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Räuberbier

Räuberbier

Titel: Räuberbier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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gewundenen Gang entlang, bog irgendwann nach links ab und nahm schließlich eine weitere Treppe nach unten. Hier sah es deutlich ungemütlicher aus. Alle zehn Meter hingen an der Decke schwache Funzeln, die die schmutzigen Gänge ausleuchteten. Überall verliefen kreuz und quer verrostete Rohre sowie Stromleitungen, die ich in der Art noch nie gesehen hatte. Ich kam mir vor wie in geheimer Mission.
    »Bitte nichts anfassen«, befahl Ferdi. »Niemand weiß, ob irgendwo noch Strom fließt oder nicht. Wir sind hier in der Anlage, die bis Anfang der 60er-Jahre in Betrieb war. Dann hat man einfach die neue Anlage oben drüber gebaut, ohne sich um das hier unten zu kümmern.« Er öffnete an einer Wand eine kleine Klappe. »Da drin stehen die Original-Gärtanks von früher. Natürlich um einige Dimensionen kleiner als heute.«
    »Machst du hier unten spezielle Führungen? Ich könnte mir denken, dass es dafür eine Klientel gibt.«
    »Geht nicht«, winkte Ferdi ab. »Das ist viel zu gefährlich. Aber wir sind noch nicht am Ziel.«
    Wieder ging es endlos erscheinende Gänge in alle möglichen Richtungen entlang. Mein Orientierungssinn hatte sich bereits verabschiedet. Schließlich ging Ferdi eine hölzerne Wendeltreppe zwei Stockwerke nach unten. Aus seiner Jackentasche zog er zwei Taschenlampen.
    »Jetzt sind wir im vierten Untergeschoss. Hier wurde Anfang des 20. Jahrhunderts Bier gebraut.«
    Die Gänge waren enger und die Wände aus gemauerten Backsteinen. Es gab weniger Leitungen, die aber um ein Vielfaches vergammelter erschienen. Hier und da huschte ein kleines Lebewesen durch den Lichtkegel.
    Ferdi zeigte nach vorne. »Auf den nächsten 20 Metern hat der Gang eine kleine Senkung. Es ist wie eine kleine Mutprobe.«
    Ich hatte nicht die geringste Ahnung, was er damit meinte. Der Weg ging vier oder fünf Steinstufen nach unten und weiter hinten wieder nach oben. Mein Freund ließ mir lächelnd den Vortritt. »Geh nur recht zügig hindurch. Keine Angst, ich bleibe hinter dir.«
    Schulterzuckend stieg ich die Stufen nach unten. Ich vermutete, dass mir gleich eine kleine Rattenherde entgegenkommen würde. Doch weit gefehlt. Irgendetwas passierte mit mir. In meinem Kopf drehte sich alles, mir wurde schwindlig. Von hinten stieß mich mein Freund voran. Was war das? Und warum konnte ich plötzlich keine klaren Gedanken mehr fassen? Es schien Ewigkeiten zu dauern, bis wir die Treppenstufen auf der anderen Seite erreicht hatten. Nach wenigen Sekunden war der Spuk vorbei.
    »Hast du etwas bemerkt?«
    »Was war das?«, fragte ich Ferdi.
    »So wirkt Kohlenstoffdioxid, wenn man es in einer Überdosis genießt. Da sich das Gas zuerst am Boden absetzt, bekommt man auf diesem Wegstück besonders viel ab. Aber du musst keine Angst haben, an Kohlenstoffdioxid kann man sich nicht vergiften. – Nur ersticken«, fügte er in einem sarkastischen Unterton hinzu.
    »Und warum ist das Kohlenstoffdioxid hier unten?«
    »Weißt du, aus was Kohlensäure besteht?«
    Ich zuckte mit meinen Schultern.
    »Kohlensäure entsteht, wenn Kohlenstoffdioxid mit Wasser reagiert. Beim Bierbrauen ein ganz normaler Vorgang.«
    »Das beantwortet aber nicht meine Frage.«
    »Das sammelt sich in allen tiefen Kellern ohne Belüftung. Selbst im Bergbau ist das manchmal ein Problem. Das Gefährliche daran ist, dass man es weder schmeckt noch riecht. Du schläfst einfach irgendwann ein. Für immer, meine ich. Hier unten sind früher öfters Leute an Kohlenstoffdioxid erstickt. Damals gab es keine effizienten Unfallverhütungsvorschriften.«
    Ferdinand bog nach links in einen Raum, in dem ein paar Holzfässer standen. »In diesen Fässern wurde zwischen dem Ersten und dem Zweiten Weltkrieg Bier gebraut. Hier endet auch unsere Führung, tiefer gehe ich freiwillig nicht.«
    »Heißt das, dass unter uns weitere Keller sind?«
    »Zwei weitere Untergeschosse sind verbürgt und in Katasterplänen mehr oder weniger vollständig erfasst. Als wir vor ein paar Jahren mal einen Mitarbeiter suchten, hat die Feuerwehr die Keller mit Atemschutz durchkämmt. Dabei hat man bisher unbekannte Gänge entdeckt. Die wurden dann durch eine Spezialfirma zugemauert.«
    »Warum denn das?«
    »Da muss ich etwas ausholen. In diesem Areal befanden sich vor etwa 100 Jahren mehrere Brauereien. Diese Brauereien waren unterirdisch durch zahlreiche Gänge verbunden. Dort trafen sich unter Ausschluss der Öffentlichkeit die Brauereibosse zum gemütlichen Besäufnis. Es sind mehrere Gänge verbürgt,

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