leute genossen das Schauspiel ebenfalls und begrüßten jede Entscheidung mit Applaus.
    Als alle Kläger zu Wort gekommen waren, zerstreuten sich die Leute auf dem Markt, der mit zahlreichen Buden und Ständen am Fuße des Thinghügels lockte. Der König und sein Gefolge saßen auf und ritten weiter.
    „Wohin geht es jetzt?“, fragte Radegunde mit erwartungsvoller Stimme.
    Amalafrid drängte seinen Hengst dicht an ihre Seite und raunte: „Ins Lieblingsdorf meines Vaters, zu den Kammmachern!“ Ein ironisches Lächeln umspielte seine Lippen.
    „Zu den Kammmachern?“ Sie war fast enttäuscht. Der Tag hatte so spannend begonnen! „Aber wieso …?“
    „Schscht!“, zischte Amalafrid und grinste spitzbübisch. „Dieses Dorf birgt ein Geheimnis! Warte es ab!“
    Sie passierten ein leicht hügeliges Gebiet voller Wiesen und Weiden, zahlreiche Rinder- und Schafherden wurden von Hirten mit Hunden bewacht oder zur Tränke am Fluss geführt. Halbwüchsige Kinder trieben mit geschnitzten Ruten braune und weiße Ziegen vor sich her. „Dort hinten liegt Swaigastede“, erklärte Amalafrid und wies nach Norden. Sie sah in einer Senke eine große Ansammlung von strohgedeckten Häusern, von deren Dächern Rauch aufstieg. Es waren Hirtenhäuser, wie sie auch auf Bertachars Hof gebaut wurden: langgestreckte Häuser mit rund herausgebauten Giebeln und dicken Schilfdächern, deren größter Raum als Stall für die Tiere genutzt wurde, im kleineren Teil wohnte die Familie des Viehzüchters.
    Sie mussten die Unstrut überqueren. Ihr Fuchs mochte kein fließendes Wasser und wollte erst mit sanften Worten überredet werden, bevor er sich in den Fluss bemühte. Als sie als Letzte am gegenüberliegenden Ufer ankam, wartete Herminafrid auf sie.
    „Radegunde, was du im Dorf der Kammmacher sehen wirst, musst du für dich behalten! Niemand, der nicht eingeweiht ist, weiß davon! Also kein Wort zu deinen Dienern oder zu deinem Bruder!“ Er sah sie eindringlich an und wendete sein Pferd, ohne ihre Antwort abzuwarten. Ihre Neugier wurde unerträglich. Fast hätte sie dem Fuchs die Sporen gegeben, als hinter einem Birkenwäldchen endlich Rauchwolken zu sehen waren und das Dorf ankündigten. Schon von fern fiel ihr auf, dass die Befestigung um den Ort ungewöhnlich massiv war. Hatten andere Königsleutedörfer einfache Steinwälle, Flechtzäune oder Dornenhecken, so besaß dieses eine hohe Palisade aus starken Holzstämmen. Sogar zwei kleine Türme konnte Radegunde erkennen. „Was ist das? Ein Gefängnis?“, fragte sie Amalafrid.
    Er lachte. „Nein! Oder doch? Du wirst gleich sehen!“
    Der Reitertross wurde schon erwartet, bereitwillig öffnete sich das stabile Tor. Sie rechnete mit Bewaffneten am Zaun, doch es traten ihnen einfache, wie Handwerker gekleidete Menschen entgegen, die sie mit stummen Verbeugungen begrüßten.
    Sie kamen zunächst an kleineren, aber ordentlichen Hütten vorbei, deren einzige Lichtquelle die Tür war. Die dicken Strohdächer ruhten auf lehmverschmierten Flechtwänden. Davor hockten Männer, die aus dem Horn verschiedener Tiere Kämme schnitzten. Sie grüßten den König und beugten sich wieder über ihre Arbeit.
    Amalafrid saß ab und sah sich die Kämme eines weißhaarigen Mannes genauer an. Der Alte bedeutete ihm, zu warten, und lief in seine Hütte. Er kam mit einem Kamm zurück, den er Amalafrid mit einem zufriedenen Blick reichte. Amalafrid nickte und gab dem Alten eine Münze.
    „Schau“, sagte Amalafrid und öffnete seine Hand. Sie sah einen doppelreihigen Kamm aus hellem Horn, der im Griffbereich mit kleinen farbigen Steinen verziert war. „Den habe ich Rodelinde versprochen. Der alte Giso ist der beste Kammmacher von allen.“
    Im Zentrum des Dorfes veränderten sich die Hütten. Neben dem Wohnbereich gab es ein weit überstehendes Dach im Anbau, das eine Feuerstätte überspannte.
    „Das sind Hufschmieden!“, dachte sie, doch waren alle Werkzeuge, selbst der Amboss, kleiner und zierlicher. Auch fehlte der typische Geruch nach verbranntem Horn. Dafür erklang ein beständiges Hämmern und Klopfen auf eine feine Weise, wie sie nur – natürlich! – bei Goldschmieden möglich war.
    „Das Dorf der Goldschmiede!“, flüsterte sie ehrfürchtig.
    „Ja, es ist als Kammmacherdorf getarnt, um Überfälle zu verhindern.“
    „Aber ahnt nicht jeder,

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