Rächer des Herzens (German Edition)
gleichmütig. „Ich versuche immer, die Wahrheit zu sagen.“
Marcus sah sie wütend an. „Ich wünsche, dass Sie das unverzüglich zurücknehmen, und zwar schon in der morgigen Ausgabe.“
„Wenn Sie es wünschen, Mylord.“
Dabei wagte sie einen raschen Blick auf sein Gesicht. Er sah wütend aus, verwirrt und ratlos. Wie befriedigend das war!
„Sie werden es tun?“, fragte er ungläubig.
„Ja, das sagte ich eben“, erwiderte sie ruhig.
Es trat ein Augenblick der Stille ein, und dann richtete Marcus sich auf. „Gut. Ich wünsche auch zu wissen, wann Sie nach Stockhaven House umziehen werden.“
Isabella schnitt den Faden sorgfältig mit einer kleinen silbernen Stickschere ab. „Ich werde nach Stockhaven House ziehen, wenn es für mich bereit ist, Mylord.“
Marcus sah sie verdutzt an. „Bereit? Inwiefern bereit?“
Isabella hob die Augenbrauen. „Nun, das Haus sollte von oben bis unten sauber sein. Alle Schornsteine müssen gefegt sein. Und Sie brauchen neue Bedienstete.“
Marcus machte eine wegwerfende Geste. „Sie haben schon genug Dienstboten, Madam.“
„Möglicherweise möchten die aber nicht für Sie arbeiten“, antwortete Isabella mit ihrem süßesten Lächeln. „Und natürlich müssen alle notwendigen Vorräte da sein.“
„Unsinn!“
„Und schließlich auch eine Kutsche für mich.“
„Eine Kutsche!“
Sie blickte ihn an. „Natürlich, Mylord. Was werden die Leute sagen, wenn sie sehen, dass Ihre Gattin mit der Mietdroschke reist?“
Marcus öffnete den Mund kurz.
„Sie haben eine Liste über alle meine gesellschaftlichen Verpflichtungen gewünscht, Mylord“, fuhr sie fort. Sie läutete nach dem Butler. „Belton, geben Sie Lord Stockhaven bitte die Liste auf dem Schreibtisch.“
Marcus blickte auf das Blatt Papier, das Belton ihm überreicht hatte. Dann drehte er es um. Er runzelte die Stirn.
„Das Blatt ist leer.“
Isabella lächelte. „Leider habe ich keine Termine, aber wenn ich das Glück habe, von jemandem eingeladen zu werden, Mylord, dann werde ich Sie gewiss konsultieren.“
Er sah sie nun mit offenkundig ungläubigem Blick an. „Das ist lächerlich.“
„Ich kann Ihnen nur zustimmen, Mylord“, erwiderte sie. „Es war jedoch Ihr Wunsch, dass wir so verfahren sollten.“
„Was ich meinte, ist, dass es lächerlich ist, mir mitzuteilen, wenn Sie keine gesellschaftlichen Verpflichtungen haben, Madam. Erwarten Sie, dass ich das glaube? Sie müssen mich für einfältig halten.“
Eine vielsagende Stille trat ein, während Isabella ihn leicht erstaunt ansah. „ Einfältig ist nicht gerade der Ausdruck, den ich gebrauchen würde“, sagte sie dann.
Eine tiefe Falte erschien auf Marcus’ Stirn. „Dann sagen Sie mir …“
„Was?“
Er ließ sich zermürbt in einen Sessel fallen. „Dann sagen Sie mir, was Sie heute zu tun gedenken.“
Isabella seufzte. „Nun, wenn Sie gegangen sind, gehe ich vielleicht mit Penelope zur Bond Street.“ Da sie das Missfallen in seinem Blick bemerkte, fügte sie mit einschmeichelnder Stimme hinzu: „Natürlich werde ich nichts kaufen, denn dann müsste ich Sie um Geld bitten. Aber wir können uns die Schaufenster ansehen. Das ist jedoch keine gesellschaftliche Verpflichtung, da Pen durchaus für den Rest des Tages in Plato vertieft sein kann. In der Hinsicht ist sie ganz unberechenbar.“
„Und heute Abend?“, bohrte er weiter. „Theater? Ein Dinner?“
Isabella schüttelte den Kopf. „Ein ruhiger Abend zu Hause.“
„Gäste? Besucher?“
„Lieber nicht“, erwiderte sie ruhig. „Ein gutes Buch ist alles, was ich brauche.“
„Meine Güte, Madam!“, rief er aus. „Sie führen das Leben einer Nonne!“
„Ich hatte ja versucht, Ihnen das zu sagen“, stimmte sie zu. „Leider haben Sie mir nicht geglaubt.“ Sie hielt inne. Dann fuhr sie fort: „Sie können mein Gast sein, wenn Sie es wünschen, aber ich kann nicht versprechen, dass es sehr aufregend sein wird.“
„Heute Abend habe ich eine Verabredung“, sagte er.
Isabella durchfuhr es kalt. Natürlich hatte er. Nur weil sie unschuldig zu Hause saß, gab es keinen Grund anzunehmen, dass er das auch tun würde.
Die Befriedigung über die Zeitungsanzeige verflüchtigte sich plötzlich. Sie standen beide so sehr im Bann ihrer gegenseitigen Feindseligkeiten und ihrer gleichfalls gegenseitigen Anziehung, dass Isabella überhaupt nicht darüber nachgedacht hatte, wo Marcus seine Abende verbrachte. Sie war viel zu erfahren, um anzunehmen, dass er,
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