Rächer des Herzens (German Edition)
Vergangenheit fielen von ihr ab.
„Eine Dame“, sagte er nachdenklich, und sein Blick ruhte immer noch auf ihr. „Welchen Grund könnte eine Dame haben, hierher zu kommen?“
Einer der Spieler sah auf und machte eine so unflätige Bemerkung, dass Isabella zusammenzuckte. Sie hob die Hand, um der aufkommenden Entrüstung des Kerkermeisters Einhalt zu gebieten.
„Danke“, sagte sie kurz. „Ich regele das. Bitte führen Sie … Mr. Ellis … und mich in einen Raum, wo wir allein sprechen können.“
Ihre Bitte rief einige Bestürzung hervor. Offenbar hatte der Kerkermeister nicht vermutet, dass sie um ein vertrauliches Gespräch bitten würde. Es gab kaum Möglichkeiten, einem solchen Wunsch zu entsprechen.
Marcus Stockhaven stand auf. „Sie wünschen, unter vier Augen mit mir zu sprechen, Madam?“
„Ja“, antwortete Isabella mit fester Stimme.
Stockhavens Stimme war glatt und kalt, sein Ton spöttisch. „Es ist Ihnen sicher bewusst, Madam, an welchem Ort wir uns befinden? Und dass hier der Preis für ein vertrauliches Gespräch den Wert von Rubinen übersteigt?“
„Dann ist es ein Glück, dass ich meine Smaragde mitgebracht habe“, antwortete sie gelassen. „Denn deren Wert ist noch höher als der von Rubinen.“
Sie langte in ihr Retikül und nahm das Smaragdarmband heraus, das Ernest ihr geschenkt hatte, als ihre Tochter geboren wurde. Dabei hatte er gesagt, dass es im Falle der Geburt eines Sohnes ein Diamantarmband gewesen wäre. Die Smaragde waren nur zweite Wahl – wie ihre Ehe. Isabella hatte den Erwartungen von Ernest nie ganz entsprochen. Aber wenigstens erwies sich das Geschenk endlich als nützlich.
In dem trüben Licht der Zelle ging ein strahlender Glanz von den Edelsteinen aus. Die Spieler hielten inne. Einer von ihnen stieß einen Fluch aus, der Habgier und fast ehrfürchtige Scheu ausdrückte.
„Ich möchte ungestört mit Mr. Ellis reden“, wiederholte Isabella, zu dem Kerkermeister gewandt. Und ihr Ton duldete keinen Widerspruch. „Sofort.“
„Sofort, Ma’am“, wiederholte der Kerkermeister dienstbeflissen.
Recht bald fand sich eine leere Zelle. Bis auf eine schimmelige Matratze, einen harten Stuhl, einen Tisch und ein Nachtgeschirr enthielt der Raum nichts. Er war auch sehr kalt. Der Kerkermeister nahm begierig das Armband aus Isabellas ausgestreckter Hand und ließ es schneller in seiner Tasche verschwinden als eine Schlange eine Maus verschlingt. Marcus Stockhaven klemmte sein Buch unter den Arm und folgte Isabella gemächlich von der einen Zelle in die nächste, als ob er einen Spaziergang durch einen Park machte. Isabella bewunderte seine Gelassenheit, denn sie zitterte vor Anspannung am ganzen Körper.
Die Tür schloss sich mit einem Kreischen, dem ein langes Schweigen folgte. Wortlos setzte sich Marcus Stockhaven auf den einzigen Stuhl. Den Kopf ein wenig zur Seite geneigt, bedachte er sie mit einem leicht amüsierten Blick aus seinen dunklen Augen. Isabella empfand sowohl seine bewusste Unhöflichkeit als auch seinen Gesichtsausdruck als zutiefst beunruhigend. Aber schließlich hatte er sie schon immer mit einem bloßen Blick aus der Fassung bringen können.
„Nun?“
Bei diesem herrischen Ton zuckte Isabella zusammen. Schon hatte sie das Gefühl, dass nicht sie das Gespräch beherrschte, sondern Marcus. Doch sie musste trotzdem versuchen, die Situation unter Kontrolle zu bekommen und die Initiative wiederzugewinnen.
„Ich …“ Ungeachtet ihrer Entschlossenheit blieben ihr die Worte im Hals stecken. Aber sie durfte jetzt keine Bedenken aufkommen lassen. Unmittelbar nachdem sie mit Churchward gesprochen hatte, war sie zu einer der Rechtsschulen gegangen, um sich eine Sondergenehmigung zu besorgen. Von dort hatte sie das Fleet-Gefängnis aufgesucht, um einen Ehemann zu erwerben. Verzweiflung hatte sie angetrieben und verhindert, dass sie ihre Handlungen allzu sehr hinterfragte. Wann auch immer Zweifel in ihr hochgekommen waren, hatte sie sich auf die düstere Aussicht konzentriert, das Gefängnis zu besuchen. Dadurch war alles andere in den Hintergrund getreten. Aber jetzt, unter dem erbarmungslosen, dunklen Blick von Marcus Stockhaven fand sie nicht die richtigen Worte.
Stockhaven zog spöttisch eine dunkle Augenbraue hoch. „Ich habe alle Zeit der Welt“, sagte er gelassen, „aber ich würde es vorziehen, wenn Sie so schnell wie möglich zur Sache kämen, Madam. Es ist eine Überraschung, Sie nach so langer Zeit wiederzusehen, und ich muss sagen,
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