Berge versetzen - das Credo eines Grenzgängers
»Askese in der Konzentration auf das Wesentliche ist ein Erfolgsgeheimnis, das die Besten unter den Managern mit Reinhold Messner teilen.«
Brainstorming in 5000 Meter Höhe
D er Berg hat als Mythos ganze Völker und viele Generationen bewegt, er hat auch über das Bergsteigen beträchtliche Relevanz für das Management. Semantische Parallelen springen ins Auge: Der Karrieregipfel, die Seilschaft als Ausdruck eines effizienten Führungsteams, die Sherpas als unentbehrliche Helfer in der Vorbereitung groÃer organisatorischer Unterfangen, die eisernen Rationen als Elemente des »Lean Management« und Ãhnliches mehr sind aus dem Sprachgebrauch nicht mehr wegzudenken. Sie sind aber eher Nebensache.
Bedeutender scheinen die von Reinhold Messner aufgezeigten Lektionen, die Erfahrungen des Extrembergsteigens auf das Management übertragbar machen. Da sind die grandiosen Visionen vom Alleingang auf den Mount Everest ohne Sauerstoffmaske, von einer Antarktis-Durchquerung mit natürlichen Hilfsmitteln, von einer Besteigung aller 14 Achttausender und der Längsdurchquerung der Wüste Takla Makan â man kann sich gut vorstellen, wie ebensolche Visionen für neue Autos, Flugzeuge, Kommunikationssysteme, Gebäude und Brückenbauten reiche Anregung bieten können.
Und da ist Reinhold Messners Erfindung einer effizienten Logistik, die es ihm erlaubte, mit einem Bruchteil an Unterstützung durch Sherpas auszukommen, weil keine Sauerstoffflaschen, keine Verpflegung, keine Unterkunftszelte für die Hilfstruppen mitgeschleppt werden mussten. Gedankenverbindungen zu bahnbrechenden Managementkonzepten, wie seinerzeit die Just-in-time-Logistik der Japaner oder die kontra-intuitive Betonverarbeitung beim rollenden Transport, stellen sich dabei unwillkürlich ein.
Man erlebt Messners Abbrüche von Expeditionen (im Gegensatz zu der landläufigen Meinung ist er ein sehr vorsichtiger Mensch), und man weiÃ, dass nur diese Abbrüche ihn in die Lage versetzt haben, andere, anspruchsvollere Projekte zu einem späteren Zeitpunkt zu bewältigen. Fast jedem Unternehmer werden dabei eigene Entwicklungsprojekte einfallen: So manches, was sich in aussichtslosen Zeit-, Kosten- und Qualitätsansprüchen verrannt hat, wäre besser abgebrochen worden, um Zeit und Ressourcen anders einsetzen zu können.
Man sieht Reinhold Messners bewusst phasenweises Vorgehen vom Kletterer im Alleingang über den Himalaja-Besteiger, den Expeditionsleiter, den Wüstendurchquerer und so weiter. Ganz im Sinne Daniel Levinsons sind diese »Seasons of a Manâs Life« bei ihm dazu angetan, ihn auf neue, höhere Stufen zu führen und andere Lebensphasen erst möglich zu machen. Diese Askese in der Konzentration auf das Wesentliche, diese äuÃerst konzentrierte Entwicklung einzelner Stufen sind ein Erfolgsgeheimnis, das die Besten unter den Managern mit ihm teilen.
Messner ist »bei seinem Leisten« geblieben, hat diesen im Verlauf der Jahre perfektioniert und sich dabei laufend weiterentwickelt. Auf der anderen Seite hat der Messner des Jahres 1993 mit dem des Jahres 1970 zwar vieles gemeinsam â die Entschlossenheit, die Unabhängigkeit im Verfolgen von Zielen â, aber er ist heute ein anderer, ein weiser Zeitgenosse. Wo ihn früher noch die bergsteigerische Einzelleistung begeisterte, ist es heute das eher philosophische Nachdenken über das Bergsteigen; wo ihn früher das herausragende Abenteuer-Erlebnis antrieb, ist es heute die Sorge um das ökologische Gleichgewicht.
Die Lektionen Reinhold Messners sind in Gesprächen bei einer gemeinsamen Südamerika-Tour und dem unvermeidlichen Warten auf das geeignete Wetter zur Chimborasso-Besteigung entstanden und in weiteren Gesprächen ergänzt und vertieft worden. Mich hat dabei immer wieder beeindruckt, wie leicht er den Zugang zu den Problemen des Managements gefunden hat und neue Einsichten und persönliche Erfahrungen zu Gedanken für das nun vorliegende Buch verdichtete. Ich bin sicher, er hat hier wertvolle Anregungen für jeden Manager, aber auch viel nachdenklich Anregendes für allgemein interessierte Leser zusammengetragen.
Herbert A. Henzler
»Erfahrungen des Extrembergsteigens auf das Management übertragbar machen.«
Eine brauchbare Lebensform für eine lebenswerte Welt
D ie Anregung für dieses Buch verdanke ich zahlreichen Führungskräften aus der Wirtschaft,
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